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OLG Hamburg bestätigt Widerrufsjoker: Kauf von zwei Laptops kann rückabgewickelt werden

Veröffentlicht von Philipp Niederdellmann am 10. Februar 2020

Das Oberlandesgericht Hamburg hat in einer mündlichen Verhandlung am 13.11.2019 (Az.: 13 U 70/19) ein Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.06.2019 (Az. 302 O 420/16) bestätigt. Dieses hatte festgestellt, dass sich in zahlreichen Verbraucherdarlehen der Hanseatic Bank aufgrund eines Systemfehlers eine mangelhafte Pflichtangabe im Darlehensvertrag findet. Im konkreten Fall ging es um einen Verbraucherdarlehensvertrag zur Finanzierung von zwei Laptops, die bei notebooksbilliger.de für 10.000,- EUR gekauft wurden.

So funktioniert der Widerrufsjoker

Die Widerrufsbelehrung in Darlehensverträgen ist in sehr vielen Fällen unvollständig oder fehlerhaft. Solche Fehler geben Darlehensnehmern das Recht, den Vertrag noch lange nach der 14tägigen Frist zu widerrufen, weil die Widerrufsfrist gar nicht zu laufen begonnen hat. Im Falle eines erfolgreichen Widerrufs erhält der Verbraucher alle geleisteten Zahlungen zurück und gibt im Gegenzug das Produkt zurück. Der Widerrufsjoker gilt bei Verbraucherdarlehen für sonstige Zwecke (kein Immobiliendarlehen) für Verträge, die seit dem 01.09.2002 abgeschlossen wurden.

Hanseatic Bank: mangelhafte Pflichtangabe aufgrund Systemfehler

Von der aktuellen Rechtsprechung des OLG Hamburg profitieren Verbraucher mit Darlehensverträgen, die ab dem 30.07.2010 abgeschlossen wurden, insbesondere mit der Hanseatic Bank. In zahlreichen Verbraucherdarlehen der Hanseatic Bank findet sich aufgrund eines Systemfehlers eine mangelhafte Pflichtangabe. In dem Fall ging es auch zunächst um einen Verbraucherdarlehensantrag vom 16.03.2015 und dann um den nachfolgenden Darlehensvertrag.
Konkret fehlen im Darlehensvertrag Angaben zur Fälligkeit der ersten monatlichen Teilzahlung; dazu der nachfolgende Ausschnitt aus einem Darlehensantrag der Hanseatic Bank:

Widerruf Darlehensvertrag

Die fehlende Angabe zur Fälligkeit der ersten Teilzahlung bezog sich auf den Kreditantrag des Käufers. Dieser Darlehensantrag enthielt nicht die Angabe oder Information für den Antragsteller, wann die erste Rate fällig werden wird. Bei der fehlenden Angabe – wann die erste Rate fällig werden wird – handelt es sich um eine erforderliche Pflichtangabe gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB in Verbindung mit Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB „Angabe zur Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen“.

Der auf den Antrag hin erstellte Darlehensvertrag enthielt dann die fehlende Angabe über die fällig werdende Rate. Nach § 492 Abs. 6 BGB ist diese „neue“ Nennung der ursprünglich fehlenden Angabe eine Nachbelehrung des Darlehensnehmers. Mit dieser Nachbelehrung muss der Darlehensnehmer erneut darüber informiert werden, dass sich die Widerrufsfrist mit der Nachbelehrung auf einen Monat verlängert.

OLG Hamburg: Keine Verfristung der Widerrufserklärung

Nach der Auffassung des Landgerichts und des Oberlandesgerichts Hamburg ist eine verspätete Widerrufserklärung nicht verfristet. Der Darlehensgeber kann sich nicht auf eine Verfristung des ausgeübten Widerrufsrechtes berufen, wenn er den Darlehensnehmer bei der Nachbelehrung nicht korrekt oder zeitlich später richtig aufklärt. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB kann der Darlehensgeber diesen Einwand nicht erheben.

Ergebnis: Rückabwicklung des Vertrages möglich

Im Ergebnis ist die Widerrufserklärung wirksam und der zur Finanzierung abgeschlossene Darlehensvertrag wird rückabgewickelt. Die beklagte Bank wurde verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 12.2758,34 EUR zu zahlen. Im Gegenzug muss der Kläger die beiden Notebook zurückgeben.

Gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Hamburg ging die Beklagte mit der Berufung vor. In der Berufung erklärte der zuständige Senat, dass er der Entscheidung des Landgerichts Hamburg folgen werde. Daraufhin wurde die Berufung zurückgenommen und das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Hamburg wurde rechtskräftig.

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Philipp Niederdellmann

Autor

Philipp Niederdellmann, Rechtsanwalt
Anwaltskanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann