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Kehrtwende im EA 288 Abgasskandal: BGH-Termin wegen verbraucherfreundlicher EuGH-Haltung zu Abgasmanipulation verschoben
Veröffentlicht von Annekatrin Schlipf am 01. Juli 2022
In einem Verfahren unserer Kanzlei zum EA 288, dem Nachfolgemotor des ursprünglichen Skandalmotors im VW Dieselskandal, hat der Bundesgerichtshof (BGH) einen Verhandlungstermin abgesagt (Az. VII ZR 412/21). Der BGH bestätigte zwischenzeitlich, dass er auf die anstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes warten möchte. Der EuGH-Generalanwalt Athanasios Rantos hat in einem Verfahren im Daimler Dieselskandal die Schlussanträge gestellt und darin die Ansicht vertreten, dass Käufer*innen von manipulierten Dieselautos dann einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt (Az. C-100/21). Folgt der EuGH den Schlussanträgen, was fast immer der Fall ist, wäre die bisherige Rechtsprechung des BGH zum Thermofenster überholt und die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen für Betroffene noch erfolgversprechender und einfacher als zuvor.
BGH verschiebt Termin in unserem Verfahren zum EA 288
Zwei Wochen vor dem geplanten Termin am 30.06.2022 hatte der BGH den Verhandlungstermin in einem unserer Fälle zum Motor EA 288 im VW Dieselskandal aufgehoben. Unsere Kanzlei hatte das erste erfolgreiche obergerichtliche Urteil gegen die Volkswagen AG zu einem Fahrzeug mit dem Motor EA288 erstritten. Nun soll ein neuer Verhandlungstermin festgelegt werden. Was zunächst nur Mutmaßungen waren, hat der BGH zwischenzeitlich in einer Pressemitteilung bestätigt: Die Gerichte sind verpflichtet, auf das EuGH-Urteil in den laufenden Dieselverfahren zu warten. Die Aufhebung des Verhandlungstermins zeigt, dass der BGH die Entwicklungen am Europäischen Gerichtshof ernst nimmt.
In seinen Schlussanträgen vom 02.06.2022 in einem Verfahren zum Mercedes Abgasskandal hat der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Athanasios Rantos erklärt, dass der Autobauer gegenüber Käufern und Käuferinnen von Dieselautos mit Abschalteinrichtung zu Schadenersatz verpflichtet ist. Anders als bislang würden Hersteller dann bereits bei einfacher Fahrlässigkeit haften. Das betrifft vor allem Fälle mit dem sogenannten Thermofenster. Das Thermofenster kommt nicht nur im Nachfolgemodell des VW-Skandalmotors EA 189, dem EA 288, zum Einsatz. Nahezu alle Herstellen setzen Thermofenster in ihren Fahrzeugen ein.
Update: In der Folge setzen immer mehr Gerichte Dieselverfahren zum EA 288 aus. In von unserer Kanzlei geführten Verfahren haben zum Beispiel das Oberlandesgericht Köln und das Oberlandesgericht Stuttgart Verfahren gegen die Volkswagen AG und die Mercedes-Benz Group AG bis zur Entscheidung durch den EuGH ausgesetzt (Beschluss vom 24.11.2022, Az. 16 U 10/22 und Beschluss vom 08.12.2022, Az. 22 U 399/22).
Kehrtwende im EA 288 Abgasskandal: Beste Chancen auf Schadensersatz für Betroffene
Sehr wahrscheinlich ist nun ein äußerst verbraucherfreundliches Urteil, denn in aller Regel folgt der EuGH den Schlussanträgen des Generalanwaltes. Die Entwicklungen könnten eine neue Klagewelle auslösen, denn die Hürde, dass Gerichte die Automobilhersteller zum Schadensersatz verurteilen, wird nochmals deutlich herabgesetzt werden; Vorsatz und Sittenwidrigkeit müsste den Autobauern nicht mehr nachgewiesen werden müssen.
In der Praxis hat dies größte Bedeutung für die Durchsetzung der Ansprüche im Abgasskandal. Für Betroffene wird es noch einfacher, ihr Recht auf Schadensersatz durchzusetzen. Dee Verteidigung vieler Hersteller und die bisherige Rechtsprechung des BGH und vieler Oberlandes- und Landgerichte fallen damit in sich zusammen.
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