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Kündigung von Bausparverträgen – Was Anleger jetzt tun können

Veröffentlicht von Andreas Frank am 05. Juli 2015

Viele Anleger von Bausparverträgen sind in jüngster Zeit zunehmend beunruhigt. Der Grund: Immer mehr Bausparkassen gehen laut Medienangaben dazu über, hoch verzinste Bausparverträge zu kündigen. Von der Kündigung betroffen sind dabei solche Altverträge, die bereits seit mindestens 10 Jahren zuteilungsreif sind.

Bausparverträge attraktive Geldanlage

Lange Zeit galten Bausparverträge in Deutschland  als attraktive und populäre Form der Geldanlage. Schätzungen der Verbraucherzentralen zufolge gab es im Jahr 2014 ca. 30 Millionen Bausparverträge. Dies entspricht umgerechnet in etwa ¾ aller deutschen Haushalte. Gerade mit Verträgen, die vor 20 Jahren oder früher abgeschlossen wurden, ließen sich für die Anleger Renditen bis zu 3 % erzielen.

Merkmale eines Bausparvertrages

Bei einem Bausparvertrag handelt es sich um einen langfristigen Sparvertrag zwischen Anleger (Bausparer) und Bausparkasse. Der Bausparvertrag beläuft sich immer auf eine festgelegte Bausparsumme. Bausparen unterscheidet sich von einem regulären Immobiliendarlehen dadurch, dass es sich in mehrere Phasen unterteilt.
Das Bausparen ist in drei Phasen gegliedert:

  •  Ansparphase

Nachdem die Bausparsumme vereinbart wurde, wird regelmäßig Geld auf das Bausparkonto eingezahlt, meist monatlich. Es wird ein Mindestsparbetrag und Regelsparbetrag festgelegt, der bestimmt, wann der Bausparvertrag zuteilungsreif ist.

  •  Zuteilungsphase

Ist diese Geldsumme (= Mindestsparbetrag, liegt in der Regel bei 40 oder 50% der Bausparsumme)  erreicht, ist der Bausparvertrag zuteilungsreif.

  • Darlehensphase

Ab diesem Zeitpunkt kann über die komplette Bausparsumme (Bauspardarlehen von entsprechend 60 bzw. 50 Prozent) als Darlehen verfügt werden. Zu welchem Zinssatz man dieses Bauspardarlehen in Anspruch nehmen kann, wird bereits bei Abschluss des Bausparvertrags festgelegt (meistens relativ günstiger Darlehenszinssatz).

Die Besonderheit: Die Tilgung ist flexibler als bei anderen Darlehen, da man die Rate beliebig anpassen ka          

Kündigung voll besparter Bausparverträge durch Bausparkassen

Die seit dem Jahr 2007 am häufigsten vorkommende Form ist laut einem Bericht des Onlineportal t-online.de die Kündigung von voll besparten Bausparverträgen. Dabei werden solche Bausparverträge gekündigt, bei denen die Ansparsumme und somit der eigentliche Zwecks des Vertrages – die Erlangung eines Bauspardarlehens – erreicht ist. Nimmt beispielsweise ein Anleger nach Ablauf der Ansparphase kein Immobiliendarlehen auf, sondern setzt die Weitersparung fort, entfällt das Recht auf Inanspruchnahme des Darlehens, wenn die vereinbarte Bausparsumme erzielt worden ist. In diesem Falle – so die überwiegende Gerichtsauffassung – ist die Kündigung des Bausparvertrages rechtens. Die Kündigungsfrist beträgt laut § 15 II a ABB (Allgemeine Musterbausparbedingungen) in diesem Falle drei Monate.

Kündigung nicht voll besparter Bausparverträge durch Bausparkassen

Weitaus umstrittener und rechtlich noch nicht abschließend geklärt ist laut dem t-online.de Bericht dagegen die Frage, ob und inwieweit die Kündigung eines noch nicht voll angesparten und somit auch noch nicht zuteilungsreifen Bausparvertrages zu behandeln ist.

Verbraucherschützer halten Kündigung für unwirksam

Verbraucherschützern zufolge wäre eine Kündigung in diesem Falle als nicht wirksam zu erachten da – anders als bei der Kündigung eines bereits zuteilungsreifen Altvertrages – der Zweck des Bausparvertrages immer noch erreicht werden könne.

Bausparkassen berufen sich auf gesetzliches Kündigungsrecht

Die Bausparkassen setzen dem ihr gesetzliches Kündigungsfrist für den Fall dass nach Eintritt der Zuteilungsreife bereits 10 Jahre vergangen seien entgegen. Dabei berufen sie sich auf die Vorschrift des € 489 I Nr. 2 BGB, wonach der Darlehensnehmer (in diesem Falle die Bausparkasse) berechtigt ist, das – in Form der Sparraten durch den Bausparer gezahlte – Darlehen zu kündigen, sobald 10 Jahre nach Ablauf des Empfangs verstrichen seien. Dabei – so die weitere Argumentation der Bausparkassen – beginne die Frist mit Eintritt der ersten Zuteilungsreife.

Entscheidungen zugunsten der Verbraucher

Es gibt mittlerweile zwei interessante und wichtige Urteile zugunsten der Verbraucher. Das Amtsgericht Ludwigsburg hat entschieden, dass die ausgesprochene Kündigung der Wüstenrot Bausparkasse den Bausparvertrag nicht beenden konnte (Urteil vom 7. August 2015, Az. 10 C 1154/15). Der Bausparkasse stehe kein Kündigungsrecht zu. Das Gericht begründet seine Auffassung sehr überzeugend und setzt sich auch mit den bisher ergangenen Urteilen anderer Gerichte kritisch auseinander. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Landgericht Stuttgart wird sich in der Berufung damit auseinandersetzen (Az. 4 S 249/15). Der Verbraucher hatte sich von der Kanzlei Ares in Frankfurt am Main gerichtlich vertreten lassen.

Auch das Landgericht Karlsruhe hat zugunsten des Bausparers entschieden und die Kündigung der Badenia Bausparkasse für unwirksam erklärt (Urteil vom 9. Oktober 2015, Az. 7 O 126/15). Dieses Verfahren führte die Kanzlei Hünlein in Frankfurt. Es besteht Hoffnung für Bausparer, dass weitere Gerichte die Kündigungen der Alt-Verträge für unwirksam erklären.

Was können betroffene Bausparer jetzt tun?

Vor dem Hintergrund der divergierenden und seitens der Gerichte noch nicht abschließend geklärten Rechtsfrage wie die Kündigung eines nicht voll angesparten Bauspardarlehens zu behandeln ist sollten Bausparer im Falle einer ergangenen Kündigung unbedingt einen auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Fachanwalt konsultieren.
Über unser Kontaktformular haben betroffene Bausparer die Möglichkeit mit uns in Verbindung zu treten und sich umfassend über die in deren Fall bestehenden Optionen informieren zu lassen.

Andreas Frank

Autor

Andreas Frank, Rechtsanwalt
Anwaltskanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann