Was sind geschlossene Fonds?
Geschlossene Fonds werden aufgelegt, um Kapital für Großprojekte zu sammeln – beispielsweise für Sachwerte wie Immobilien oder Schiffe, Infrastrukturobjekte, Anlagen erneuerbarer Energien oder Unternehmensbeteiligungen. Im Gegensatz zu offenen Fonds ist das Fondsvolumen vorgegeben. Sobald alle Anteile verkauft sind, werden keine neuen Anleger mehr aufgenommen und der Fonds wird geschlossen. Der Vertrieb des Fonds, der sogenannte Platzierungszeitraum, ist damit zeitlich befristet. Die Bezeichnung „geschlossener“ Fonds ist auch darin begründet, dass der Anleger seine Anteile nicht vor Beginn der Liquidations- oder Auslaufphase des Fonds zurückgeben kann. Anteile an geschlossenen Fonds werden als wenig liquide bezeichnet: der Anleger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Fondsanteils während der geplanten Laufzeit. Die Mindestanlagesumme bei geschlossenen Fonds ist mit Beträgen zwischen 5.000 und 25.000 EUR oft hoch. Die Anleger werden in dem Verhältnis, das ihrem gezeichneten Kapital entspricht, Anteilseigner des Investitionsobjektes und damit Gesellschafter und Mitunternehmer. Die Rechte und Pflichten aller Gesellschafter regelt ein Gesellschaftervertrag.
Geschlossene Fonds sind Produkte des sogenannten Grauen Kapitalmarktes. Schiffsbeteiligungen sind in den meisten Fällen in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG) strukturiert. Anleger können sich entweder direkt beispielsweise als Kommanditist oder indirekt über eine Treuhandgesellschaft oder über eine stille Beteiligung bzw. eine stille Gesellschaft beteiligen. Die Wahl der Beteiligungsform hat unter anderem Auswirkungen darauf, ob die Beteiligung gegenüber anderen Gesellschafter oder im Handelsregister veröffentlich wird oder auf steuerliche Aspekte der Beteiligung.
Weiter lesen: Mehr Informationen und Gründe, warum Anleger auf dem grauen Kapitalmarkt investieren.
Geschlossene Fonds: Gesetzliche Grundlagen
Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) trat zum 22. Juli 2013 in Kraft. Es ersetzte und erweiterte das bis dahin geltende Investmentgesetz (InvG). Der Geltungsbereich des KAGB geht deutlich über den des abgelösten Investmentgesetzes hinaus; Fondsanbieter unterliegen umfangreicheren Vorgaben und Anforderungen. Geschlossene Fonds werden vom KAGB abgedeckt, was beim InvG nicht der Fall war. Der zuvor weitgehend unkontrollierte Graue Kapitalmarkt wurde insgesamt strengeren Regeln unterworfen.
Was prüft die Bafin?
Anleger müssen wissen: Die Bafin prüft nicht, ob das Geschäftsmodell funktioniert, sondern in der Regel, ob der Prospekt die formalen Anforderungen erfüllt. Formelle Prüfungsinhalte sind die Vollständigkeit der Mindestinhalte und Einhaltung der vorgegebenen Gliederung. Die Bafin prüft nicht, ob die Angaben im Verkaufsprospekt inhaltlich richtig sind. Aber auch eine Prüfung und entsprechende Gestaltung nach den Grundsätzen von IDW S 4 bietet keine Gewähr dafür, dass der Prospekt nicht mit Mängeln behaftet sein könnte. Anleger sollten sich von dem Zusatz „Bafin geprüfter Prospekt“, mit dem Finanzberater mitunter werben, nicht täuschen lassen.
Das KAGB verpflichtet Anbieter von geschlossenen Fonds, sich bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) registrieren zu lassen. Hinzu kommen weitere Bedingungen, die unseriöse Anbieter vom Markt vertreiben sollen. So müssen sie grundsätzlich in drei gleichwertige Sachwerte investieren, die vorab extern bewertet wurden. Die Aufnahme von Fremdkapital ist auf sechzig Prozent des Vermögens begrenzt. Zudem existieren umfassende Mitteilungspflichten gegenüber der Bafin. Von der Fondsgesellschaft unabhängige Verwahrstellen sollen alle wichtigen Entscheidungen und Zahlungsströme überwachen.
