Senec-Batteriespeicher: Hintergrund zu den Urteilen
Die Senec-Stromspeicher werden zwischen der Photovoltaikanlage (PV-Anlage) und dem Hausstromnetz installiert. Sie sind speziell für Privathaushalte und kleine Betriebe entwickelt worden, um selbst erzeugten Solarstrom zu speichern und zu nutzen. Seit 2022 kommt es bei Käufern und Käuferinnen von Senec-Stromspeichern zu einem großen Sicherheits- und Vertrauensverlust, ausgelöst durch Brandfälle, technische Defekte, Massenabschaltungen, Leistungsdrosselungen und schleppende Nachbesserungen.
Im März 2022 schaltete der Anbieter aus Sicherheitsgründen zehntausende Speicher per Fernzugriff ab oder drosselte deren Leistung erheblich, um die Probleme zu untersuchen. Die Kunden mussten sich daher monatelang mit 50 bzw. 70 Prozent der vom Anbieter garantierten Leistung zufriedengeben. Seitdem versucht Senec, die Probleme einerseits durch Softwarelösungen und andererseits durch den Austausch der Batterien zu beheben. Im Jahr 2024 startete Senec eine Austauschaktion. Betroffen von der Abschaltung waren die Modelle Senec.Home V3 hybrid, Senec.Home V3 duo und Senec.Home V2.1. Bei diesen Modellen wurden die Batteriemodule durch Lithium-Eisenphosphat-Zellen ersetzt, die als sicherer gelten. Als Entschädigung für die Drosselung der Speicherkapazität bot Senec eine Pauschale von 25 Euro für jede angefangene Woche der Einschränkung an.
Doch die Umsetzung zieht sich hin, was zu großer Frustration unter den Kunden führt. Auch die Entschädigungsangebote wurden teilweise als unzureichend bewertet, wenn sie den entstandenen Schaden nicht vollständig ausgleichen konnten. In der Folge sorgten Senec-Stromspeicher in den letzten Jahren für zahlreiche gerichtliche Auseinandersetzungen.
Bewertung der Mängel bei Senec-Stromspeichern durch Gerichte
Zahlreiche Gerichtsentscheidungen zu Senec-Stromspeichern zeigen, dass Verbraucherrechte bei Mängeln durchgesetzt werden können. Auch Oberlandesgerichte haben verbraucherfreundliche Signale gesendet. So gilt die nachträgliche Leistungsdrosselung eines Heimspeichers – selbst wenn sie aus Sicherheitsgründen erfolgt – als Sachmangel, der Gewährleistungsansprüche wie Rücktritt, Minderung oder Ersatzlieferung auslöst. Kunden und Kundinnen müssen sich also nicht mit weiteren Einschränkungen oder Kulanzangeboten zufriedengeben.
- Brandgefahr: Zahlreiche Gerichte erkennen die erhöhte Brandgefahr und die damit verbundenen Risiken als gravierenden Mangel an. So hebt beispielsweise das Landgericht Ravensburg hervor, dass Senec verpflichtet ist, für eine volle Speicherkapazität sowie für Sicherheit und Zuverlässigkeit zu sorgen. In dem Urteil wird ausdrücklich auf mehrere Brandfälle Bezug genommen und betont, dass Sicherheit oberste Priorität haben muss.
- Leistungseinschränkungen und Drosselungen: In vielen Urteilen wird darauf Bezug genommen, dass Senec-Stromspeicher aus Sicherheitsgründen per Fernwartung gedrosselt oder abgeschaltet wurden. Laut Gerichten stellen diese oft über Monate andauernden Maßnahmen eine erhebliche Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit dar und erfüllen damit den Tatbestand eines Sachmangels. Gerichte stufen eine deutliche Leistungsminderung von 70 % als erheblich ein und bejahen in vielen Fällen den Rücktritt oder die Ersatzlieferung.
Urteile zu Senec-Stromspeichern: Rücktritt, Ersatzlieferung und Garantie
Viele Verbraucher betrachten die Probleme als erheblichen Mangel und verlangen rechtliche Abhilfe, beispielsweise in Form von Rücktritt vom Kaufvertrag, Lieferung eines mangelfreien Ersatzgeräts oder Inanspruchnahme von Herstellergarantien.
Rücktritt und Kaufpreisrückzahlung oder Minderung wegen Mängeln
Käufer von Senec-Stromspeichern haben aufgrund der nachträglichen Drosselung ihrer Batteriespeicher oder dokumentierter Sicherheitsmängel (Brand- oder Explosionsgefahr) den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und Rückzahlung des Kaufpreises bzw. eine Minderung des Kaufpreises gefordert. Die Gerichte bewerten die Leistungsreduzierung der Senec-Speicher in der Regel als erheblichen Sachmangel, der eine Rückabwicklung des Vertrages rechtfertigt.
- LG Bielefeld, Urteil vom 23.01.2025 (Az. 9 O 212/24): Auch das Landgericht Bielefeld bejahte den Rücktritt und verurteilte einen Händler dazu, dem Käufer den vollen Kaufpreis plus Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Senec.Home V3 Hybrid Duo zu erstatten. Die Richter sahen in der dauerhaften Kapazitätsreduzierung auf 70 % einen erheblichen Sachmangel, der den Kunden zum Vertragsrücktritt berechtigt. Mit den vom Hersteller Senec angebotenen „Kulanzzahlungen” musste sich der Kläger nicht begnügen. Die Ausgleichszahlungen waren nach Auffassung des Gerichts unzureichend.
- LG Köln, Urteil vom 17.01.2025: Das Landgericht Köln verurteilte die Senec GmbH dazu, dem Kläger rund 8.700 Euro nebst Zinsen zu zahlen – Zug um Zug gegen Rückgabe eines Batteriespeichers des Typs „SENEC V3 Hybrid duo”. Der Speicher wurde aufgrund mehrerer Sicherheitsprobleme durch Fernzugriffe des Herstellers in seiner Leistung dauerhaft gedrosselt und schließlich vollständig außer Betrieb gesetzt. Das Gericht sah darin einen erheblichen Mangel, der bereits bei Gefahrübergang vorgelegen habe, da die systematischen Eingriffe des Herstellers auf Sicherheitsmängel der Speicherreihe zurückzuführen seien. Der Kläger habe deshalb zu Recht einen Teilrücktritt vom Vertrag erklärt. Vom ursprünglichen Kaufpreis musste er sich einen Wertersatz für die zwischenzeitliche Nutzung des Geräts anrechnen lassen.
- LG Oldenburg, Urteil vom 06.11.2024 (Az. 9 O 251/24): Das Landgericht Oldenburg sprach dem Käufer eines um 70 Prozent gedrosselten Senec-Batteriespeichers ein Rücktrittsrecht zu. Das Gericht stellte klar, dass der Käufer darauf vertrauen durfte, den Speicher zehn Jahre lang mit voller Kapazität nutzen zu können, und nicht damit rechnen musste, dass der Hersteller ihn nach Belieben drosselt. Das OLG Oldenburg (Az. 2 U 145/24) bestätigte diese Sicht in einem Hinweis. Nachdem das OLG seine verbraucherfreundliche Einschätzung signalisiert hatte, nahmen der Händler und Senec die Berufung zurück. Damit ist das verbraucherfreundliche Urteil rechtskräftig.
- LG Leipzig, Urteil vom 23.10.2024, Az. 06 O 955/24: Wegen dokumentierter Brandvorfälle hat das Landgericht Leipzig eine Minderung des Kaufpreises um 30 % für gerechtfertigt erachtet. Der Kläger behält den Speicher, da er eine Minderung des Kaufpreises statt eines Rücktritts vom Kaufvertrag gefordert hat. Das Gericht ging auch vom Sachmangel „Gefahrenverdacht“ aus. Das OLG Dresden (Az. 6 U 1500/24) hat signalisiert, diese Sicht zu teilen.
- LG Stuttgart, Urteil vom 10.10.2024 (Az. 55 O 45/24): Das Landgericht Stuttgart verurteilte einen Senec-Fachhändler dazu, eine Photovoltaikanlage mitsamt Speicher zurückzunehmen und den Kaufpreis in Höhe von 16.735 Euro zu erstatten. Das Gericht wertete die nachträgliche Kapazitätsdrosselung als erheblichen Sachmangel, da der Speicher die vertraglich zugesicherte Leistung nicht mehr erbringt. Die Berufung auf eine angebliche „Sicherheitsmaßnahme” akzeptierte das Gericht nicht, da die Drosselung eine unzulässige Einschränkung des Leistungsversprechens darstelle. Zusätzlich wertete das Gericht festgestellte Montagefehler sowie die Brandgefahr als weitere Mängel.
- LG Münster, Urteil vom 06.09.2023 (Az. 212 O 68/23): Das Landgericht Münster verurteilte einen Senec-Vertragshändler zur Rückzahlung von 15.517,60 Euro gegen Rückgabe des Batteriespeichers. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der auf 70 % gedrosselte Speicher nicht frei von Sachmängeln war und die vertraglich geschuldete Beschaffenheit verfehlte. Somit konnte der Käufer vom Vertrag zurücktreten.
Zahlreiche Landgerichte haben bestätigt, dass eine nachträgliche Drosselung der Speicherkapazität sowie eine erhöhte Brandgefahr einen Sachmangel darstellen und Rücktrittsrechte oder eine Kaufpreisminderung auslösen.
Austausch- und Ersatzlieferungsansprüche
Anstelle eines Rücktritts und einer Rückerstattung wünschen sich manche Käufer die Lieferung eines neuen, mangelfreien Stromspeichers, insbesondere wenn sie ihre Photovoltaikanlage weiter nutzen möchten und lediglich einen funktionierenden Speicher benötigen. Das Gewährleistungsrecht sieht auch die Nacherfüllung vor. Seit 2022 können Verbraucher zwischen Nachbesserung (Reparatur) und Ersatzlieferung wählen, sofern dies nicht unverhältnismäßig ist.
- LG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.09.2024 (Az. 2-31 O 77/24): Das Landgericht Frankfurt verurteilte einen Senec-Fachhändler dazu, dem Kläger einen neuen, mangelfreien Stromspeicher zu liefern. Der Käufer hatte im Frühjahr 2022 eine PV-Anlage mit dem Speicher Senec.Home V3 Hybrid Duo erworben. Kurz darauf wurde der Speicher von Senec aus Sicherheitsgründen zunächst per Fernzugriff abgeschaltet und dann dauerhaft auf 70 % der Leistung gedrosselt. Die Entschädigungsangebote des Herstellers konnten den Schaden nicht vollständig ausgleichen. Da sich dieser Zustand über Monate hinzog, entschloss sich der Kunde, Klage auf Neulieferung eines intakten Speichers zu erheben. Die Frankfurter Richter stellten fest, dass der dauerhaft gedrosselte Speicher einen Sachmangel darstellt, da eine derart unzumutbare Einschränkung der Funktionsfähigkeit den vertraglichen Anforderungen widerspricht. Der Versuch von Senec, die Leistungsreduzierung durch Geldzahlungen zu kompensieren, reichte laut Gericht nicht aus. Der Kläger habe Anspruch auf ein neues Gerät in vertragsgemäßem Zustand.
In der Praxis bedeutet dies: Wenn eine Reparatur oder ein Modultausch ungewiss oder unzumutbar verzögert bleibt, können Käufer anstelle einer Rückerstattung auch die Lieferung eines neuen Speichers verlangen. In vielen Fällen entspricht der Austausch letztlich einem Rücktritt (der Händler nimmt die defekte Anlage zurück und liefert eine neue). Entscheidend ist aber: Verbraucher müssen nicht endlos auf Kulanz des Herstellers hoffen. Sie können vor Gericht durchsetzen, dass ein mangelfreier Speicher geliefert wird, wenn der ursprüngliche Speicher nicht innerhalb einer angemessenen Frist repariert werden kann.
