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BGH bestätigt Widerrufsjoker bei Rürup-Rentenverträgen

Veröffentlicht von Valentina Hemmerich am 06. März 2024

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in zwei Urteilen bestätigt, dass Rürup-Rentenverträge noch viele Jahre nach Abschluss erfolgreich widerrufen und damit rückabgewickelt werden können. Betroffen sind insbesondere Verträge der Jahre 2008-2010: Die meisten Versicherer haben in dieser Zeit, teilweise auch noch danach, fehlerhafte Widerrufsbelehrungen verwendet. In den vor dem BGH verhandelten Fällen ging es um Verträge der Allianz (Az. IV ZR 40/22) und der Generali (Urteil vom 24.01.2024, Az. IV ZR 306/22).

Widerrufsjoker zur Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages

Die beiden BGH-Urteile zur Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages (Rürup-Rente) unterstreichen die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Belehrung durch die Versicherer und stärken die Position der Versicherungsnehmer*innen. Der Widerruf stellt eine wirtschaftlich attraktive Möglichkeit dar, sich von einem unkündbaren Basisrentenvertrag zu lösen.

Welche Alternativen zur Kündigung eines Rürup-Rentenvertrages es noch gibt und mehr Details zum Widerruf eines Basisrentenvertrages erläutern wir im Beitrag Rürup-Rente kündigen? Mit Widerruf und Rückabwicklung Zahlungen zurück erhalten.

Widerruf bei Rürup-Renten: Aktuelles BGH-Urteil gegen Generali

In dem Verfahren gegen die Generali hatte die spätere Klägerin im Frühjahr 2008 einen fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrag, eine sogenannte Rürup-Rente, abgeschlossen. Nach einer Reduzierung der Beiträge ab Mitte 2015 erklärte sie im Mai 2020 den Widerruf und verlangte mit der Klage unter anderem die Rückzahlung der eingezahlten Beträge.

In erster und zweiter Instanz wurden Klage und Berufung abgewiesen bzw. zurückgewiesen. Der BGH bestätigte nun, dass die Widerrufsbelehrung unzureichend war. Eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung muss auch den Hinweis auf die Herausgabe gezogener Nutzungen enthalten, sofern der Versicherungsschutz nicht vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Dieser Aspekt fehlte in der verwendeten Widerrufsbelehrung. Daher wurde die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt und ein wirksamer Widerruf war auch noch im Jahr 2020 möglich. Der BGH hat damit die Voraussetzungen für den Widerruf eines Rentenversicherungsvertrages konkretisiert.

Widerrufsrecht Basisrente: Urteil gegen Allianz

Im Verfahren gegen die Allianz hatte der spätere Kläger im Herbst 2009 einen Rentenversicherungsvertrag abgeschlossen. Mitte 2017 ließ er den Vertrag beitragsfrei stellen und erklärte im Mai 2019 den Widerspruch. Diesen wies die Allianz zurück. Nach einer Niederlage in erster Instanz hatte das Oberlandesgericht zugunsten des Klägers entschieden. Dagegen legte die Allianz Revision ein und beantragte die Abweisung der Klage.

Der Bundesgerichtshof hat der Allianz eine klare Absage erteilt und bestätigt, dass ein wirksamer Widerruf von Rürup-Rentenverträgen auch noch viele Jahre nach Vertragsschluss möglich ist. Auch im Verfahren gegen die Generali war ein zentraler Aspekt des Urteils die Feststellung, dass eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung neben dem Hinweis auf die Rückgewähr der empfangenen Leistungen auch den Hinweis auf die Herausgabe der gezogenen Nutzungen enthalten muss. Fehlt dies, ist die Widerrufsbelehrung unvollständig und die Widerrufsfrist wird nicht in Gang gesetzt.

Versicherer sind angehalten, ihre Widerrufsbelehrungen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen.

Widerrufsjoker bei Rürup-Rentenverträgen: Alternative zu Kündigung und Beitragsfreistellung

Die beiden BGH-Urteile sind ein wichtiges Signal für den Verbraucherschutz im Bereich der Lebens- und Rentenversicherungen. Versicherungsnehmer*innen können auch nach längerer Zeit noch von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen, sofern die Belehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Die Widerrufsfrist beginnt erst zu laufen, wenn sie eine vollständige und fehlerfreie Belehrung über das Widerrufsrecht und die Rechtsfolgen des Widerrufs erhalten haben. Durch diese Anforderung soll sichergestellt werden, dass die Versicherungsnehmer Klarheit darüber haben, welche gegenseitigen Rechte in welcher Konstellation bestehen.

Ändern sich die Lebensumstände oder stellen Versicherte im Laufe der Zeit fest, dass bestimmte finanzielle Vorteile nicht so eintreten, wie bei Vertragsabschluss prognostiziert, stellt sich für viele die Frage, wie sie den Vertrag vorzeitig beenden und das investierte Kapital zurückerhalten können. Mit dem Widerrufsjoker und bei Beratungspflichtverletzungen bestehen Möglichkeiten der vorzeitigen Beendigung und der Beitragsrückerstattung. Eine Beratungspflichtverletzung liegt vor, wenn Interessenten vor Vertragsabschluss nicht umfassend über die Besonderheiten der Basisrente und ihre Nachteile gegenüber vielen anderen privaten Rentenversicherungsverträgen aufgeklärt wurden. Aufgrund der 10-jährigen Verjährungsfrist darf das Vermittlungs- oder Beratungsgespräch jedoch nicht länger als 10 Jahre zurückliegen.

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Wer seine Basisrente vorzeitig beenden möchte, dem empfehlen wir eine Prüfung durch unsere spezialisierte Anwaltskanzlei. Als erfahrene Kanzlei auf dem Gebiet des Widerspruchs von Lebens- und Rentenversicherungen bieten wir Ihnen zu diesem Thema einen umfassenden Service: Wir prüfen, ob die Belehrung Ihres Versicherungsvertrages Fehler enthält und wie Ihre Aussichten sind, Schadensersatzansprüche erfolgreich durchzusetzen. Nach Prüfung Ihrer Unterlagen erhalten Sie umgehend eine fundierte Ersteinschätzung zu den Erfolgsaussichten Ihres Falles. Im Rahmen der kostenlosen Ersteinschätzung kümmern wir uns auch um die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung.

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Valentina Hemmerich

Autorin

Valentina Hemmerich, Rechtsanwältin
Anwaltskanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann