Artikel teilen:
Kreditfinanzierte Fondsbeteiligungen – Neues zum Zeichnungsschein
Veröffentlicht am 21. Oktober 2006
Am 24. Oktober 2006 hat der Bankensenat des BGH (XI. Senat) einen weiteren Fall eines kreditfinanzierten Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds verhandelt. An dieser Verhandlung beim BGH in Karlsruhe haben wir teilgenommen.
Wirksamkeit einer Vollmacht im Zeichnungsschein trotz Nichtigkeit des Treuhandvertrages?
Die klagende Darlehensnehmerin hatte sich im März 1995 über eine als sogenannte Treuhänderin auftretende Steuerberatungsgesellschaft, die nicht über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügt, an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt. Der Erwerb der Gesellschaftsanteile wurde durch ein Darlehen finanziert, welches die Treuhänderin stellvertretend für die klagende Darlehensnehmerin abschloss. Die Darlehensvaluta wurde direkt an die Fondsgesellschaft ausbezahlt.
Die Klägerin klagte auf Feststellung, dass sie der finanzierenden Bank nichts mehr schulde und verlangt Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zins- und Tilgungsbeträge sowie die Rückübertragung einer zur Darlehensabsicherung abgetretenen Lebensversicherung. Die Klägerin stützt sich mit ihrer Klage auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach der Treuhandverträge und Vollmachten mit einer – wie hier – nicht zur Rechtsbesorgung befugten Steuerberatungsgesellschaft nichtig und deshalb auch der von der Treuhänderin abgeschlossene Darlehensvertrag sowie erklärte Fondsbeitritt unwirksam sind.
Neben diesem Treuhandvertrag und der Vollmacht die jeweils sehr weitreichende Befugnisse der Treuhänderin enthielten und diese zum Abschluss zahlreicher Verträge und der Vornahme aller nur denkbaren rechtsgeschäftlichen Handlungen ermächtigte, hatte die Klägerin aber auch noch einen sogenannten Zeichnungsschein unterzeichnet, der ihr vom Vermittler vorgelegt wurde. In diesem Zeichnungsschein verpflichtete sich die Klägerin u.a. zum Abschluss des Treuhandvertrages und der Erteilung einer notariell beurkundeten Vollmacht. Der Zeichnungsschein, der ansonsten keine weitere Bevollmächtigung der Treuhänderin enthält, ermächtigt diese allerdings den Beitritt zur Fondsgesellschaft zu erklären und das zur Finanzierung dieses Beitritts notwendige Darlehen aufzunehmen.
In zwei Urteilen vom jeweils 25.04.2006 (AZ: XI ZR 29/05 und XI ZR 219/04) hat derselbe Bankensenat bereits entschieden, dass dieser Zeichnungsschein eine wirksame Vollmacht zum Abschluss von Darlehensverträgen enthält. Bei dieser Vollmacht im Zeichnungsschein handle es sich um eine inhaltlich stark eingegrenzte Spezialvollmacht, die anders als die notariell beurkundete Treuhandvollmacht nicht den Abschluss eines ganzen Bündels von Verträgen mit mannigfaltigem rechtlichen Beratungsbedarf zum Gegenstand habe, sondern nur zur Vornahme einzelner Rechtsgeschäfte ermächtige. Wegen dieses beschränkten Umfanges verstoße diese Vollmacht im Zeichnungsschein auch nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz.
Die beiden Urteile des Bankensenats vom jeweils 25.04.2006 stehen im Widerspruch zu zwei Entscheidungen des II. Senats des Bundesgerichtshofs vom jeweils 14.06.2004. Dort hatte der II. Senat des BGH über einen inhaltlich identischen Zeichnungsschein zu entscheiden und kam dort genau zum gegenteiligen Ergebnis wie der XI. Senat (Bankensenat) des BGH. Der Bankensenat des BGH hat sich aber nicht nur über diese gegenteiligen Entscheidungen des II. Senats des BGH hinweggesetzt, sondern auch sämtliche der zahlreichen Argumente ignoriert, welche gegen eine wirksame Vollmacht im Zeichnungsschein sprechen.
Diese alles andere als verbraucherfreundliche Rechtsprechung des Bankensenats führt im Ergebnis dazu, dass sich die Bank, obwohl die der Treuhänderin notariell erteilte Vollmacht nichtig und der Darlehensvertrag damit unwirksam ist, gleichwohl auf eine weitere Vollmacht, nämlich die im Zeichnungsschein stützen kann.
Der Bankensenat des Bundesgerichtshofs hat allerdings in seinen beiden Urteilen vom jeweils 25.04.2006 die Frage offen gelassen, ob die Vollmacht im Zeichnungsschein von der Nichtigkeit des Treuhandvertrages und der notariell beurkundeten Vollmacht erfasst wird, also die Nichtigkeit des Treuhandvertrages und der notariellen Vollmacht zugleich zur Nichtigkeit der Vollmacht im Zeichnungsschein führt. Diese Frage, die nunmehr ganz maßgeblich für den Ausgang dieses Prozesses ist, muss nun vom Bankensenat entschieden werden.
Ob die Nichtigkeit des Treuhandvertrages zur Nichtigkeit auch der Vollmacht im Zeichnungsschein führt, bemisst sich nach Auffassung des Senats nach § 139 BGB. Dort ist bestimmt, dass im Falle der Nichtigkeit des Teiles eines Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, es sei denn es ist anzunehmen, dass dieses Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre.
Es kommt also darauf an, ob ein sogenannter Einheitlichkeitswille der Parteien besteht, also der Wille, dass die äußerlich getrennten Rechtsgeschäfte miteinander stehen und fallen sollen. Besteht ein solcher Wille nicht so ist im Zweifel von der Nichtigkeit des Gesamtgeschäfts, also auch der Nichtigkeit der im Zeichnungsschein enthaltenen Vollmacht auszugehen.
Offensichtlich siedelt der Bankensenat des BGH diese Frage des Einheitlichkeitswillens auf Tatbestandsebene an. Der Senatsvorsitzende hat in der mündlichen Verhandlung jedenfalls maßgeblich darauf abgestellt, dass sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht diesen Einheitlichkeitswillen rechtsfehlerfrei festgestellt hätten. Insoweit seien dem Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz, die nur noch auf Rechtsfehler überprüfen und nicht die Würdigung des Sachverhalts durch die beiden Tatsacheninstanzen durch eine eigene tatsächliche Bewertung ersetzen darf, die Hände gebunden.
Nach dieser Argumentation kommt es also darauf an, ob der Darlehensnehmer im Prozess mit der Bank überzeugend darlegen kann, dass eben kein Wille zur Aufrechterhaltung desjenigen Teiles des Rechtsgeschäftes, welches von der Nichtigkeit nicht erfasst ist, bestand.
Bei der Verhandlung am 24.10.2006 blieb offen, ob der Senat jedenfalls im Regelfalle von der Annahme eines solchen Einheitlichkeitswillens ausgehen will und diesen nur bei atypischen Sonderkonstellationen verneinen wird. Hierzu hat sich der Senat in der mündlichen Verhandlung nicht weiter geäußert, weil der Senat im zu entscheidenden Fall diesen Einheitlichkeitswillen bereits durch das Land- sowie Oberlandesgericht in den Vorinstanzen rechtsfehlerfrei festgestellt sah und deshalb an diese Wertung der beiden Tatsacheninstanzen gebunden ist. Möglicherweise geben die Urteilsgründe die in einigen Wochen vorliegen werden hierzu weitere Erkenntnisse.