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Verjährung von Schadenersatzansprüchen bei Beratungsfehlern: BGH-Urteil
Veröffentlicht von Andreas Frank am 07. Juni 2016
Mit Urteil vom 02.07.2015 (AZ: III ZR 149/14) hat der III. Zivilsenat des BGH erneut bestätigt, dass bei Vorliegen mehrerer Aufklärungs- oder Beratungsfehler jede Pflichtverletzung verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln ist.
Verjährung von Schadenersatzansprüchen: Sachverhalt der Entscheidung und Vorinstanzen
Der Kläger zeichnete im Jahr 1994 eine Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in Höhe von 60.000,- DM. Im Rechenschaftsbericht der Fondsgesellschaft für das Jahr 2006 teilte ihm diese mit, dass die Gesellschaft aufgrund des Auslaufens der Mietgarantie und der eingetretenen Leerstände eine Liquiditätsunterdeckung erwirtschaftet habe. Der Kläger erklärte, er habe dem Berater bei Zeichnung mitgeteilt, dass er nur an sicheren und für die Altersvorsorge geeigneten Anlageprodukten interessiert sei. Der Berater habe ihm den Fonds als eine solche Beteiligung vorgestellt, ohne ihn über die damit verbundenen Risiken aufzuklären. Die Beklagte führte aus, dass der Fondsprospekt, der über die mit der Beteiligung verbundenen Risiken aufkläre, dem Kläger einige Wochen vor der Zeichnung übergeben worden sei. Die Ansprüche seien daher verjährt.
Das Landgericht hat die Klage unter Hinweis auf die Verjährung etwaiger Ansprüche abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung wurde zurückgewiesen. Der Beklagten sei vorzuwerfen, dass sie die Beteiligung ohne Risikohinweise als zur Altersvorsorge geeignet verkauft habe. Dass dies unzutreffend war, habe der Kläger spätestens im Jahr 2007 aus dem Rechenschaftsbericht für das Jahr 2006 erkennen können. Der Beratungsfehler liege nicht in der Unterlassung von Hinweisen auf einzelne Aspekte, die für eine umfassende Risikodarstellung erforderlich seien, sondern darin, dass der Kläger überhaupt nicht über Risiken aufgeklärt worden sei. Die Ansprüche seien daher zum 31.12.2010 verjährt.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss über alle Umstände aufgeklärt werden, die für den durchschnittlichen Anleger von erheblicher Bedeutung sind. Der Kläger hatte insoweit die fehlende Aufklärung über das Totalverlustrisiko, die hohe Fremdfinanzierung, das Risiko des Wiederauflebens der Haftung sowie die fehlende Fungibilität der Beteiligung gerügt. Die Vorinstanzen hatten dies zu einem einheitlichen Beratungsfehler der unterbliebenen Risikoaufklärung und Altersvorsorgeempfehlung zusammengefasst.
Der BGH hat nun klargestellt, dass die unterlassene Aufklärung über die eingeschränkte Fungibilität der Beteiligung in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der fehlerhaften Aufklärung über die mangelnde Eignung der Anlage zur Altersvorsorge steht. Es ist daher unzulässig, mehrere aufklärungspflichtige Umstände unter dem Oberbegriff der Sicherheit der Kapitalanlage zusammenzufassen. Die Frage der Fungibilität einer Kapitalanlage und die Frage der Eignung zur Altersvorsorge stellen somit zwei selbständige und unabhängige Pflichtverletzungen dar.
Es ist daher zwar zutreffend, dass der Rechenschaftsbericht aus dem Jahr 2006 dem Kläger die nicht uneingeschränkte Eignung der gezeichneten Beteiligung zur Altersvorsorge und damit einen Beratungsfehler offenbart hat. Dies führe jedoch nicht zur Verjährung der Ansprüche des Klägers. Denn bei der Frage der Fungibilität handele es sich um einen Gesichtspunkt, der eigenständige Aufklärungs- und Beratungspflichten nach sich ziehe. Der Rechenschaftsbericht enthält keinen verjährungsrechtlich relevanten Hinweis auf die mangelnde Fungibilität der Fondsbeteiligung.
Nach der Rechtsprechung des BGH beginnt die Verjährung nicht einheitlich, wenn ein Anspruch auf verschiedene Aufklärungsfehler gestützt wird und nur hinsichtlich eines Fehlers Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt. Der BGH hat daher die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat nun die erforderlichen Feststellungen zur Frage der fehlerhaften Aufklärung über die mangelnde Fungibilität der Fondsbeteiligung nachzuholen.
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