Praxisbeispiele für Fehler in Widerrufsbelehrungen bei Immobilienkreditverträgen
Wurde keine Widerrufsbelehrung erteilt oder finden sich Fehler in Widerrufsbelehrungen von Immobilienkreditverträgen, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen, so dass sich der Verbraucher noch nach Jahren vom Vertrag lösen kann. Es gibt eine Vielzahl von Urteilen zu fehlerhaften Widerrufsbelehrungen. Häufige Praxisbeispiele zu fehlerhaften Widerrufsbelehrungen in Immobilienkreditverträgen haben wir im Folgenden zusammengestellt.
- Falsche Fristbelehrung
Oft informieren Banken und Sparkassen in den Belehrungen nicht richtig über den Beginn der Widerrufsfrist. Folgende Formulierung ist somit unzureichend: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ Der Verbraucher kann der Verwendung des Wortes „frühestens“ zwar entnehmen, dass der Beginn der Widerrufsfrist noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, er wird aber im Unklaren darüber gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt. Das Wort „frühestens“ erzeugt Unklarheit und suggeriert dem Darlehensnehmer fälschlicherweise, die Frist könne eventuell auch später beginnen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010, Az. VIII ZR 82/10 – Online-Kaufvertrag über einen Computer; BGH, Urteil vom 1. März 2012, Az. III ZR 83/11 – fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung; BGH, Urteil vom 19. Juli 2012, Az. III ZR 252/11 – fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung). - Fehlender Hinweis auf Rechtsfolgen
Werden in der Belehrung die Rechtsfolgen des Widerrufs nicht erläutert oder gar falsch dargestellt, ist die Belehrung nicht korrekt (LG Köln, Urteil vom 17. September 2013, Az. 21 O 475/12 – Kombination von Darlehens- und Lebensversicherungsvertrag). Steht in der Belehrung, dass Zahlungen innerhalb von 30 Tagen nach Absendung der „Widerrufsbelehrung“ erstattet werden müssen, ist dies unzutreffend und nicht nur ein Schreibversehen der Bank. Es hätte Absendung der „Widerrufserklärung“ heißen müssen (KG Berlin, Beschluss vom 20. Oktober 2015, Az. 4 W 16/15 zur DKB). - Ergänzende Formulierungen
Ergänzende Formulierungen, die für den Kreditnehmer verwirrend und unverständlich sind, machen eine Belehrung fehlerhaft (BGH, Urteil vom 10. März 2009, Az. XI ZR 33/08 – Kombination aus Immobilienfonds und Darlehen). - Ergänzende Fußnote
Einige Banken haben bei der Widerrufsfrist folgende Fußnote angefügt: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Eine solche Fußnote ist in dem Muster nicht vorgesehen und richtete sich offenbar an die Mitarbeiter der Bank, die nach einer Prüfung die einschlägige Frist einsetzen sollten. Beim Verbraucher kann ein solcher Hinweis zu Unklarheiten führen. Der Verbraucher könnte denken, er müsse selbst die Frist noch prüfen. Die Widerrufsbelehrung ist deshalb unwirksam (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – Az. XI ZR 564/15; OLG München, Urteil vom 21. Oktober 2013, Az. 19 U 1208/13, LG Siegen, Urteil vom 24. Juli 2015, Az. 2 O 350/14). - Keine Anpassung auf den Einzelfall
Hat das Kreditinstitut alle Gestaltungshinweise in der Belehrung aufgeführt, die für den konkreten Vertrag nicht von Bedeutung waren, ist die Belehrung mit Fehlern behaftet (LG Köln, Urteil vom 17. September 2013, Az. 21 O 475/12 – Kombination von Darlehens- und Lebensversicherungsvertrag). - Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot
(BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 381/16). Die dort gegenständliche Widerrufsbelehrung enthielt unter anderem die folgenden Formulierungen:
„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag[,] nachdem Ihnen eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags zur Verfügung gestellt wurden.“
Bei der Auslegung der vorformulierten Widerrufsbelehrung kam der BGH zu dem Schluss, dass diese unzureichend deutlich formuliert sei. Entgegen der für die Vertragsbeziehungen der Parteien maßgebenden Rechtslage könne sie so verstanden werden kann, die Widerrufsfrist laufe unabhängig von der Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers an. Dabei sei unerheblich, ob der Inhalt im Präsenztermin bei Vertragsabschluss vom Kreditnehmer richtig verstanden worden sei oder nicht. Es komme auf eine objektive Auslegung und nicht auf die konkrete Situation an. - Fehlender Hinweis auf die gesetzlichen Pflichtangaben
Benennt die Widerrufsbelehrung nicht die gesetzlichen Pflichtangaben, ist diese nicht korrekt und der Darlehensvertrag noch Jahre nach Vertragsschluss widerrufbar. In einem Fall vor dem OLG Saarbrücken hält das Gericht einen Immobilienkreditvertrag der Vereinigte Volksbank eG Saarlouis-Sulzbach/Saar von 2013 für widerruflich, weil die Bank es versäumte, im Darlehensvertrag die erforderlichen Angaben zu den monatlichen Zinszahlungen anzugeben (Urteil vom 22.04.2021, Az. 4 U 27/20). - Falscher Hinweis zur Textform
In einem Fall vor dem Oberlandesgericht Celle hat das Gericht den im Mai 2020 erklärten Widerruf eines Immobilienkreditvertrages aus Juni 2014 als wirksam erachtet (Urteil vom 30.03.2022, Az. 3 U 173/21). Die 14tägige Widerrufsfrist habe wegen der fehlerhaften Widerrufsinformation der DSL Bank nicht zu laufen begonnen: Eine Widerrufsbelehrung ist nach Ansicht des Gerichts auch dann fehlerhaft, wenn sie vorgibt, die Widerrufserklärung erfordere die Textform, während § 355 Abs. 1 BGB in der seit dem 13. Juni 2014 geltenden Fassung kein Formerfordernis für die Widerrufserklärung mehr vorsieht, der Widerruf auch mündlich erfolgen kann.
Ob eine Widerrufsbelehrung im Einzelfall unwirksam ist, muss durch einen spezialisierten Rechtsanwalt geprüft werden. Gibt es Fehler in der Widerrufsbelehrung oder fehlt sie sogar ganz, so beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen und der Widerruf des Kreditvertrags kann oftmals erklärt werden.
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