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Hannover Leasing 193: Oberlandesgericht Stuttgart beabsichtigt, Berufung der Commerzbank zurückzuweisen

Veröffentlicht am 07. März 2018

In einem von der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann erstrittenen Urteil vom 18.05.2017 hatte die 6. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart die Commerzbank AG zum Schadensersatz und zur vollständigen Rückabwicklung der Beteiligung am Hannover Leasing 193 aufgrund eines fehlerhaften Emissionsprospektes verurteilt. Unseren Artikel zum Urteil des Landgerichts finden sie hier. Mit Hinweisbeschluss vom 20.12.2017 hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Stuttgart nun darauf hingewiesen, dass die Berufung der Commerzbank AG nach einstimmiger Auffassung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. 

Prospektfehler im Emissionsprospekt des Fonds Hannover Leasing 193

Das Urteil des Stuttgarter Landgerichtes stützt sich auf fehlerhafte und widersprüchliche Angaben zu Stellplätzen des Fondsobjektes. Vermietet waren ausweislich der Prospektangaben 760 Tiefgaragenstellplätze und 58 Außenstellplätze. Davon waren jedoch nur 566 Innenstellplätze genehmigt, was im Prospekt nicht offengelegt war. Vielmehr wies der Prospekt darauf hin, dass sämtliche zur Erreichung der Anlageziele und Anlagepolitik erforderlichen Genehmigungen vorlägen. Ein Anleger hätte darauf schließen können, dass keine Genehmigungen mehr erforderlich sind.

Das Landgericht würdigte in Folge zutreffend, dass die Angaben des Prospektes fehlerhaft und widersprüchlich sind. Das Gericht führte im Urteil zutreffend aus, dass zur Erreichung der Anlageziele und der Anlagepolitik die Umsetzung der geplanten Bauvorhaben und geschlossenen Mietverträge gehört, insbesondere auch, da mit der verkehrsgünstigen Lage des Fondsobjektes geworben wurde.

Da die Commerzbank diese Fehler und Widersprüche des Prospektes nicht gegenüber dem Anleger offenlegte, wurde sie verurteilt. Die Bank hätte nach zutreffender Ansicht des Landgerichtes die Angaben des Prospektes mit banküblichem kritischem Sachverstand prüfen müssen und über alle erkennbaren Risiken aufzuklären. Diese Pflicht sah das Landgericht als verletzt an.

Berufung der Commerzbank AG

Gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart ist die Commerzbank AG in die Berufung gegangen. Die Commerzbank ist weiterhin der Ansicht, dass keine Prospektfehler vorliegen bzw. die Fehler des Prospektes für die Bank nicht erkennbar waren. Zudem beruft sich die Commerzbank AG auf Verjährung, da über die Stellplatzproblematik angeblich bereits seit 2011 in Rechenschaftsberichten hingewiesen wurde.

Hinweisbeschluss des OLG Stuttgart: Berufung der Commerzbank AG hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg

Mit deutlichem Hinweisbeschluss vom 20.12.2017 hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Stuttgart darauf hingewiesen, dass die Berufung der Commerzbank AG nach einstimmiger Auffassung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Das OLG wies auf die zu Recht stattgegebene Klage des Anlegers beim Landgericht hin. Weiter sehe das OLG Stuttgart keine konkreten Anhaltspunkte in der Berufungsbegründung, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichtes begründen.

Das OLG beabsichtigt zudem, die Berufung ohne Durchführung einer erneuten Beweisaufnahme zurückzuweisen.

Richter verdeutlichen und stellen klar: Prospekt ist fehlerhaft und widersprüchlich

Im Hinweisbeschluss stellten die Richter klar, dass die Commerzbank nach Ansicht des Senates ihre Pflicht verletzte, die Kapitalanlage mit banküblichem kritischen Sachverstand zu prüfen.

Nach Ansicht des Gerichtes ist der Prospekt, den die Commerzbank ihrer Beratung zugrunde legte, fehlerhaft. Dies hätte die Bank erkennen können und müssen.

Das Gericht wirft der Commerzbank zutreffend vor, dass dieser die offensichtlichen Widersprüchlichkeiten im Prospekt nicht aufgefallen waren. Die Formulierung im Prospekt des Hannover Leasing 193 – „sämtliche, zur Erreichung der Anlageziele und Anlagepolitik erforderlichen behördlichen Genehmigungen, liegen vor.“ – ist nach Ansicht des 9. Senates im Zusammenhang mit anderen Aussagen im Prospekt evident widersprüchlich.

Zudem stellt das OLG auch klar, dass es sich hinsichtlich der Stellplatzproblematik auch keineswegs um eine Marginalie handelt. So unterstrich das OLG das erstinstanzliche Urteil, dass aufgrund der mehrfach betonten verkehrsgünstigen Lage, die Parkplätze für die Mieter von erheblicher Bedeutung waren.

Eine Verjährung der klägerischen Ansprüche oder die Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sah das OLG nicht.

Aussetzung des Verfahrens nach § 8 KapMuG

Das Verfahren wurde nun aufgrund eines laufenden Kapitalanleger-Musterverfahren (Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten) vor dem OLG München ausgesetzt.

Das OLG München hatte jedoch, wie andere Gerichte auch, bereits in mehreren Einzelverfahren die Fehlerhaftigkeit des Prospektes erkannt. Eine Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH gegen ein Urteil des OLG München wurde zurückgewiesen. Die Erfolgsaussichten der Anleger sind daher sehr gut.

Fazit des Hinweisbeschlusses

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart stärkt ein weiteres Mal die Interessen wirtschaftlich geschädigter Fonds-Anleger. Der Hinweisbeschluss verdeutlicht die Pflichten der beratenden Banken. Diese müssen mit eigenem kritischen Sachverstand die von ihr vermittelten Anlagen prüfen und auf Fehler hinweisen. Schließlich bestätigt das Oberlandesgericht die hohen Anforderungen einer Bank im Rahmen der weiten Prospekthaftung greifenden Kausalitätsvermutung, aufgrund derer die Bank beweisen muss, dass ein Anleger die Anlage auch dann erworben hätte, wenn er von den Fehlern gewusst hätte.

Was können betroffene Fondsanleger jetzt tun?

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