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P&R Gläubigerversammlungen – erste Auszahlungen nicht vor 2020

Veröffentlicht von Georgios Aslanidis am 26. Oktober 2018

Welche Ursachen führten zur Insolvenz des Containervermieters P&R? Und wann können Gläubiger mit Zahlungen rechnen? Welche Ansprüche werden im Insolvenzverfahren berücksichtigt?
Darüber gaben  Insolvenzverwalter auf den  ersten Gläubigerversammlungen der insolventen P&R Gesellschaften Auskunft. AKH-H gibt einen Überblick über die wichtigsten Informationen.

An den ersten beiden Tagen der Gläubigerversammlungen am 17. und 18. Oktober 2018  kamen rund  4.500 Gläubiger  in die Olympiahalle nach München zu den Berichtsterminen der insolventen P&R Gesellschaften P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs- GmbH, P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs- GmbH und der P&R Transport-Container GmbH. Vier Richterinnen und Richter, 24 Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger und 39 Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister waren vor Ort, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.

Zur Gläubigerversammlung der P & R Container Leasing am 22. Oktober 2018 fanden etwa 150 Gläubiger den Weg in die Reithalle in München. Im Verhältnis zu den insgesamt betroffenen 54.0000 Anlegern lag die Anwesenheitsquote bei etwa 8 %. Das vorherrschende Gefühl der anwesenden Investoren: Wut und Enttäuschung der meist älteren Anleger darüber, wie P&R Direktinvest ihr Vertrauen missbraucht hat.

Struktur und Inhalt waren bei allen Gläubigerversammlungen gleich, zuweilen sogar wortgleich. Dass die Unterscheidung der Gesellschaften keine Rolle spielt, ist auch darin begründet, dass sich die vorhandenen Container den einzelnen Gesellschaften nicht zuordnen lassen und viele Anleger durch mehrfache Zeichnung bei verschiedenen Gesellschaften investiert haben. Der nachfolgende Bericht gilt daher für alle drei Tage und alle P&R Gesellschaften.

Einleitende Wort und Ziel des Insolvenzverfahrens

Die Gläubigerversammlungen wurden geleitet von Dr. Haag, Richter am Münchner Amtsgericht. Er teilte der Gläubigerversammlung zu Beginn mit, dass die ursprünglich auf den  14. November 2018 terminierten Prüfungstermine auf einen noch nicht bekannten Termin verschoben werden müssen. Der neue Termin wird rechtzeitig auf der vom Insolvenzverwalter eingerichteten Homepage (http://www.frachtcontainer-inso.de) bekannt gemacht werden. Die Insolvenzverwalter Dr. Jaffé und Dr. Philip Heinke  bedankten sich bei den Investoren für das Erscheinen und die fristgerechte Anmeldung. Sie wiederholten das Ziel des Insolvenzverfahrens, nämlich alle Gläubiger gemeinschaftlich zu befriedigen. Dabei werde die bestmögliche Verwertung des Vermögens angestrebt. Beide sprachen sich gegen den sofortigen Verkauf der Containerflotte aus.  Die Insolvenzverwalter betonten, dass sich die entstandenen finanziellen Schäden nur minimieren lassen, wenn die Verwertung gesichert werden kann. Die größte Sorge der Insolvenzverwalter ist eine Störung der Strukturen bei der Schweizer Gesellschaft E+F, die für das Management der vorhandenen Containerflotte sorgt. Die Containerflotte ist der maßgebliche vorhandene Vermögenswert und  aktuell zu 98 % ausgelastet.

Was ist bei der P&R Gruppe passiert?

Zum Zeitpunkt der P&R Pleite im März dieses Jahres hatten etwa 54.000 Anleger rund 3,5 Milliarden Euro investiert. Nach bisherigem Ermittlungsstand war ein Großteil des Geschäfts bloßer Schein. Neben den knapp 630.000 tatsächlich existierenden Containern wurden den Anlegern etwa eine Million Container verkauft, die es gar nicht gab. Die Containermieten und die Rückkaufzahlungen, die auch in den schwierigeren Jahren an die Anleger ausgezahlt wurden, wurden mit dem Geld neuer Anleger finanziert.

Die Insolvenzverwalter  Dr. Michael Jaffé und Dr. Philip Heinke begannen ihre  Ausführungen mit einem Rückblick über die historischen Entwicklungen der P&R-Gruppe mit Schwerpunkt auf das ab 2007 betriebene Schneeballsystem und den Abverkauf von Containern. Die  Insolvenzverwalter führten aus, dass ihren Erkenntnissen zufolge bereits 2007 eine Differenz zwischen der Zahl der von den vier deutschen Gesellschaften an die Anleger verkauften Container und der Zahl der vorhandenen und von der Schweizer P&R Gesellschaft verwalteten Container bestand. Diese Fehlmenge sei insgesamt auf über eine Million angewachsen.

Die Erlöse der Containerflotte reichten dann nicht mehr aus, um die Mietansprüche der Anleger zu bedienen. Doch statt einen Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit zu stellen, wurden die fälligen Auszahlungen an die Anleger durch Neuanlagegelder „refinanziert“. Dieses „System P&R“ ließ sich jedoch nur aufrechterhalten, solange genug Neuanlagegelder generiert werden konnten, hieß es im Bericht der Insolvenzverwalter. In den Jahren 2008/2009 gab es eine erhebliche Differenz beim Soll- und Ist-Containerbestand. Rechtsanwalt Jaffé vertritt die Ansicht, dass die P&R Gruppe  bereits im Jahr 2010 insolvenzreif war. Die Containerfehlbestände haben sich durch Notverkäufe (sogenannte „Bulk-Sales“)  in den Jahren 2006 und 2009 weiter aufgebaut. Als einer der Schlüsselmomente wurde der Notverkauf von Containern beschrieben, der Ende 2009 erfolgte. Damals wurden 210.000 Container zu einem Wert von 58 Prozent unter dem Marktwert verkauft, wodurch die Lücke zwischen dem Soll- und Ist-Bestand auf 461.000 Container anstieg. Die Insolvenzverwalter sprachen außerdem die Vermutung aus, dass bereits  vor dem Jahr 2006 Fehlbestände vorlagen, was aber aufgrund vernichteter Unterlagen nicht mehr genau nachvollziehbar sei.

Die  organisatorische Trennung der deutschen Gesellschaften von der Schweizer E+F Gesellschaft (P&R Equipment & Finance Corp.)  hatte den Aufbau der Fehlbestände über die Jahre erst ermöglicht und so verhindert, dass das Schneeballsystem aufgedeckt wurde. Die deutschen Gesellschaften hatten mit der Containerverwaltung nichts zu tun und übernahmen nur den Vertrieb der Anlageprodukte. Die Schweizer E+F war und ist immer noch zuständig für  das Management der Containerflotte. Heinz Roth war das einzige Bindeglied zwischen den deutschen und der Schweizer Gesellschaft. Herr Roth ist alleiniger Gesellschafter der P&R Equipment & Finance Corp.

Zwei Geschäftsführer von P&R Direktinvest sind inzwischen verstorben. Der 75-jährige Firmengründer Heinz Roth wurde im September verhaftet und befindet sich seither in Untersuchungshaft. Die Insolvenzverwalter  konnten bislang keine Belege dafür finden, dass Heinz Roth übermäßige Beträge aus den insolventen Unternehmen abgezogen hätte.

Dreijahresprognose der Insolvenzverwalter

Die wichtigste Frage für alle Anleger: wie hoch könnten die Quoten im Insolvenzverfahren sein? Die Insolvenzverwalter machten Hoffnung, da Container heute aufgrund von besseren Logistikanlagen schonender behandelt würden und deshalb bis zu 18 Jahre nutzbar seien. Allerdings wurde für die im Durchschnitt neun Jahre alten Container nur eine Prognose bis Ende 2021 abgegeben. Bis dahin sollen 560 Millionen EUR eingenommen werden. Das wären etwa 14% bezogen auf die 3,5 Milliarden Euro Gesamtkapital und bei Kosten in Höhe von 10%. Eine erste Auszahlung soll voraussichtlich im Jahr 2020 erfolgen. Wie sich diese Auszahlungen auf die einzelnen P&R-Gesellschaften verteilen werden, wurde nicht erläutert.

Die Frage nach dem Eigentum an den Containern

Nach Aussage des Insolvenzverwalters haben die Anleger kein Eigentum an den Containern erworben. Aus diesem Grund seien Abtretungen von Mietforderungen nicht wirksam erfolgt. Die beste und einzige Verwertungsoption sei daher: die koordinierte Verwertung mit einem Verwertungskonzept, eine Kombination aus Weitervermietung und Verkauf in Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss unter Rückgriff auf  das Know How der Schweizer E&F. Im Dunkeln ist nach Ausführungen anwesender Gläubiger geblieben, wie viele Container nach 2021 noch da sein werden, da Insolvenzverwalter Jaffé in den Gesamterlös auch Verkäufe einkalkuliert. Ganz grob müsste bei den enthaltenen Verkäufen von gut 100 Millionen EUR immer noch ein Containerbestand von rund 400.000 Containern im Jahr 2021 vorliegen. Trifft dies zu, wären auch über das Jahr 2021 hinaus nennenswerte Erlöse zu erwarten.

Die Frage nach möglichen Anfechtungen

Diese für die Anleger enorm wichtige Frage haben die Insolvenzverwalter zwar angesprochen, aber nicht beantwortet. Zweck der Insolvenzanfechtung ist die Gleichbehandlung aller Gläubiger. Nach vorläufiger Einschätzung können die Urteile des Bundesgerichtshofes nicht eindeutig auf den Fall P&R übertragen werden, weshalb die Prüfung dieses Aspektes noch nicht abgeschlossen ist. Eine klare Ablehnung der Anfechtung haben die Insolvenzverwalter nicht gegeben. Somit besteht weiterhin die Gefahr, dass Anleger erhaltene Zahlungen der letzten vier Jahre zurückzahlen müssen.  Neben den ohnehin entstandenen Verlusten könnten sogar noch Forderungen des Insolvenzverwalters zu früheren Rückzahlungen entstehen. Immerhin war P&R ab 2010 kein Direktanlagesystem mehr. Umso enttäuschender und auch überraschend, dass diese für Betroffene extrem wichtige Frage nicht beantwortet wurde.

Sicherungsmaßnahmen bei Schweizer E&F Gesellschaft

Heinz Roth hat zugestimmt, dass ein Schweizer Wirtschaftsprüfer als externer Verwaltungsrat bestellt wird. Herr Roth kann somit nicht mehr in Bezug auf die Geschäfts-führung der E&F handeln. Zudem gelang es, dass Herr Roth die Anteile an E&F zu Gunsten der vier deutschen Gesellschaften (P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH, P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs GmbH, P&R Container Leasing GmbH und P&R Transport-Container GmbH) verpfändet, so dass wirtschaftlich das dort verkörperte Vermögen zugunsten der Gläubiger gesichert werden konnte. In Bezug auf die Beteiligung der E&F an der Container-Leasinggesellschaft Blue Sky Ltd. wurde der bisherige Direktor dieser Gesellschaft, ebenfalls Herr Heinz Roth, abgesetzt und ein Prokurist der E&F als neuer Direktor bestellt. Mit dieser Leasing Gesellschaft erzielt die P&R-Gruppe rund ein Drittel ihrer gesamten Mieteinnahmen.

Wahlen

Der Ablauf der Abstimmungen bei den Gläubigerversammlungen war ungewöhnlich.  Die anwesenden Anleger wurden aufgefordert, zur Abgabe von Neinstimmen aufzustehen; das Sitzenbleiben wurde als Jastimme  gezählt. Somit gab es keine geheime Abstimmung. Eingetreten ist das, was geplant war: Der Insolvenzverwalter wurde  bestätigt und der Gläubigerausschuss genau in der Zusammensetzung wiedergewählt, wie er bereits vorläufig besetzt war. Dr. Michael Jaffé hat mit seinem souveränen Auftreten viele Anleger überzeugt. Es gab allerdings auch kritische Teilnehmerstimmen: Viele Fragen blieben offen und zahlreihe Punkte wurden als sicher und zwingend dargestellt, obwohl Alternativen möglich sind. Ein Beispiel für solche Alternativen ist die Fortführung der E&F. Die bestehenden Container werden der Schweizer E & F gemanagt. Konkret sind dies drei Personen, ein Direktor und zwei IT-Spezialisten.  Wir stellen uns dies Frage: wie verlässlich ist dies? Bleiben diese Personen im Unternehmen? Es besteht eine große Abhängigkeit von dem erfolgreichen Management der bestehenden Container. Was ist mit anderen, spezialisierten Firmen, die die Geschäftsführung übernehmen könnten? Nach Aussagen der Insolvenzverwalter sei die Erhaltung der Schweizer Strukturen vorrangig. Punkte wie diese sollten diskutiert werden und die Vor- und Nachteile im Sinne der Anleger abgewogen werden.

Der Insolvenzverwalter hat mit den Berichtsterminen das Ziel erreicht, viele Anleger zu beruhigen, um nun als Insolvenzverwalter das weitere Verfahren bestimmen zu können.

Unsicherheiten bleiben bestehen

Das rechtliche Konstrukt der P&R-Gruppe erschwert den Zugriff auf die noch eingehenden Einnahmen. Die Container wurden an die Anleger in Deutschland verkauft – alle diese vier deutschen Gesellschaften sind insolvent. Die anschließende Vermietung an die Schiffsfrachtgesellschaften lief und läuft immer noch über die Schweiz. Die Schweizer E+F unterliegt nicht dem direkten Zugriff des deutschen Insolvenzverwalters. Deshalb sei nach Aussagen der Insolvenzverwalter eine „ausgeklügelte mehrstufige Verwertungsstrategie“ nötig.

Ansprüche der Anleger außerhalb des Insolvenzverfahrens

Vom Insolvenzverwalter werden nur Ansprüche der insolventen P&R Gesellschaften verfolgt und durchgesetzt. Weitere Ansprüche, wie Haftungsansprüche gegen Banken und Vertriebe, Ansprüche gegen Abschlussprüfer und die BAFIN sind Ansprüche der Investoren selbst und müssen somit auch von den Anlegern selbst verfolgt werden.

Zusammenfassung

Das Insolvenzverfahren wird noch geraume Zeit in Anspruch nehmen. Mindestens  zwei Drittel der gesamten Anlagesumme sind verloren. Nach zwei bis drei Jahren können die Investoren mit ersten Teilzahlungen rechnen.

Von den Insolvenzverwaltern wird lediglich ein Teil aller möglichen Ansprüche geltend gemacht. Den meisten betroffenen Anlegern stehen darüber hinaus Ansprüche zu, die nicht im Insolvenzverfahren durchgesetzt werden können.

Anleger sollten insbesondere ihre Schadenersatzansprüche prüfen lassen und so ihre Erfolgsaussichten steigern und den entstandenen Schaden weiter minimieren. Nutzen Sie unseren kostenlosen Online-Fragebogen für P&R Anleger oder rufen Sie uns an.

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