Das KAGB unterscheidet die folgenden Kapitalanlageprodukte
1. Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW): Investmentfonds nach dem bis zum 21. Juli 2013 geltenden Investmentgesetz
2. Alternative Investmentfonds (AIF): Investmentvermögen, die kein OGAW sind
Geschlossene Fonds gehören zur zweiten Gruppe und werden im KAGB auch als “geschlossene Investmentvermögen“, in der Praxis auch als Publikumsfonds bezeichnet.
Als Investitionsobjekte für geschlossene Fonds kommen nach §261 KAGB folgende Sachwerte in Betracht:
- Immobilien, einschließlich Wald, Forst und Agrarland
- Schiffe, Schiffsbauten, und Schiffsbestand- und ersatzteile
- Luftfahrzeuge, Luftfahrzeugbestand- und –ersatzteile
- Anlagen zur Erzeugung, zum Transport und zur Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien
- Schienenfahrzeuge, Schienenfahrzeugbestand und –ersatzteile
- Fahrzeuge, die im Rahmen der Elektromobilität genutzt werden
- Container
- für Vermögensgegenstände im Sinne der Nummern 2 bis 6 genutzte Infrastruktur
- Ausstiegsmöglichkeiten bei geschlossenen Fonds
Anders als bei offenen Fonds sind aufgrund der langfristigen Investition Rückgaberechte oder ordentliche Kündigungsrechte des Anlegers ausgeschlossen. Da geschlossene Fondanteile als Produkte nicht an der Börse gehandelt werden, gibt es auch keinen geregelten Zweitmarkt. Anleger können sich online informieren, ob und falls ja, zu welchem Kurs eine Fondsbeteiligung gehandelt wird. Beispiele für solche Plattformen sind:
Laufzeit von geschlossenen Fonds
Die Vermögensgegenstände, in die ein geschlossener Fonds investiert wie beispielsweise Immobilien, Schiffe oder Flugzeuge, sind Sachanlagen, die nicht schnell wieder verkauft werden können. Geschlossene Fonds haben in den meisten Fällen eine recht lange Laufzeit, oft zwischen zehn, zwanzig oder mehr Jahren. Der Anleger soll während dieser Zeitspanne an den Gewinnen der Fondsgesellschaft über Ausschüttungen partizipieren, über deren Höhe und Zeitpunkte im Normalfall innerhalb des Emissionsprospektes Aussagen getätigt werden. Diese Ausschüttungen sind jedoch keinesfalls sicher; sie können stagnieren, abnehmen oder ganz ausbleiben. Im für den Anleger schlechtesten Fall verliert er sein gesamtes investiertes Geld.
Hinweis: Ausschüttungen sind keine Gewinne
In den Verkaufsprospekten zu geschlossenen Fonds finden sich meist Prognoserechnungen, die auch Angaben zu prognostizierten Ausschüttungen enthalten. Anleger oder solche, die beabsichtigen, eine geschlossene Fondsbeteiligung abzuschließen, sollten wissen, dass Ausschüttungen nicht mit Gewinnen gleichgesetzt werden dürfen. Ausschüttungen sind, insbesondere in den Anfangsjahren der Fondslaufzeit, oft lediglich Rückzahlungen des investierten Kapitals.
