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Erneut Urteil im Abgasskandal: Landgericht Tübingen verurteilt Volkswagen AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

Veröffentlicht von Marco Albrecht am 22. November 2019

Aktuelles Urteil im Abgasskandal um VW zugunsten betroffener Autofahrer: Das Landgericht Tübingen hat die Volkswagen AG in einem von der Kanzlei Aslanidis, Kress und Häcker-Hollmann geführten Verfahren zu Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verurteilt. Das Urteil vom 7. November 2019 (Az. 7 O 124/19) ist noch nicht rechtskräftig.

Sachverhalt und Entscheidung des Landgerichts Tübingen

In dem Klageverfahren ging es um einen VW Passat 2.0 TDI, den der Kläger im Jahr 2011 als Gebrauchtwagen erworben hatte. Im Fahrzeug war ein vom Abgasskandal betroffener Motor des Typs EA 189 (Norm Euro 5) verbaut. Im Oktober 2015 wurde VW dazu verpflichtet, die unzulässige Abschalteinrichtung bei betroffenen Fahrzeugen zu entfernen und dies auch nachzuweisen. Im Januar 2017 wurde ein Softwareupdate im Fahrzeug aufgespielt.
Der Kläger sah sich getäuscht und geschädigt und verlangte Schadensersatz. Die beklagte Volkswagen AG war der Ansicht, dass sie den Kläger nicht vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hatte und stellte sich auf den Standpunkt, dass dem Kläger gar kein Schaden entstanden sei.

Nach der mündlichen Verhandlung sah es das Gericht als erwiesen an, dass die Volkswagen AG den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und diesem auch ein ersetzbarer, kausaler Schaden entstanden ist. Dabei ging das Gericht zutreffend von einer sogenannten sekundären Darlegungslast der Beklagten aus: Grundsätzlich muss zwar der Kläger alle Tatsachen beweisen, aus denen sich sein Anspruch ergibt. In bestimmten Fällen ist es aber Sache der generischen Partei, sich zu den Behauptungen substantiiert zu äußern. Eine solche sekundäre Darlegungslast setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Kläger nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen.

Nach Ansicht des Landgerichts sei die Beklagte dieser sekundären Darlegungslast im vorliegenden Fall nicht nachgekommen, wodurch der Vortrag des Klägers als zugestanden anzusehen war.

VW hatte insbesondere vortragen lassen, dass die Sachverhaltsermittlungen zur Kenntnis damaliger und derzeitiger Vorstandsmitglieder noch nicht abgeschlossen sei und die Beklagte derzeit über keine Erkenntnisse verfüge, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien oder die Entwicklung oder Verwendung der Software in Auftrag gegeben oder gebilligt hätten. Diesen Vortrag hat das Gericht schon angesichts des Zeitablaufs seit Entdeckung der Softwaremanipulation als „schlicht unglaubhaft“ bewertet. Die Beklagte verkannte, dass ihr die sekundäre Darlegungslast nicht nur eine Nachforschungsobliegenheit aufbürdet, sondern auch eine weitere Obliegenheit: Sie muss über das Ergebnis ihrer Nachforschungen substantiiert vortragen, also dazu, welche Kenntnisse sie dabei gewonnen hat. Zu sagen, sie habe keinerlei Erkenntnisse gewonnen, reicht nicht aus. Denn so kann Gericht auch nicht beurteilen, ob weitere Nachforschungen zumutbar sind oder nicht.

Im Ergebnis sprach das Gericht nach Abzug eines Nutzungsersatzes für gefahrene Kilometer einen Betrag in Höhe von 5.375,21 € nebst Zinsen zu, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen PKW, sowie 4% p.a. auf den damaligen Kaufpreis.

Fazit zum aktuellen Urteil im Abgasskandal – Verjährung zum Jahresende 2019

Durch das Urteil im Abgasskandal werden die Rechte geschädigter PKW-Eigentümer des VW-Abgasskandals weiter gestärkt. Dies gilt vor allem für solche Eigentümer, die sich nicht am Musterfeststellungsverfahren beteiligt haben und die nicht im Jahr 2015 durch ein Schreiben des Herstellers oder des Kraftfahrtbundesamtes informiert wurden.

In vielen Fällen droht die Verjährung der Ansprüche im Dieselskandal gegenüber Volkswagen zum Jahresende 2019. Die drohende Verjährung betrifft Schadensersatzansprüche von Autobesitzern, die ein Fahrzeug der Marken VW, Porsche, Audi, Seat und Skoda mit dem Motorentyp EA 189 besitzen und die im Jahr 2016 von VW oder vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) darüber informiert wurden, dass in ihrem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut wurde. Aber auch die absolute Verjährung zehn Jahre nach dem Kauf des Fahrzeugs müssen Autobesitzer beachten.

Betroffene VW-Kunden sollten daher jetzt handeln und eine Hemmung der Verjährung ihrer Ansprüche im Dieselskandal einleiten. Das geht am einfachsten und sichersten über die Einreichung einer Klage rechtzeitig vor dem Jahresende.

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