Abhilfeklage
Die Abhilfeklage (auch Verbandsklage oder Verbandsabhilfeklage genannt) ist seit Oktober 2023 eine neue Klageform in Deutschland. Ziel der Abhilfeklage ist es, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bei Massenschäden ihre gleichartigen Ansprüche einfacher durchsetzen machen können und gleichzeitig die Justiz entlastet wird. Die Abhilfeklage ist die erste Form einer „Sammelklage“ in Deutschland, die eine kollektive Rechtsdurchsetzung vieler Geschädigter mit dem Ziel vorsieht, unmittelbar von einem beklagten Unternehmen eine Leistung in Form einer Zahlung, Nacherfüllung oder Rückzahlung des gezahlten Preises zu erhalten. Im Unterschied zur Musterfeststellungsklage müssen die Geschädigten nach einem Urteil nicht erneut und individuell klagen, um ihre Ansprüche durchzusetzen und eine Entschädigung zu erhalten. Ob sich die Klageform in der Praxis für Verbraucher bewährt und ob Abhilfeklageverfahren auch schneller zu einem Ergebnis für die Betroffen führen, bleibt abzuwarten.
Die Regelungen der beiden Verbandsklagen Musterfeststellungsklage und Abhilfeklage finden sich im Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz. Es setzt eine EU-Richtlinie über Verbandsklagen in deutsches Recht um.
Beispiele für Anwendungsfälle der Abhilfeklage sind:
- Entschädigungsansprüche wegen der Annullierung desselben Fluges
- Zinsnachzahlungsansprüchen wegen einer unwirksamen Vertragsklausel eines Geldinstituts
- Abo-Fallen
- Mangelhafte Produktserien eines Herstellers
- Unrechtmäßige Kreditkartengebühren
Ablauf der Abhilfeklage
Klagebefugt sind grundsätzlich Verbraucherverbände. Für eine Abhilfeklage müssen mindestens 50 Verbraucher*innen betroffen sein. Gegenstand einer Abhilfeklage sind Ansprüche, die im Wesentlichen gleichartig sind. Die klageberechtigte Stelle muss in der Klageschrift nachvollziehbar darlegen, dass mindestens 50 Verbraucher*innen betroffen sein könnten. Weitere Betroffene können ihre Ansprüche bis spätestens drei Wochen nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Verbandsklageregister des Bundesamts für Justiz nachmelden. Sie können also den Verlauf der mündlichen Verhandlung abwarten, bevor sie über einen Beitritt zur Abhilfeklage entscheiden.
Nach der Prüfung, ob die vom Verbraucherverband geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach gerechtfertigt sind, endet die erste Phase mit einem Abhilfegrundurteil. Gegen dieses kann zulassungsfrei das Rechtsmittel der Revision eingelegt werden. Darauf folgt eine Vergleichsphase, in der das Gericht versucht, eine gütliche Einigung zwischen Verbraucher*innen und Unternehmen zu erzielen. Kommt ein Vergleich nicht zustande und ist das Abhilfeurteil rechtskräftig geworden, setzt das Gericht das Verfahren in der dritten Phase fort. Diese endet mit einem Abhilfeendurteil, gegen das ebenfalls eine zulassungsfreie Revision stattfindet. In der letzten Phase findet das Umsetzungs- und Verteilungsverfahren statt, in dem ein Sachwalter erstmalig die Einzelansprüche der Verbraucher prüft und dann gegebenenfalls die Ausschüttung des Gesamtbetrages an die berechtigten Verbraucher vornimmt.