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Widerruf Autokredit: OLG Frankfurt am Main verurteilt MCE Bank aufgrund unzulässigem Kaskadenverweis

Veröffentlicht von Annekatrin Schlipf am 27. Oktober 2020

Schrift-Widerrufsrecht-und-Paragraphenzeichen

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 22.09.2020, Az. 10 U 188/19, entschieden, dass bei einer Änderung am gesetzlichen Muster einer Widerrufsinformation der sogenannte Kaskadenverweis dazu führt, dass ein Autokreditvertrag auch nach langer Zeit noch widerrufen werden kann. In seinem verbraucherfreundlichen Urteil kommt das OLG Frankfurt weiter  zu dem Schluss, dass Verbraucher den Widerrufsjoker auch dann noch ziehen können, wenn das Fahrzeug in der Zwischenzeit verkauft wurde.

Im Fall vor dem OLG Frankfurt am Main ging es um ein Auto von Mitsubishi, das die Kläger im September 2015 gekauft hatten. Einen Teil des Kaufpreises hatten sie über einen Autokredit bei der MCE Bank finanziert. Im Mai 2018 erklärten die Kläger den Widerruf und verkauften das Auto im Folgejahr.

OLG Frankfurt zum Kaskadenverweis und zur Gesetzlichkeitsfiktion

Grundsätzlich sehen Kreditverträge vor, dass Darlehensnehmer ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen können. Formfehler in Autokredit- oder Leasingverträgen können aber dazu führen, dass die Frist nicht zu laufen beginnt und ein Verbraucher den Widerruf eines Leasingvertrags noch lange nach Abschluss erklären kann. Ein solcher Formfehler ist der sogenannte Kaskadenverweis. Wird in einem Vertrag auf ein Gesetz verwiesen wird, das sich wiederum ebenfalls auf ein anderes Gesetz bezieht, handelt es sich um einen Kaskadenverweis. Im Fall einer Kaskadenverweisung kann der Verbraucher auf der Grundlage des Vertrags weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält. Das oberste europäische Gericht hat am im März 2020 zum Thema Widerruf verbraucherfreundlich geurteilt und entschieden, dass Klauseln in Kreditverträgen, die einen sogenannten Kaskadenverweis enthalten, unzulässig sind (EuGH, Urteil vom 26.3.2020, Az. C-66/19). Daraufhin hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 31.03.2020 (Az. XI ZR 198/19) bezüglich eines Autokredits entschieden, dass die Argumentation des EuGH nur dann greife, sofern sich die Bank nicht auf die sogenannte Gesetzlichkeitsfiktion berufen kann. Das bedeutet: Hat eine Bank das gesetzliche Muster für die Information über das Widerrufsrecht verwendet, gilt die Widerrufsinformation als richtig. Das Muster hat der Gesetzgeber zur Verfügung gestellt, damit Banken Rechtssicherheit erlangen können.

Auch im Fall vor dem OLG Frankfurt am Main beinhaltet die Widerrufsinformation einen Kaskadenverweis. Das Gericht urteilt wie der Europäische Gerichtshof, diese Angabe sei weder klar noch prägnant. Da die MCE-Bank in ihrer Widerrufsinformation vom gesetzlichen Muster abweicht, kann sie sich in diesem Fall nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Im Ergebnis können die Kläger noch Jahre später erfolgreich widerrufen. Das Oberlandesgericht führt konkret aus, in welchen Fällen eine Abweichung vom gesetzlichen Muster vorliegt:

„Die gesetzliche Regelung der Gesetzlichkeitsfiktion greift indes hier nicht ein, weil die Widerrufsinformation der Beklagten dem gesetzlichen Muster nicht entspricht. Sie ändert in nicht mehr nur unerheblichem Umfang das Textmuster ab, indem sie hinter dem Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB drei andere Bespiele aufführt. Für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion sind gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 5 EGBGB Abweichungen von dem Muster in Format und Schriftgröße unschädlich. Dagegen verliert der Unternehmer die Schutzwirkung, wenn er das gesetzliche Muster einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht, unabhängig von Gewicht und Kausalität der Änderung (Grüneberg, BKR 2019,1, 4 mit weiteren Nachweisen). Dabei ist somit nicht maßgeblich, dass die Information nicht dadurch unrichtig oder unklar würde. Es reicht aus, dass der Aussageinhalt des Musters verändert wird. Dies ist bei der Wahl anderer Beispiele für die mitzuteilenden Pflichtangaben der Fall.“

Fahrzeugverkauf nach Widerruf ist unschädlich

Eine weitere, für Verbraucher wichtige Frage im Zusammenhang mit dem Widerruf eines Autokreditvertrages hat das Oberlandesgericht ebenfalls beantwortet. Nach Auffassung des Gerichts können Verbraucher auch dann noch erfolgreich den Widerruf erklären, wenn das Auto zwischenzeitlich verkauft wurde. In diesem Fall können immer noch alle Raten, die nach dem Widerruf gezahlt wurden, zurückgefordert werden.

Schnell und einfach zum erfolgreichen Widerruf: So gehen Sie vor

Unabhängig von der Diskussion um den Kaskadenverweis können Verbraucher den sogenannten Widerrufsjoker nach wie vor ziehen, wenn Banken und Sparkassen in ihren Verträgen Fehler machen, insbesondere bei Angaben zur Berechnung Widerrufsfrist. Mit dem Widerrufsjoker können Verbraucher noch viele Jahre nach Vertragsschluss einen Kredit vorzeitig aufzulösen und den damit verbundenen Kauf vorzeitig rückabwickeln. Für einen erfolgreichen Widerruf kommt es neben der falschen oder fehlenden Widerrufsinformation auch darauf an, wann der Vertrag geschlossen wurde. Es gilt: Alle Verbraucher, die einen Darlehensvertrag ab dem 11. Juni 2010 abgeschlossen haben, haben die Möglichkeit, die darin enthaltenen Widerrufsbelehrungen auf mögliche Fehler kostenfrei durch unsere Kanzlei überprüfen zu lassen.

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Autorin

Annekatrin Schlipf, Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH)
Anwaltskanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann