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Unzulässige Kündigung und Zinsanpassungs­klausel beim Prämiensparvertrag

Nach einem BGH-Urteil stehen Betroffenen bei falschen Zinsberechnungen Nachforderungen zu. Wir erläutern, wie Sie sich gegen eine Kündigung oder bei einer Zinsfalschberechnung wehren und prüfen Ihren Fall kostenfrei und unverbindlich.

Prämiensparvertrag: Ihre Rechte bei Kündigung oder bei einer Zinsfalschberechnung

Banken und Sparkassen warben in den 90er Jahren und Anfang der 2000er Jahre mit hochverzinsten Prämiensparverträgen. Beim Prämiensparen erhalten Kunden neben dem Grundzins auf den gesamten angesparten Betrag eine Prämie auf die in einem Jahr eingezahlte Summe. Diese Prämie steigt im Zeitverlauf. Besonders attraktiv waren die Prämiensparverträge mit einer langen Laufzeit, da ein jährlicher Anstieg die Verzinsung stark anwachsen ließ. Ab einer Anlagedauer von fünfzehn Jahren konnte der Bonus beispielsweise auf bis zu 50% der in dem Jahr eingezahlten Sparbeträge steigen. Prämiensparverträge beschäftigen den Verbraucherschutz in zweierlei Hinsicht. Zum einen kündigen viele Sparkassen in der jüngeren Vergangenheit hochverzinste Prämiensparverträge – oftmals aber unrechtmäßig. Sparer müssen bei einer Kündigung oder einem Tarifwechsel mit enormen Verlusten rechnen. Zum anderen fehlt in vielen, vor allem älteren Prämiensparverträgen von Banken und Sparkassen eine wirksame Zinsanpassungsklausel. Bei einer unwirksamen Zinsanpassungsklausel wurden Sparern regelmäßig zu wenig Zinsen und Prämien berechnet. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte mit Urteil vom 06.10.2021, Az. XI ZR 234/20, dass bestimmte Klauseln in Prämiensparverträge der Sparkassen unzulässig sind und Sparern somit grundsätzlich Nachzahlungen zustehen. 

1. Unwirksame Zinsanpassungsklauseln – Zu wenig Zinsen berechnet

Eine Studie der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zeigt auf, dass viele Prämiensparverträge und Riester-Banksparpläne von Banken und Sparkassen unzulässige Klauseln zur Zinsanpassung enthalten. Fast 140 Geldhäuser haben laut Verbraucherzentrale Zinsanpassungsklauseln angewendet, die ihren Kunden zum Nachteil – also zu wenig – Zinsen berechnet haben. Damit können sich hohe Zinsnachforderungen für Verbraucher bei Sparkassen und Banken ergeben.

Was ist eine Zinsanpassungsklausel? Sparkassen und Banken haben in ihren Vertragsbedingungen Zinsanpassungsklauseln – auch Zinsänderungsklauseln genannt – verwendet. Die strittigen Sparverträge haben in der Regel eine steigende Bonuszahlung sowie einen variablen Grundzins, mit dem das jährliche Guthaben verzinst wird. Der Grundzins ist an einen Referenzzins gebunden, der die Marktentwicklung widerspiegelt. Die Zinsen für Ratensparverträge mit variablem Zins und laufzeitabhängiger Prämie werden regelmäßig von Bank oder Sparkasse an den Referenzzins angepasst. Aufgrund der Zinsanpassungsklauseln haben sie über Änderungen der vertraglich vorgesehenen Verzinsung mit einem unbegrenzten, einseitigen Ermessensspielraum entschieden. Derartige Klauseln hat der Bundesgerichtshof in mehreren Verfahren für unzulässig erklärt (Az. XI ZR 140/03, Az. XI ZR 52/08, Az. XI ZR 197/09, Az. XI ZR 508/15). Der BGH hielt die Klauseln für nicht ausreichend transparent, da Verbraucher nicht nachvollziehen können, wie sich die Zinsen ändern. Es bestehe die Gefahr, dass die Sparkasse die Zinsen im Vertragsverlauf zum eigenen Vorteil ändert.

Eine unwirksame Zinsanpassungsklausel entfällt vollständig. Somit entsteht eine Regelungslücke im Vertrag. Bank oder Sparkasse und Kunde müssen sich auf eine neue eine neue Zinsvereinbarung einigen. In der Praxis können Kunden eine Neuberechnung der Zinsen verlangen. Betroffen sind zum Beispiel folgende Sparkassen Produkte:

  • Prämiensparen flexibel,
  • Sparkasse Versicherungssparen,
  • Sparkasse Vorsorgesparen,
  • S-Prämiensparen

BaFin beim Thema Prämiensparvertrag auf der Seite der Verbraucher

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat in einer Veröffentlichung zum Thema unwirksame Zinsanpassungsklausel vom Februar 2020 darauf hingewiesen, dass Banken ihre Kunden über unwirksame Zinsklauseln in Prämiensparverträgen informieren und ihnen angemessene Lösungen anbieten sollten. Bei richtiger Berechnung der Zinsen stehen den Kunden deutlich höhere Sparzinsen und daher oft noch Tausende Euro an Zinsnachzahlung zu. Durch den Zins- und Zinseszinseffekt entstehen oft sehr hohe Nachzahlungsansprüche der betroffenen Kunden.

Update Juni 2021: Die BaFin hat am 21.06.2021 eine Allgemeinverfügung zu Prämiensparverträgen veröffentlicht, in der sie Kreditinstitute dazu verpflichtet, Prämiensparkunden über unwirksame Zinsanpassungsklauseln zu informieren. Die betroffenen Institute müssen Betroffenen auch erklären, ob sie durch die verwendeten Klauseln zu geringe Zinsen erhalten haben. Sollte das der Fall sein, gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Die Banken müssen eine Nachberechnung erstellen und den Kunden die zu wenig bezahlten Zinsen erstatten.
  2. Die Banken müssen ihren Kunden einen Änderungsvertrag mit einer wirksamen Zinsanpassungsklausel anbieten, der die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berücksichtigt.

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Unwirksame Zinsanpassungsklausel: Das sagen die Gerichte

BGH-Urteil: Zinsänderungsklauseln in Prämiensparverträgen unwirksam

Das oberste deutsche Gericht hat bereits mehrmals verbraucherfreundlich geurteilt. Im Streit um intransparente Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen hat der Bundesgerichtshof (BGH) zuletzt mit Urteil vom 06.10.2021, Az. XI ZR 234/20, entschieden, dass die strittigen Klauseln in Prämiensparverträgen von Sparkassen unwirksam sind und Sparkassen-Kunden Zinsnachforderungen zustehen. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Sachsen gegen die Sparkasse Leipzig in einem Musterfeststellungsverfahren. Betroffen sind insbesondere Prämiensparverträge von Sparkassen aus den 1990er und 2000er Jahren. Die Nachforderungen betragen in vielen Fällen mehrere tausend Euro. Bereits 2004 urteilte der BGH in einem Grundsatzurteil (Az. XI ZR 140/03), dass eine Zinsgestaltung nach „Gutsherrenart“ bei Sparverträgen ungültig sei.

Seine Rechtsprechung im Streit um zu wenig gezahlte Zinsen bestätigte der BGH mit seinem Urteil in einem weiteren Musterklageverfahren der Verbraucherzentrale Sachsen gegen die Sparkasse Vogtland (Urteil vom 24.01.2023, Az. XI ZR 257/21). Der BGH erteilte Zinsänderungsklauseln, durch welche die Sparkassen den jeweiligen Zinssatz einseitig anpassen konnten, eine Absage. Konkret müsse die Sparkasse  Zinsanpassungen unter Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstands des Vertragszinssatzes zum Referenzzinssatz (Verhältnismethode) vornehmen.

OLG Dresden entscheidet mehrmals zugunsten betroffener Sparer

Das OLG Dresden hat bereits mehrmals (Musterfeststellungsurteile vom 22. 04. 2020, Az. 5 MK 1 / 19, vom 17.06.2020, Az. 5 MK 1/20 und vom 9.09.2020, Az. 5 MK 2/19) entschieden, dass die Zinsanpassungsklauseln in Sparverträgen unwirksam sind. Im ersten Musterfestellungsklageverfahren begehrte die Verbraucherzentrale Sachsen e.V. die Feststellung der rechtlichen Voraussetzungen der Zinsberechnung bei Sparverträgen »S-Prämiensparen flexibel« der Stadt und Kreissparkasse Leipzig. In zweiten Verfahren hat das Oberlandesgericht Dresden an seiner Rechtsauffassung zu einseitigen Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen festgehalten. In diesem Fall führte die Verbraucherzentrale Sachsen e.V. die Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Zwickau. In einem dritten Verfahren der Verbraucherzentrale Sachsen e.V. gegen die Erzgebirgssparkasse urteilte das OLG Dresden ebenfalls, das die verwendeten Zinsanpassungsklauseln unwirksam seien. Auch im Jahr 2021 hat das OLG Dresden in zwei weiteren Musterfeststellungsklagen gegen die Sparkasse Meißen sowie die Sparkasse Vogtland an seiner Rechtsprechung zu Prämiensparverträgen festgehalten (Az. 5 MK 3/20 und 5 MK 2/20). Kunden können nun für die gesamte Vertragslaufzeit die nicht korrekt berechneten Zinsen nachfordern. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Bundesweit laufen bislang acht Musterfeststellungsklagen zum Thema Prämiensparverträge gegen:

  • Stadtsparkasse München (Az. 102 MK 1/21)
  • Sparkasse Muldental (Az. 5 MK 4/20)
  • Sparkasse Meißen (Az. 5 MK 3/20)
  • Saalesparkasse (Az. 5 MK 1/20)
  • Sparkasse Nürnberg (Az. 101 MK 1/20)
  • Sparkasse Vogtland (Az. 5 MK 2/20)
  • Sparkasse Zwickau (Az. 5 MK 1/20)
  • Erzgebirgssparkasse (Az. 5 MK 2/19)

Im Fall der Saalesparkasse hat das Oberlandesgericht Naumburg am 08.02.2023 ein Urteil gesprochen und darin erstmals festgelegt, wie die Sparkasse die Zinsen hätte berechnen müssen: Danach ist die beklagte Sparkasse verpflichtet, die Zinsanpassung auf der Grundlage der Zinsreihe der Deutschen Bundesbank für börsennotierte Bundeswertpapiere mit 8 bis 15-jähriger Restlaufzeit vorzunehmen. Die Vornahme der Zinsanpassung ist unter Wahrung des relativen Zinsabstandes monatlich und ohne Berücksichtigung einer Zinsschwelle durchzuführen. Einschätzungen des Verbraucherzentrale Bundesverbandes zufolge können Betroffene nun mit hohen Nachzahlungen rechnen.

Wann verjähren die Ansprüche auf Neuberechnung und Nachzahlung in Prämiensparverträgen?

Der BGH hat in seinem Urteil von 06.10.2021 auch festgestellt, dass die Verjährung erst mit Beendigung der Prämiensparverträge zu laufen beginnt. Die Verjährungsfrist beträgt in der Regel drei Jahre. Dies kann vor allem für jene Sparer wichtig sein, die bereits eine Kündigung erhalten haben. Im Jahr 2019 haben viele Sparkassen tausenden von Anlegern die Kündigung Ihrer Prämiensparverträge ausgesprochen. Wurde ein Prämiensparvertrag im Jahr 2019 gekündigt, verjähren die Ansprüche Ende des Jahres 2022. Wir empfehlen allen Betroffenen daher rechtzeitig zu handeln und verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen. Sollte Ihr Prämiensparvertrag aktuell noch laufen, hat die Verjährung noch nicht zu laufen begonnen.

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2. Unrechtmäßige Kündigungen bei Prämiensparverträgen 

Nach Jahren der Niedrigzinsperiode suchen die Sparkassen und auch Genossenschaftsbanken einen Weg um die “teuren“ Altverträge zu beenden. Denn die vereinbarten Zinsen und Prämien liegen weit über den aktuellen Marktzinsen. Oftmals bieten sie einen Tarifwechsel an oder sprechen wie schon in mehreren tausend Fällen geschehen, willkürlich eine Kündigung aus. Aktuell haben viele Sparverträge zudem die maximale Prämienstufe erreicht. Einer Umfrage des Finanzportals biallo.de sind bislang rund 320.000 Verträge von einer Kündigung durch Sparkassen betroffen. Oft sind die Kündigungen aber nicht rechtens.

BGH zur Kündigung von Prämiensparverträgen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine ordentliche Kündigung durch Sparkassen auch nach Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen ist, wenn eine längere Laufzeit vereinbart ist und Bank und Kunde nichts anderes vereinbart haben (Urteil vom 14.11.2023, Az. XI ZR 88/23). In dem Verfahren ging es um zwei Verträge aus den Jahren 1994 und 1996. In den Vertragsurkunden war eine Laufzeit von 99 Jahren vereinbart. Im Jahr 2019 kündigte die Sparkasse beide Sparverträge.

Bei vielen Kündigungen berufen sich Sparkassen und Banken auf ein weiteres Urteil des Bundesgerichtshofs. Der BGH hat am 14. Mai 2019 entschieden, dass Sparkassen langfristige Sparverträge unter bestimmten Umständen einseitig kündigen dürfen (Az. XI ZR 345/18). In dem Urteil ging es um einen Vertrag „S-Prämiensparen Flexibel“ der Kreissparkasse Stendal, bei dem weder eine feste Laufzeit noch eine Mindestlaufzeit vereinbart war. Der Vertrag erreichte nach 15 Jahren die höchste Prämienstufe. Daher durfte die Sparkasse den teuren Altvertrag nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen „bei Vorliegen eines wichtigen Grundes“ kündigen.

In einem weiteren Verfahren zur vorzeitigen Kündigung von Prämiensparverträgen der Verbraucherzentrale Thüringen hat der Bundesgerichtshof bestätigt, dass die ordentliche Kündigung durch mehrere Sparkassen bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen ist (Urteil vom 25.07.2023, Az. XI ZR 221/22).

EuGH stärkt Verbraucherrechte

Der Europäische Gerichtshof hat in einem Fall zu einer strittigen Schadenersatzklausel entschieden, dass diese missbräuchlich ist, für nichtig erklärt werden muss und die Klausel nicht durch eine dispositive nationale Vorschrift ersetzt werden kann (Urteil vom 8.12.2022, Az. C-625/21). Das Urteil hat auch praktische Bedeutung hinsichtlich der Kündigung von Prämiensparverträgen: Sparkassen hatten kein Recht zur Kündigung vor Mai 2015 geschlossener Verträge. Erst wenn Betroffene danach Sparkassen-AGBs mit neuer Kündigungsregel zugestimmt haben, haben diese ein Kündigungsrecht.

Möglichkeiten für betroffene Sparer

Betroffene Kunden sollten wissen, dass viele der ausgesprochenen Kündigungen unserer Meinung nach ungültig sind. Wurde beispielsweise die festgesetzte Mindestlaufzeit oder die höchste Prämienstufe nicht erreicht, kann das genannte BGH-Urteil nicht analog übertragen werden. Viele Prämiensparverträge enthalten eine aber ist eine fest vereinbarte Laufzeit von 20, 30 oder mehr Jahren. In diesen Fällen kann die Sparkasse wahrscheinlich keine vorzeitige Kündigung aussprechen. Wir raten in diesen Fällen, den Vertrag von einer spezialisierten Anwaltskanzlei prüfen zu lassen – und gegebenenfalls der Kündigung zu widersprechen.

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Kündigung und Zinsfalschberechnung Prämiensparvertrag: Was können betroffene Sparer tun?

Sparer sollten prüfen, ob nachteilige Zinsänderungen bei ihrem Prämiensparvertrag vorliegen und Kunden dann Ansprüche auf Zinsnachzahlungen haben. Sparkassen und Banken müssen Sparern ihre Zinsänderungen offenlegen. Dass es dabei nicht um kleine Beträge geht, hat die Verbraucherzentrale Sachsen gemeinsam mit Kreditsachverständigen errechnet. Danach ergibt sich ein Nachzahlungsanspruch in Höhe von durchschnittlich 3.100,- EUR. Aufgrund des Zins- und Zinseszinseffektes liegen die Beträge oft bei mehreren tausend Euro.

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