Kostenfreie Ersteinschätzung anfordern
Befinden sich geschlossene Fonds in der Krise, haben Anleger bereits große finanzielle Verluste erlitten, denn prognostizierte Ausschüttungen sind nur teilweise oder gar nicht erfolgt. Umso härter trifft Anleger die Nachricht, dass erhaltene Ausschüttungen zurückgefordert werden. Die Mitteilung über die Rückforderung von Ausschüttungen trifft die enttäuschten Anleger meist erst nach vielen Jahren, wenn beispielsweise das Insolvenzverfahren über den Fonds eröffnet wurde. Im Rahmen einer Insolvenz fordert der Insolvenzverwalter Auszahlungen, die nicht durch entsprechende Gewinne gedeckt waren, zurück. Rechtsanwalt Andreas Frank beantwortet im Video die häufigsten Fragen zum Thema Rückforderungen von Ausschüttungen.
Hinweis: Hohe Weichkosten schmälern den Betrag zur Ertragserwirtschaftung
Die sogenannten Weichkosten sind jene Kosten, die nicht in das Anlageprodukt fließen. Beispiele hierfür sind Gründungskosten oder Provisionen. Sie betragen in vielen Fällen zwischen fünfzehn und bis zu dreißig Prozent der Anlagesumme. Ein Beispiel hierzu: Ein Anleger bringt 10.000,- EUR als Mindestbeteiligungssumme in einen geschlossenen Fonds ein, die Weichkosten ohne Agio betragen 20%. Somit gehen lediglich 8.000,- EUR in das Objekt. Der Fonds muss zunächst beträchtliche Wertzuwächse erwirtschaften, um zunächst das eingesetzte Kapital, im Beispiel 10.000 EUR, zu erwirtschaften. So wird auch optimistischen Anlegern schnell bewusst, dass hohe Renditeversprechen oftmals unwahrscheinlich zu erreichen sind.
Risiken geschlossener Fonds
Anteile an einem geschlossenen Fonds sind unternehmerische Beteiligungen. Geht der Anleger eine unternehmerische Beteiligung ein, sind damit erhebliche Risiken verbunden und keine Flexibilität erlaubt. Eine Investition in einen geschlossenen Publikumsfonds ist für viele Anleger nicht geeignet. Grundsätzlich ist sie nur für solche Anleger sinnvoll, die langfristig investieren wollen und während der geplanten Laufzeit auf ihr Kapital verzichten können – das einem geschlossenen Fonds innewohnende Totalverlustrisiko würde im schlechtesten Fall den dauerhaften Verlust des investierten Kapitals bedeuten. Weitere Risiken, die nahezu jedem geschlossen Fonds innewohnen, sind beispielsweise:
- Das Haftungsrisiko, dass gezahlte Ausschüttungen zurückgefordert Insbesondere in den Anfangsjahren der Fondslaufzeit sind Ausschüttungen oft lediglich Rückzahlungen des investierten Kapitals und nicht durch Gewinne gedeckt. Unter bestimmten Voraussetzungen könnten diese nach § 172 Abs. 4 HGB zurückgefordert werden.
- Die eingeschränkte Veräußerbarkeit (Fungibilität): Es gibt keinen geregelten Zweitmarkt für geschlossene Fondsbeteiligungen. Die Anteile können nur schwer verkauf werden, und wenn, in vielen Fällen mit erheblichen Verlusten.
- Ein mögliches Fremdfinanzierungsrisiko: Eine hohe Fremdfinanzierungsquote kann dramatische Folgen für Anleger haben. Sinken die Einnahmen zum Beispiel bei einem Immobilienfonds durch Vermietungsprobleme unerwartet, kann eine Krisensituation entstehen, in der Kreditgeber bevorzugt bedient werden.
- Hohe Weichkosten: Dabei handelt es sich beispielsweise um Kosten für den Vertrieb (Provisionen), für Vergütungen oder die Verwaltung des Fonds. Das Geld fließt nicht in die Anlage und steht somit nicht für die Ertragserwirtschaftung zur Verfügung.
Haftung für Prospektfehler, Kick-Backs, falsche Beratung
Sollten Anleger geschlossener Fonds von Ihrem Anlageberater oder von Ihrer Bank nicht umfassend über die Risiken einer solchen Beteiligung aufgeklärt worden sein, so bestehen möglicherweise Schadensersatzansprüche. Des Weiteren kommt für die Anleger von geschlossenen Fonds in Betracht, gegen die Initiatoren der Fonds und gegen den Vertrieb Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Die Schadensersatzansprüche können sich somit zum einen aus Prospekthaftung, zum anderen aufgrund Falschberatung ergeben.
Prospektfehler: Im Verkaufsprospekt dürfen keine falschen Angaben enthalten sein. Ob diese Angaben wissentlich oder unwissentlich falsch sind, spielt für die Prospekthaftung keine Rolle. Der Emittent ist für die Richtigkeit der Angaben im Zuge der Prospekthaftung bei geschlossenen Fonds in vollem Umfang verantwortlich. Sollte ein Anleger beispielsweise aufgrund einer Falschangabe oder einer fehlenden relevanten Angabe im Verkaufsprospekt einen finanziellen Schaden erleiden, so muss der Emittent des geschlossenen Fonds hier Schadenersatz leisten.
Kick-Back-Zahlungen: In zahlreichen Gerichtsurteilen wurde zudem festgestellt, dass die beratende Bank beim Verkauf von geschlossenen Fonds die Rückvergütungsgebühren offenlegen muss. Deshalb kann im Fall der Zahlung von versteckt geflossenen Provisionen, den sogenannten Kick-Backs, und mangelnder Information hierüber der Anleger verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er die Beteiligung nicht geschlossen.
Beratungsfehler: Rechtsansprüche auf Schadensersatz und somit auf vorzeitigen Ausstieg aus der geschlossenen Fonds-Beteiligung bestehen für den Anleger zudem dann, wenn er von dem Anlageberater bzw. Anlagevermittler fehlerhaft beraten wurde. Häufig haben Banken geschlossene Fonds-Beteiligungen angeboten. Der Bankberater schuldet hier eine Beratung, die auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten ist. Die Beratung muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anleger- und anlagegerecht sein. Hierzu gehört insbesondere, dass der Berater oder Vermittler die geschlossene Fonds-Beteiligung auf ihre wirtschaftliche Tragfähigkeit überprüft hat. Bei einer Bankberatung ist die Bank im Übrigen verpflichtet, das Investment mit banküblichem kritischem Sachverstand zu prüfen. Der Anleger muss von der Bank über die allgemeinen und speziellen Risiken der Kapitalanlage aufgeklärt werden. Bei einer Beteiligung an einem geschlossenen Fonds sind dies neben den genannten Risiken wie das Totalverlustrisiko, die langen Laufzeiten und der eingeschränkten Handelbarkeit auch die Höhe der Nebenkosten, die sogenannten Weichkosten.
Urteile geschlossene Fonds zugunsten geschädigter Anleger
Wir beraten und vertreten Fondsanleger bundesweit seit über 25 Jahren. Als eine der größten Kanzleien für Bank- und Kapitalmarktrecht in Deutschland haben wir größte Erfahrung im außergerichtlichen und gerichtlichen Vorgehen auf diesem Gebiet. Wir haben zahlreiche Urteile zugunsten geschädigter Fondsanleger erwirkt. Eine Auswahl der Urteile finden Sie hier.
Wenn das Vertrauen missbraucht wird – Anlegerfreundliches Urteil zu Lombard Classic 2 und 3
Wenn das Vertrauen in den „Bankbeamten“ nicht gerechtfertigt ist: Anlegerfreundliches Urteil gegen die Taunus Sparkasse
Wenn der Schein trügt – Urteil in Sachen „Lombard“ zugunsten einer geschädigten Anlegerin
Nordcapital Schiffsportfolio 8 GmbH & Co. KG: AKH-H erstreitet Urteil für geschädigten Anleger
Erfolgreicher Widerruf bei ConTrust Energie-Fonds GmbH & Co. 2: Kläger muss keine weiteren Zahlungen bei Ratensparmodell leisten
Hannover Leasing Fonds 203 Substanzwerte Deutschland 7: Nächstes Urteil gegen die Frankfurter Sparkasse 1822