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LG Ravensburg stärkt Anlegerrechte: Crowdfunding-Plattform haftet wegen Falschberatung

Veröffentlicht von Melanie Poch am 19. März 2025
Hände-legen-Geld-auf-Tisch

Ein Anleger, der über eine Crowdfunding-Plattform 14.500,- Euro in Wohnimmobilien investiert und verloren hat, erhält seinen Schaden von der Plattform ersetzt, weil diese nicht ausreichend über die zahlreichen und hohen Risiken im Zusammenhang mit Nachrangdarlehen aufgeklärt hat (Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 07.02.2025, Az. 2 O 99/24). Das Urteil ist sowohl für Crowdinvesting in Immobilien als auch für Darlehen mit qualifizierter Nachrangklausel richtungsweisend und erleichtert Anlegerklagen gegen Crowdfunding-Plattformen erheblich.  

Darum ging es im Fall

Der Kläger hatte über die Internetplattform Dagobertinvest.com 14.500,- Euro in drei verschiedene Immobilienprojekte investiert. Die Beteiligung erfolgte in Form von qualifizierten Nachrangdarlehen. Diese Form der unternehmerischen Beteiligung vermittelte die Crowdfunding-Plattform an Kleinanleger*innen mit geringen Anlagebeträgen ab 100,- Euro. Als die Nachrangdarlehen nicht wie geplant zurückgezahlt wurden, klagte der Anleger auf Rückzahlung der Darlehensbeträge. Denn er sei insbesondere über die Konsequenzen der Nachrangklauseln und über die bei zwei Projekten fehlende Baugenehmigung nicht ausreichend informiert worden.  

Plattform haftet wegen Falschberatung für fehlerhafte Risikoaufklärung bei Nachrangdarlehen

Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt sind hochrisikoreiche Unternehmensbeteiligungen. Die Plattform als Vermittlerin muss Interessenten vollständig, richtig und verständlich über das Anlageprodukt, das Konzept, die Chancen, Risiken und relevanten Aspekte informieren, um eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen. 

Das Landgericht Ravensburg stellte fest, dass dies in den Verträgen und Vermögensanlagen-Informationsblättern nicht verständlich erläutert wurde. Es bejahte einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 280 Abs. 1 BGB gegen die Plattform. Konkret habe die Plattform ihre Informationspflichten aus dem Anlagevermittlungsvertrag in folgenden Punkten verletzt:  

  • Fehlende Aufklärung über Totalverlustrisiko: Die qualifizierte Nachrangklausel führt dazu, dass der Anleger sein Geld nicht erst im Insolvenzfall, sondern bereits vorher verlieren kann, wenn die Rückzahlung zur Insolvenz des Darlehensnehmers führen würde.
  • Verharmlosung der wirtschaftlichen Risiken: Die Plattform als Vermittlerin suggerierte, es handele sich um ein Darlehen mit fester Laufzeit und Rückzahlungsverpflichtung. Tatsächlich sind solche Nachrangdarlehen einer Eigenkapitalbeteiligung gleichzusetzen, allerdings ohne Mitspracherechte de Anleger*innen. Die angegebene Laufzeit war unverbindlich, da die Darlehensnehmer die Rückzahlung verweigern konnten, um eine Insolvenz zu vermeiden.
  • Aufklärungspflichtverletzung über unternehmerische Beteiligung: Ein durchschnittlicher Anleger konnte nicht erkennen, dass es sich bei seiner Anlage um eine unternehmerische Beteiligung und nicht um ein klassisches Darlehen handelte. Das Gericht betonte, dass solche Produkte ausdrücklich als hochriskant gekennzeichnet werden müssen.
  • Unzureichende Hinweise auf rechtliche Probleme: Die Plattform informierte nicht über die fehlende Baugenehmigung für ein Projekt, in das der Beschwerdeführer investiert hatte. Wesentliche Risiken wurden in Zusatzdokumente ausgelagert, anstatt direkt in den Verträgen transparent offengelegt zu werden. 

Anleger gewinnt gegen Crowdfunding-Plattform – Wegweisendes Urteil zu Nachrangdarlehen

Das Urteil betrifft die Haftung von Crowdfunding-Vermittlern, die qualifizierte Nachrangdarlehen vermitteln. Es ist ein wegweisendes Urteil gegen eine Crowdinvesting-Plattform wegen Falschberatung.  

Das Urteil stärkt den Schutz von Kleinanlegern bei Schwarmfinanzierungen und Crowdfunding-Investments erheblich. Plattformbetreiber müssen Anleger klar und deutlich über alle Risiken aufklären. Viele Anleger*innen, die Gelder über Crowdinvesting in Immobilien investieren, wissen nicht, dass qualifizierte Nachrangdarlehen keine gewöhnlichen Kredite sind, sondern einer Eigenkapitalbeteiligung ähneln. Aufgrund des aktuellen Urteils des LG Ravensburg kann dies als Argument in ähnlichen Verfahren gegen Plattformbetreiber oder Emittenten genutzt werden. 

Dies stärkt Schadenersatzansprüche gegen Vermittler, die ihrer Aufklärungspflicht nicht nachkommen. Anleger haben dann einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens.  

Kostenfreie Ersteinschätzung vom Anwalt

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Melanie Poch

Autorin

Melanie Poch, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Anwaltskanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann