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IVG Fonds: Urteil gegen Bonnfinanz wegen Falschberatung

Veröffentlicht von Christopher Kress am 07. Mai 2018

Entscheidung-Richterhammer

Mit Urteil vom 12.12.2017 hat das Landgericht Kassel den unabhängigen Finanzdienstleister Bonnfinanz AG wegen einer Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds IVG EuroSelect Balanced Portfolio UK zur vollständigen Rückabwicklung einschließlich des entgangenen Gewinns verurteilt. Das Urteil wurde von der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann erstritten. Das Gericht stellt in seinem Urteil fest, dass der Fonds nicht zur sicheren Altersvorsorge geeignet ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Sachverhalt und Entscheidung des LG Kassel gegen die Bonnfinanz AG

Der Kläger ist promovierter Volljurist. Er hatte vor der streitgegenständlichen bereits geschlossene Beteiligungen bei der Bonnfinanz abgeschlossen. Über die streitgegenständliche Beratung lag ein Beratungsprotokoll vor, in dem die Punkte Altersvorsorge/Familienvorsorge, Vermögensaufbau und Partizipation an Marktchancen angekreuzt waren. Der Punkt Altersvorsorge war unterstrichen. In der Beweisaufnahme sagte der Berater aus, dass es dem Kläger besonders auf die Altersvorsorge angekommen sei.

Bei der Beteiligung am IVG EuroSelect Balanced Portfolio UK handele es sich um einen geschlossenen Dachfonds, der seinerseits in die drei Zielfonds UBS South East Recovery Fund, ING/AXA Greater London Fund und ING Lionbrook Property Fund investiert habe.

Mangelhafte Beratung hinsichtlich der Beteiligung am IVG-Fonds

Das Beratungsprotokoll weise zwar auf verschiedene Risiken hin, darunter auch auf das Totalverlustrisiko. Gleichwohl sieht das Landgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten, da der Berater dem Kläger aufgrund des im Vordergrund stehenden Anlageziels der Altersvorsorge keine Beteiligung an dem Fonds IVG EuroSelect Balanced Portfolio UK hätte empfehlen dürfen. Denn es handelte sich hierbei zweifelsfrei um eine spekulative Anlage.

Anlageberater zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet

Die beratende Bank bzw. das beratende Unternehmen schuldet eine anlage- und objektgerechte Beratung, wobei sich Inhalt und Umfang der Beratungspflichten nach den Umständen des Einzelfalls richten. Maßgeblich sind dabei der Wissensstand des Kunden, seine Risikobereitschaft und sein Anlageziel sowie die allgemeinen Risiken und die besonderen Risiken, die sich aus der Eigenart des Anlageobjekts ergeben. Dazu gehören z.B. Kurs-, Zins- oder Währungsrisiken. Die Beratung muss sich auf diejenigen Eigenschaften und Risiken beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können. Dabei ist zwischen allgemeinen und besonderen Risiken zu unterscheiden. Darüber hinaus muss die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, rechtzeitig, vollständig und für den Kunden verständlich informieren. Die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts muss jedoch unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte nur ex ante betrachtet vertretbar sein.

Wunsch des Kunden nach einer sicheren Geldanlage maßgeblich

Das Landgericht Kassel führt weiter aus, dass dabei die Wünsche des Kunden zwingend zu berücksichtigen sind. Soll das beabsichtigte Geschäft einer sicheren Geldanlage dienen, kann die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos fehlerhaft sein. Das Landgericht verwies in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.04.2014 – III ZR 389/12.

Im vorliegenden Fall stand als Anlageziel des Klägers klar und eindeutig die Altersvorsorge im Vordergrund. Dementsprechend hatte der Berater im Beratungsprotokoll nicht nur das Anlageziel Altersvorsorge/Familienvorsorge angekreuzt, sondern das Wort Altersvorsorge sogar unterstrichen.

Urteil gegen Bonnfinanz: IVG-Fonds ist spekulative Anlage

In Kenntnis dieses für den Kläger im Vordergrund stehenden Anlageziels hätte der Anlageberater dem Kläger eine Beteiligung an dem Fonds IVG EuroSelect Balanced Portfolio UK nicht empfehlen dürfen, da es sich um eine spekulative Anlage handelte, so ausdrücklich das Landgericht Kassel in dem vorliegenden Urteil.

Bei einer Anlage zur Altersvorsorge – wie im vorliegenden Fall – darf der Berater dem Kunden keine risikoreiche Anlage empfehlen (BGH, Urteil vom 08.07.2010 – III ZR 249/09). Verletzt der Berater seine Aufklärungspflicht, kann sich der Kunde auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen und Schadensersatz verlangen. Der Kunde ist also im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er ohne die Beratungspflichtverletzung stünde.

Die Bonnfinanz AG wurde daher antragsgemäß verurteilt. Dem Kläger wurde auch der entgangene Gewinn zugesprochen, da feststeht, dass der Kläger nicht die vorliegende, sondern eine sichere, der Altersvorsorge dienende Anlage gezeichnet hätte.

Kostenfreie Ersteinschätzung für Geschädigte

Das Urteil stützt sich insoweit auf eine nicht anlegergerechte Beratung des Klägers. Das Besondere ist, dass das Landgericht Kassel sehr dezidiert argumentiert, dass es sich bei dieser Beteiligung um eine spekulative Anlage handelt und eine solche Anlage nicht zur sicheren Altersvorsorge geeignet ist.

Geschädigten Anlegern empfehlen wir, ihre Ansprüche durch einen auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Unser Angebot an Sie: Nutzen Sie unseren Online-Fragebogen für eine schnelle und kostenlose Erstberatung.

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