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Insolvenzverfahren gegen Göttinger Gruppe Holding und Securenta AG eröffnet
Veröffentlicht am 05. Juli 2007
Das Amtsgericht Göttingen hat nunmehr durch Beschluss vom 14.06.2007 (AZ.: 74 IN 222/07) für das Vermögen der Securenta AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 20.06.2007 hat das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg (AZ.: 36 g IN 2620/07) das Insolvenzverfahren über die Göttinger Gruppe Vermögens- und Finanzholding GmbH & Co. KG aA eröffnet.
Über 90.000 Anleger betroffen
Über zwei Jahrzehnte lang war die Göttinger Gruppe auf dem grauen Kapitalmarkt tätig. Das beliebteste Produkt war die „Securente“. Dabei investierten Anleger über eine Laufzeit von bis zu 40 Jahren in stille Unternehmensbeteiligungen. In dieser Form sind die Anleger als Mitunternehmer nicht nur am Gewinn und Verlust beteiligt sondern haften auch für Risiken des Unternehmens. Die Göttinger Gruppe nahm bei den etwa 90.000 Anlegern mehr als eine Milliarde Euro mit stillen Beteiligungen ein. Mit diesem Anlagemodell beschäftigt sich zwischenzeitlich auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig.
Aktuelle Situation
Ob ein endgültiges Insolvenzverfahren aber überhaupt eröffnet wird hängt nun davon ab ob die vorläufigen Insolvenzverwalter ausreichend Masse feststellen um bereits die Kosten des Verfahrens abzudecken. Die vorläufigen Insolvenzverwalter prüfen in den kommenden Wochen und Monaten die Unternehmensfinanzen und den Verbleib der angelegten Gelder. Falls noch Vermögen vorhanden ist eröffnen die Insolvenzverwalter ein förmliches Insolvenzverfahren. Hier empfiehlt es sich für Anleger zunächst die Gutachten der Insolvenzverwalter abzuwarten. Mit diesem Gutachten ist ca. im Herbst dieses Jahres zu rechnen.
Wird kein förmliches Insolvenzverfahren eröffnet wird also der Antrag das Insolvenzverfahren zu eröffnen mangels Masse abgewiesen hat dies zur Folge dass die Gläubiger weitgehend leer ausgehen.
Wird hingegen ein Insolvenzverfahren eröffnet gehen mit Beschluss der zuständigen Amtsgerichte die Verwaltungs- und Verfügungsrechte über das Vermögen der Göttinger Gruppe und der Securenta AG auf den Insolvenzverwalter über. Einzelne Zwangsvollstreckungen sind in der Insolvenz nicht mehr zulässig und werden aufgehoben da keiner der Gläubiger bevorzugten Zugriff auf das Vermögen des Schuldners haben soll. Weitere wichtige Punkte sind von den Anlegern zu beachten:
- Alle Forderungen der Anleger und sonstigen Gläubigern der Firmen müssen innerhalb einer vom Gericht noch zu setzenden Frist zur Insolvenztabelle angemeldet werden.
- Noch rechtshängige Klageverfahren werden gem. § 240 ZPO unterbrochen.
- Nach § 236 HGB haften Anleger ggf. als atypische stille Gesellschafter in Höhe der Zeichnungssumme abzüglich der gezahlten Beiträge. Die Anleger haben in ein hoch riskantes Modell investiert. Viele Anleger haben sich – ohne es selbst zu wissen – unternehmerisch beteiligt und müssen nun im schlimmsten Fall anteilig für die Schulden der Firmen gerade stehen. Dies kann bedeuten dass den Anlegern nicht nur der Totalverlust der bisher gezahlten Beiträge droht sondern dass die Anleger darüber hinaus noch bis zur Höhe der Zeichnungssumme zahlen müssen.
Den atypisch stillen Gesellschaftern der vorgenannten Firmen drohen somit verschiedene Risiken.
Es ist festzuhalten, dass die Anleger nur noch nach Anmeldung der Forderung die Insolvenz die festgestellte Quote des Anspruchs zurückerhalten und eine Rückzahlung der geleisteten Einlage nicht in Frage kommt. Rechtshängige Klagen werden unterbrochen und somit nicht entschieden. Ein erhebliches Risiko verbirgt sich jedoch in der Vorschrift des § 236 HGB wonach der stille Gesellschafter eine rückständige Einlage bis zu dem Betrage welcher zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist zur Insolvenzmasse einzuzahlen hat.
Rechtliche Möglichkeiten für betroffene Anleger
Es können zudem auch Schadensersatzansprüche gegen die Vorstände der Göttinger Gruppe und Securenta AG bestehen, da diese ggf. bei Vorliegen deliktischer Handlungen persönlich haften. Ferner ist zu überprüfen ob Entschädigungsansprüche sowie Staatshaftungsansprüche bestehen.
Im Falle der nicht ausreichend durchgeführten Aufklärung und Beratung über die bestehenden Risiken der atypischen stillen Beteiligung durch Anlagevermittler oder Anlageberater haften diese auch für einen entstandenen Schaden in Höhe der gezahlten Einlagen. Da die meisten Beteiligungen bereits in den 90er Jahren abgeschlossen wurden ist dringend anzuraten einen möglichen Verjährungseintritt anwaltlich überprüfen zu lassen.