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Widerruf Kapitalanlagen: BGH bestätigt Rückabwicklung von Holz-Direktinvestment

Veröffentlicht von Annekatrin Schlipf am 03. Juli 2024

Bei falscher oder fehlender Widerrufsbelehrung können Verbraucher *innen bei Finanzdienstleistungen viele Jahre nach Zeichnung der Kapitalanlage den Vertrag widerrufen und so ihr investiertes Geld zurückerhalten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in ein Fall eines Direktinvestments in Bäume bestätigt (Urteil vom 15.05.2024, Az. VIII ZR 226/22). Der Kläger konnte seine Baum-Investments bei der Schweizer Life Forestry Switzerland AG über den Widerruf komplett rückabwickeln.

Widerruf Kapitalanlagen: Darum ging es

In dem Verfahren vor dem BGH ging es um Direktinvestments in Bäume. Die Life Forestry Switzerland AG bietet Interessenten über ihre Internetseite Direktinvestitionen in Teakbäume in Costa Rica und Ecuador an. Dabei erwerben die Anleger Parzellen oder Einzelbäume in bestehenden Plantagen und schließen Kauf- und Dienstleistungsverträge ab. Auf diese Weise sollen sie von den Erträgen aus dem Wachstum und der Ernte der Bäume profitieren. Der Kläger investierte in den Jahren 2010 und 2013 in Direktinvestments der Life Forestry. Bei Abschluss der Kauf- und Dienstleistungsverträge wurde er nicht über sein Widerrufsrecht belehrt. In den vor dem Jahr 2020 verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Gesellschaft heißt es, dass der Vertrag schweizerischem Recht unterliege und für Streitigkeiten ausschließlich die ordentlichen Gerichte am Sitz der Beklagten in der Schweiz zuständig seien

Rückabwicklung über Widerruf

Grundsätzlich können Verbraucher*innen bei Verträgen, die im so genannten Fernabsatz abgeschlossen werden, innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen widerrufen und so den Vertrag rückgängig machen. Werden sie nicht oder fehlerhaft über ihr Widerrufsrecht belehrt, verlängert sich die Widerrufsfrist auf maximal 1 Jahr und 14 Tage. Bei Finanzdienstleistungen besteht diese Beschränkung nicht. Das Widerrufsrecht ist bei fehlender oder fehlerhafter Belehrung zeitlich nicht begrenzt. Betroffene können den Vertrag auch noch viele Jahre nach Vertragsschluss widerrufen.

BGH: Holz-Direktinvestments sind Finanzdienstleistungen

Der BGH hat in seinem Urteil bestätigt, dass es sich bei den Teak-Investments um Finanzdienstleistungsverträge im Sinne des § 312b Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. handelt. Entscheidend für die Anwendung ist, dass der spekulative Charakter im Mittelpunkt des Geschäfts steht. Der BGH begründet seine Entscheidung auch damit, dass bei dem Teak-Angebot nicht der reine Erwerb im Vordergrund steht, sondern die Dienstleistungen der Life Forestry zur Erzielung einer Rendite aus der Anlage, insbesondere die Verwertung der Bäume am Ende der Vertragslaufzeit.

Der BGH erklärte die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Life Forestry enthaltene Bestimmung über die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte am Sitz der Beklagten in der Schweiz für unwirksam. Die deutsche Gerichtsbarkeit sei zuständig, da die Beklagte ihre Leistungen auf Deutschland ausgerichtet habe. Im Ergebnis kann der Kläger daher auch noch viele Jahre nach Vertragsschluss wirksam widerrufen und die Rückzahlung seiner Investitionen abzüglich bereits erhaltener Erlöse verlangen.

Weitere Möglichkeiten für Rückabwicklung des Direktinvestments

Sollten Anleger*innen von Ihrem Anlageberater oder von Ihrer Bank nicht umfassend über die Risiken eines Direktinvestment aufgeklärt worden sein, bestehen möglicherweise Schadensersatzansprüche. Schadensersatzansprüche können sich zum einen aus Prospekthaftung zum anderen aus einer Falschberatung ergeben.

Direktinvestitionen in Wald oder Bäume sind mit erheblichen Risiken verbunden und können zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen. Dabei spielen viele Einflussfaktoren eine Rolle, die man selbst nicht beeinflussen kann. Ein Bauminvestment kann durch Unwetter, Feuer oder Schädlinge zerstört werden. Weniger dramatisch, aber dennoch eine drastische Verschlechterung für den Anleger, wäre eine ungünstige Entwicklung des Holzpreises: Einlagen und Rückkaufpreis wären plötzlich gefährdet.

Im Fall der Life Forestry hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) aufgrund von Anhaltspunkten für einen fehlenden Verkaufsprospekt beim Vertrieb der Produkte „Teakinvestment“ und „Golden Teak – Land Lease 2020“ mehrfach Abmahnungen veröffentlicht und das öffentliche Angebot untersagt. In Deutschland dürfen Vermögensanlagen grundsätzlich nicht ohne Veröffentlichung eines von der BaFin gebilligten Verkaufsprospektes öffentlich angeboten werden. Aufgrund dieser Umstände können Anleger aus Prospekthaftung die Rückabwicklung der Kapitalanlage verlangen.

Im Falle einer erfolgreichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen würde ein Anleger so gestellt werden, als ob er das Investment nie erworben hätte.

Kostenfreie Ersteinschätzung vom Anwalt

Das BGH-Urteil kann dazu führen, dass auch andere Kunden und Kundinnen, die im Fernabsatz riskante Geldanlagen abgeschlossen haben, ihre Verträge viele Jahre später widerrufen können. Wir unterstützen Betroffene dabei, mögliche Ansprüche durchzusetzen. Für eine kostenlose Prüfung Ihrer rechtlichen Möglichkeiten können Sie unseren Fragebogen online ausfüllen. Sie erhalten ein schriftliches Prüfungsergebnis für Ihren Fall. Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, übernehmen wir auch die Deckungsanfrage zur Klärung der Kostenfrage.

Online-Formular

Bei weiteren Fragen sind wir auch gerne telefonisch unter 0711 9308110 oder über unser Kontaktformular zu erreichen.

Autorin

Annekatrin Schlipf, Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH)
Anwaltskanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann