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HCI Shipping Select XVII aktuell: Urteil gegen freien Finanzvertrieb

Veröffentlicht von Georgios Aslanidis am 24. Mai 2017
Aktualisiert am 21. Januar 2025
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In einem von der Kanzlei AKH-H erstrittenen Urteil vom 15. Mai 2017 hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg einen freien Finanzvertrieb zum Schadensersatz und zur Rückabwicklung der Schiffsfondsbeteiligung am HCI Shipping Select XVII verurteilt.

HCI Shipping Select XVII – LG Nürnberg entscheidet zugunsten der Klägerin

Der Geschäftsführer und Berater eines unabhängigen Finanzvertriebs hatte der Klägerin den geschlossenen Schiffsfonds HCI Shipping Select XVII als sichere und risikolose Kapitalanlage empfohlen. Über die hohen, wertmindernden Provisionen von fast 39 % hatte er sie nicht aufgeklärt. Die Klägerin konnte daher nicht beurteilen, ob ihr Anlagebetrag werterhaltend oder mit hohen Verlusten (hier nach den Feststellungen des Landgerichts sogar knapp 39 % Provision) angelegt war.

Das Landgericht Nürnberg hat der Klage der Anlegerin stattgegeben und den freien Finanzvertrieb zur Zahlung von Schadensersatz gegen Rückübertragung des Fonds an den freien Finanzvertrieb verurteilt.

Die Beklagte behauptete im Prozess, sie habe keine Beratungsfehler begangen und sei im Übrigen zur Übergabe des Emissionsprospekts im Jahr 2006 rechtlich nicht verpflichtet gewesen. Der Beweisaufnahme vor dem Landgericht Nürnberg hielten die Behauptungen des beklagten freien Vertriebs nicht stand. So stand nach der Zeugenvernehmung des damaligen Beraters und jetzigen Geschäftsführers der Beklagten zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beratung des freien Finanzvertriebs hinsichtlich der Provisionen fehlerhaft war, weil diese unterlassen wurde und nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bereits im Jahr 2006 der Emissionsprospekt dem Anleger so rechtzeitig vor der Zeichnung übergeben werden muss, dass der Anleger ihn lesen und verstehen kann. Gegen diese Pflicht zur rechtzeitigen Prospektübergabe hat der freie Vertrieb auch im vorliegenden Fall verstoßen.

Unterbliebene Aufklärung über die Höhe der abfließenden Provision

So konnte mit Hilfe unserer Kanzlei auch herausgearbeitet werden, dass die Beratung des freien Vertriebs hinsichtlich der aus der Anlagesumme der Klägerin gezahlten Provisionen von bis zu 39% nicht ordnungsgemäß war, da der Berater und Geschäftsführer des freien Finanzvertriebs die Klägerin nicht darüber aufgeklärt hat, dass nicht die gesamte Anlagesumme werthaltig investiert wird, sondern nur ca. 61% werthaltig in die Schiffe des vorliegenden geschlossenen Schiffsfonds „HCI Shipping Select XVII“ investiert werden und der Rest von knapp 39% des Anlagekapitals wertmindernd an den Vertrieb fließt. Werden jedoch mehr als 15% des Anlegerkapitals nicht werthaltig investiert, sondern fließen in den Vertrieb, so fordert der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine ungefragte Aufklärungspflicht des freien Vertriebs hierüber.

Rechtsprechung zu Innenprovisionen unverändert aktuell

Wer als Anleger etwas investiert, erwartet Aufklärung, wenn seine Investition geringer ausfällt als erwartet, auch wenn er sich von einem freien Anlageberater (und nicht von einer Bank) beraten lässt. „Pecunia non olet“ gilt also nicht generell – manchmal „stinkt“ Geld eben doch. Dies ist dann der Fall, wenn der freie Anlageberater besonders hohe Provisionen aus dem Anlagevermögen erhält und dies seinem Kunden nicht ungefragt mitteilt. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes geht in ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung davon aus, dass eine Aufklärungspflicht über Provisionen in früheren Jahren (wie hier zum Beispiel im Jahre 2006) immer dann besteht, wenn die Provisionen höher als 15% der Anlagesumme sind.

Die Beratung durch den freien Finanzvertrieb war hinsichtlich der aus dem Anlagekapital abfließenden und damit die Anlage mindernden Provisionen nicht ordnungsgemäß. Denn der Berater und Geschäftsführer des freien Finanzvertriebs hat die Klägerin nicht darüber aufgeklärt, dass mehr als 15 % – hier bis zu 39 % – ihres Kapitals nicht in den Fonds investiert werden, sondern in den Vertrieb fließen. Folgerichtig stellte das Gericht fest, dass ein Anleger, der sich daran stört, dass nicht seine gesamte Anlagesumme werthaltig investiert wird, seine Anlage zurück geben darf. Zudem ist der freie Vertrieb dann zum vollständigen Schadensersatz verpflichtet, wenn diese Provisionen 15% der Anlagesumme übersteigen und eine entsprechende Aufklärung des Anlegers nicht stattgefunden hat und auch der zugehörige Emissionsprospekt dem Anleger nicht übergeben wurde.

Aufklärungspflichten von freien Vertrieben über Provisionen bestanden schon im Jahre 2006, so dass auch länger zurück liegende Zeichnungen geschädigter Anleger von der Provisionsrechtsprechung des Bundesgerichtshofes profitieren können.

Das Landgericht Nürnberg verurteilte den freien Finanzvertrieb daher zum Schadensersatz einschließlich des entgangenen Zinsgewinns. Zutreffend führt das Gericht aus, dass eine Schätzung dieser Zinsen zulässig ist, da die Klägerin den vollständigen Anlagebetrag ansonsten auf einem Sparkonto gewinnbringend investiert hätte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

HCI Shipping Select XVII – Fazit zum Urteil

Das Urteil stärkt erneut die Position wirtschaftlich geschädigter Anleger geschlossener Fonds, die ihre Beteiligung über einen freien Vertrieb erworben haben. Die Entscheidung des Landgerichts Nürnberg reiht sich ein in eine Vielzahl von Urteilen im Zusammenhang mit geschlossenen Fondsbeteiligungen, die die Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann für ihre Mandanten bis hin zum Bundesgerichtshof erstritten hat.

Was können betroffene Fondsanleger jetzt tun?

Anlegern geschlossener Fonds empfehlen wir, ihre in Betracht kommenden Ansprüche durch einen auf Kapitalanlagerecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Kontaktieren Sie uns: Über unser Kontaktformular haben Anleger geschlossener Fonds die Möglichkeit, mit uns in Verbindung zu treten und sich umfassend über die in ihrem Fall bestehenden Möglichkeiten informieren zu lassen.