Garantieansprüche gegenüber dem Hersteller
Neben den gesetzlichen Gewährleistungsrechten haben Senec-Kunden auch Garantieansprüche gegenüber dem Hersteller Senec. Senec gewährt für seine Stromspeicher in der Regel eine zehnjährige Herstellergarantie inklusive einer Leistungs- und Kapazitätsgarantie. Beispielsweise wird zugesichert, dass der Speicher innerhalb von zehn Jahren noch 100 % der Nennkapazität aufweist. Eine nachträgliche Drosselung auf 70 % der Kapazität schon nach kurzer Nutzungsdauer verstößt klar gegen ein solches Leistungsversprechen.
Wichtig ist: Garantieansprüche bestehen zusätzlich zur Gewährleistung und können nach Ablauf der zweijährigen Gewährleistungsfrist entscheidend sein, um Ansprüche durchzusetzen.
- LG Ravensburg, Urteil vom 09.05.2025 (Az. 2 O 187/24): Das Landgericht Ravensburg verpflichtete die Senec GmbH im Rahmen der Garantie zur direkten Mangelbeseitigung. Die Klägerin hatte über einen Händler einen SENEC.Home 5.0 Li V2.1-Speicher erworben. Aufgrund bekannter Probleme wurde dieser aus Sicherheitsgründen per Fernwartung abgeschaltet bzw. gedrosselt. Das LG Ravensburg stellte klar, dass Senec auf Grundlage der Garantiebedingungen dazu verpflichtet ist, den Speicher wieder voll funktionsfähig zu machen. Konkret muss Senec den mangelhaften Stromspeicher entweder reparieren oder durch gleichwertige Teile austauschen, um die volle Speicherkapazität, Sicherheit und Zuverlässigkeit wiederherzustellen. Dabei betonte das Gericht explizit die Brandgefahr und die daraus resultierenden Sicherheitsrisiken.
- LG Zweibrücken, Urteil vom 17.01.2025, Az. 1 O 38/24: Auch das Landgericht Zweibrücken verurteilte Senec, den Hersteller eines Batteriespeichersystems, zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Speichers durch Reparatur oder Austausch. Der Kläger berief sich auf eine Herstellergarantie und forderte die vollständige Wiederherstellung der Speicherkapazität sowie die Beseitigung der Sicherheitsrisiken. Das Gericht stellte fest, dass eine Garantievereinbarung bestand und ein Garantiefall vorlag, da die Speicherkapazität auf 70 % der vereinbarten Leistung gesunken war. Senec muss das Gerät in einen funktionsfähigen Zustand versetzen. Zudem stellte das Gericht fest, dass der Hersteller bis 2031 oder bis zum Erreichen von 12.000 Ladezyklen verpflichtet ist, ähnliche Funktionsminderungen ebenfalls zu beheben.
- LG Bonn, Urteil vom 17.01.2025: Das Landgericht Bonn hat entschieden, dass Senec verpflichtet ist, die garantierte Nennspeicherkapazität von 10 kWh beim Batteriespeicher des Klägers wiederherzustellen und die softwaregesteuerte Reduzierung der Kapazität zu beseitigen. Hintergrund war die Drosselung des Speichers durch Fernzugriff nach mehreren Brandereignissen. Das Gericht sah in der fortbestehenden Kapazitätsbegrenzung einen rechtswidrigen Eingriff in das Eigentum des Klägers, zumal die Beklagte keine aktuelle Gefahrenlage mehr geltend machte.
Für betroffene Kunden zeigt der Erfolg: Sie können den Hersteller direkt in die Pflicht nehmen, sofern eine Garantiezusage besteht. Senec-Kunden können ihre Garantieansprüche unabhängig von der Gewährleistung gerichtlich durchsetzen, wenn Senec seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Die Urteile bestätigen, dass Gerichte die Garantieversprechen des Herstellers verbindlich nehmen – kommt es zu erheblichen Leistungseinbußen oder Sicherheitsrisiken, steht den Betroffenen im Rahmen der Garantie ein Anspruch auf schnelle Nachbesserung oder Austausch zu.