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Besonderheiten eines geschlossenen Immobilienfonds (WGS)

Veröffentlicht von Ingrid Arnold-Gloksin am 01. August 2002

Taschenrechner-Stift

Besonderheiten eines geschlossenen Immobilienfonds (WGS) – Mögliche Lösungswege für die Anleger

Die Erfahrung hat gezeigt, dass die wenigsten Anleger von den Vermittlern auf die Konstruktion eines geschlossenen Immobilienfonds hingewiesen worden sind. Aus diesem Grunde ist auch vielen Gesellschaftern nicht bekannt, dass einzelne Gesellschaftsanteile praktisch nicht zu veräußern sind da es für Fonds keinen funktionierenden Zweitmarkt gibt. Inzwischen allgemein bekannt ist die Problematik der WGS-Fonds, bei denen die tatsächlich erzielbaren Mieten weit unter den von der WGS prospektierten Mieten liegen. Dass sich diese Anlageform nicht zum Vorteil der Gesellschafter entwickeln konnte, hatte mehrere Gründe.

Hintergrund zum Scheitern der WGS-Fonds

Die Initiatoren der WGS haben die Fonds bewusst in sehr kleine Anteile aufgespalten, um auf diese Weise auch Klein- und Mittelverdiener als Kunden zu gewinnen. Die Vermarktung übernahm ein gut organisierter und geschulter Vertrieb, der bei den Beratungsgesprächen oft sehr aggressiv vorging. Die Beratungsgespräche bestanden meist aus werbemäßigen Anpreisungen (Wertsteigerung sichere Altersvorsorge geringe monatliche Belastung etc.). Hohe versteckte Innenprovisionen, die an den Vertrieb gezahlt wurden, verteuerten das Produkt zusätzlich, so dass ein unausgewogenes Preis- Leistungsverhältnis zustande kam.

Die Zielgruppe der WGS-Initiatoren waren nicht mehr nur die Bezieher eher überdurchschnittlicher Einkommen, die meist von Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern beraten wurden, sondern der Vertrieb trat ganz gezielt an die Mittelschicht heran. Auch weniger gut Verdienende mit einem Nettoeinkommen ab 2.000,- DM pro Monat konnten nun Anteile eines geschlossenen Immobilienfonds erwerben und dies völlig ohne Eigenkapital. In der Fachpresse wurde damals darauf hingewiesen, dass sich Anteile an einem geschlossenen Immobilienfonds – wenn überhaupt – nur für Anleger mit einem weit überdurchschnittlichen steuerpflichtigen Jahreseinkommen eignen. Denn erst ab 80.000,- DM (Ledige) oder 160.000,- DM (Ehepaare) war die Steuerprogression groß genug, um die Erträge der Immobilie durch Steuervorteile zu vergrößern.

Diese Presseberichte wurden den Anlegern nicht ausgehändigt. Die Gesellschafter wurden nicht darauf hingewiesen, dass ein Immobilienfonds Chancen und Risiken birgt und jeder davon Abstand nehmen sollte, der Liquiditätsengpässe des Fonds finanziell nicht verkraften kann. Aus diesem Grunde waren Anteile an WGS-Fonds für Gering- und Durchschnittsverdiener absolut ungeeignet. Viele Gesellschafter die Anteile ohne Eigenkapital erworben haben, haben sich häufig überschuldet ohne es zu wissen, da die Fondsimmobilien weit überteuert waren. Die Darlehenssumme übersteigt den tatsächlichen Wert des Immobilienanteils, so das den Schulden kein entsprechender Besitz als Sicherheit gegenübersteht. Sämtliche Annahmen im Prospekt über Mietsteigerungen Ausschüttungen und Wertsteigerung haben sich als reinste Spekulation erwiesen.

Die Vermittler gingen beim Verkauf oft äußerst aggressiv vor. Es wurde ein engmaschiges Netz eines Strukturvertriebes gestrickt, das dass viele Anleger meist von Bekannten Arbeitskollegen oder sogar Verwandten auf den Erwerb des Anteils angesprochen wurden. Die Vermittler vereinbarten fast immer Hausbesuche. Bei diesen Besuchen machten die Vermittler nicht nur die Beteiligung am Fonds schmackhaft, sondern hatten auch schon eine Finanzierung parat. Welche Bank bei welchem Fonds beteiligt wurde, sprachen WGS und Kreditinstitute im voraus ab. Die Anleger mussten für die Finanzierung nie eine Bankfiliale aufsuchen. Alle Darlehensformalitäten wurden von den WGS-Vermittlern abgewickelt.

Es wurden sogar alle Nebenkosten mitfinanziert. Die Vermittler versprachen, dass die Zinsen durch Mieten und Steuerersparnisse ausgeglichen werden konnten. Die Tilgung sollte in allen Fällen über eine Lebensversicherung erfolgen. Diese Finanzierungsform ist aber mehr als ungünstig, da die Anleger über den gesamten Finanzierungszeitraum die Zinsen auf das volle Darlehen zu leisten hatten.

Urteile zugunsten der geschädigten Anleger

Verschiedene Gerichtsurteile die in Sachen WGS gegenüber finanzierenden Banken ergangen sind geben geschädigten WGS-Anlegern neue Hoffnung.

Ansprüche gegen die finanzierenden Banken können aus verschiedenen Gesichtspunkten bestehen. Wichtig sind hier vor allem Formfehler im Darlehensvertrag Haftung der Banken für Verschulden des Vertriebs sowie Ansprüche nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Durch zahlreiche Pressemitteilungen bekannt geworden sind insbesondere die Entscheidungen des OLG Karlsruhe und des OLG München im Hinblick auf den Widerruf von Darlehensverträgen zur Immobilienfondsfinanzierung. Diese Urteile basieren auf der BGH-Entscheidung vom April 2002 die wiederum die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt hat.

Diese Urteile zum Haustürwiderrufsgesetz sind deshalb für WGS-Anleger so wichtig da in den meisten Fällen eine Haustürsituation vorgelegen hat. Die Vermittler haben die Gespräche fast immer zu Hause oder am Arbeitsplatz der potentiellen Anleger vorgenommen. Die allermeisten der geprüften ursprünglich abgeschlossenen Darlehensverträge enthalten Belehrungen die nicht den Anforderungen des Haustürwiderrufsgesetzes genügen.

Bei Ablauf der Zinsbindung ist jedoch Vorsicht geboten. In den früheren Konditionsanpassungen haben die Banken zumeist nicht ordnungsgemäß nach dem Haustürwiderrufsgesetz belehrt. In den letzten Wochen haben wir jedoch Konditionsanpassungsangebote verschiedener Banken zur Prüfung erhalten da bei vielen Gesellschaftern im Dezember 2002 die Zinsbindung endet. Die meisten dieser neuen Verträge enthalten Widerrufsbelehrungen nach dem Haustürwiderrufsgesetz die auf keinen Fall unterschrieben werden sollten. Aufgrund des sehr hohen Zinssatzes überlegen viele Gesellschafter die Bank zu wechseln oder den Kredit vollständig zurückzuführen. Dies sollte aber gut überlegt sein da ein Wechsel der Bank (Umschuldung) oder eine Rückführung des Darlehens nach herrschender Meinung den Widerruf unmöglich macht falls dieser nicht einen Monat nach vollständiger Ablösung des Darlehens erklärt wird.

Ingrid Arnold-Gloksin

Autorin

Ingrid Arnold-Gloksin, Rechtsanwältin
Anwaltskanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann