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BGH kippt Sparkassen-Klausel zur Vorfälligkeitsentschädigung: Rückzahlung für tausende Verbraucher möglich

Veröffentlicht von Annekatrin Schlipf am 17. Juni 2025
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte von Verbrauchern bei vorzeitiger Rückzahlung von Immobilienkrediten deutlich gestärkt (Urteil vom 20.05.2025, Az. XI ZR 22/24). Im Zentrum der Entscheidung stand eine von den Sparkassen ab dem Jahr 2016 verwendete Klausel zur Vorfälligkeitsentschädigung und die Frage, ob diese ausreichend transparent erklärt, wie die Sparkasse die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.

Das Gesetz verlangt klare und verständliche Angaben und der BGH entschied, dass die Klausel der Sparkassen diesen Anforderungen nicht genügt. Damit entfällt der Anspruch der Sparkasse auf eine solche Entschädigung und der Kunde erhält seine bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurück. Das Urteil betrifft zahlreiche Altverträge und damit wahrscheinlich tausende Verbraucher, die seit 2016 einen Immobilienkredit vorzeitig abgelöst und eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben.

Hintergrund zum Urteil: Streit um Rückzahlung von über 7.700 Euro

Der Kläger hatte im Jahr 2016 einen Immobiliendarlehensvertrag mit einer Sparkasse abgeschlossen und das Darlehen später vorzeitig abgelöst. Die Bank verlangte daraufhin eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 7.600,16 Euro sowie einen zusätzlichen „Institutsaufwand” in Höhe von 150 Euro. Der Kläger zahlte beide Beträge unter Vorbehalt und forderte sie später zurück. Das Landgericht Hannover gab ihm recht. Das Oberlandesgericht Celle änderte das Urteil jedoch teilweise zu seinen Ungunsten. Daraufhin legte der Kläger Revision ein – mit Erfolg.

BGH kippt Sparkassen-Klausel zur Vorfälligkeitsentschädigung – kein Anspruch auf Entschädigung

Der BGH hob das Urteil des OLG Celle auf und bestätigte das landgerichtliche Urteil zugunsten des Darlehensnehmers vollständig. Der BGH bestätigt, dass folgende massenhaft verwendete Passage in den Darlehensbedingungen der Sparkassen falsch ist (Ziffer 10.2. in den Bedingungen):

Für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung wird von einer Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel in sichere Kapitalmarkttitel (Pfandbriefrenditen der Deutschen Bundesbank) ausgegangen. Zunächst wird der Betrag ermittelt, der zum Ablösestichtag erforderlich ist, um sämtliche ursprünglich vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag (Zinsen, Tilgung) sowie das rechnerische Restkapital am Ende der Zinsfestschreibung zu erzielen. Die anfallenden Zinsen sind in diese Berechnung einbezogen.

Die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Darlehensvertrag waren nicht klar und verständlich genug. Zwar hatte die Sparkasse die sogenannte Aktiv-Passiv-Methode genannt, bei der die zu erwartenden Zinszahlungen bei regulärer Vertragslaufzeit mit der Rendite einer Wiederanlage des zurückgezahlten Kapitals in Pfandbriefe verglichen werden. Doch aus Sicht des Gerichts fehlte eine elementare Information: der Hinweis auf die notwendige Differenzrechnung. Gerade die Gegenüberstellung dieser beiden Beträge bildet nämlich die Grundlage der Berechnung.

Damit sei die vertragliche Information unvollständig und für einen durchschnittlich informierten Verbraucher nicht ausreichend nachvollziehbar, so der BGH. Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung sei in diesem Fall nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Die geleistete Zahlung erfolgte somit ohne Rechtsgrund und kann zurückgefordert werden.

Rückforderungswelle droht

Die Entscheidung ist wegweisend. Denn sie macht deutlich, dass Banken und Sparkassen im Darlehensvertrag nicht nur die Berechnungsmethode benennen, sondern auch ihre grundlegenden Rechenschritte zumindest in groben Zügen verständlich erklären müssen. Abstrakte Formulierungen genügen nicht. Das BGH-Urteil hat weitreichende Konsequenzen – insbesondere für Sparkassen, aber auch für andere Kreditinstitute. Denn viele verwenden bislang standardisierte Textbausteine in ihren Kreditverträgen, die nur sehr abstrakt auf die Berechnungsmethode eingehen. Da der BGH klarstellt, dass intransparent formulierte Vertragsklauseln die Grundlage für den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung entfallen lassen, können Betroffene diese Zahlungen vollständig zurückfordern.

BGH kippt Sparkassen-Klausel: Kostenfreie Ersteinschätzung vom Anwalt

Für Darlehensnehmer bedeutet das Urteil: Wer eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt hat, sollte den Vertrag prüfen lassen – insbesondere bei Verträgen, die nach dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden. Sind die Informationen unzureichend, kann ein Anspruch auf Rückzahlung bestehen. Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Vorfälligkeitsentschädigung rechtmäßig ist, sollten Sie sich rechtlich beraten lassen. Unsere Kanzlei für Anleger- und Verbraucherschutz unterstützt Sie bei der Überprüfung Ihrer Verträge und der Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Ersteinschätzung.

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Autorin

Annekatrin Schlipf, Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH)
Anwaltskanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann