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UDI Nachrangdarlehen: War das Einschreiten der BaFin ursächlich für den Verlust der Betroffenen?

Veröffentlicht von Georgios Aslanidis am 01. September 2022

Lupe-Notizblock

Mit der UDI Gruppe sind zahlreiche grüne Kapitalanlagen in die Insolvenz geraten. Als Begründung hatte UDI in Schreiben an die betroffenen Darlehensgeber*innen von Nachrangdarlehen angeführt, dass die Insolvenzantragspflicht durch die Rückabwicklungsanordnungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf Grundlage einer geänderten Rechtsprechung ausgelöst wurde. Hier erfahren Sie, was die Unwirksamkeit der Nachrangklauseln in den Darlehensverträgen für die Anleger*innen bedeutet und ob das Einschreiten der BaFin für den Verlust bei zahlreichen insolventen Nachrangdarlehen als Ursache einzuordnen ist.

Was bedeutet die Unwirksamkeit der Nachrangklausel in den Darlehensverträgen für die Anleger*innen?

Bei den Vermögensanlagen der UDI Energie Festzins-Gesellschaften handelt es sich um Personengesellschaften in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft. Anleger*innen haben der Gesellschaft als Darlehensgeber*innen unbesicherte Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt gewährt. Sie waren nicht am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft beteiligt, sondern sollten jährliche Zinszahlungen erhalten und das Darlehen sollte zum Ende der Laufzeit zurückgeführt werden.

Bisher nutzten vor allem kleine und mittelständische Unternehmen Nachrangdarlehen, um sich unabhängig von den Banken zu finanzieren. Anbieter von Kapitalanlagen entdecken Nachrangdarlehen aber zunehmend als Möglichkeit, sich unter Umgehung der bankaufsichtsrechtlichen Erlaubnispflicht Kapital zu beschaffen – insbesondere auch von Kleinanlegern und Kleinanlegerinnen, die keine Erfahrung in Fragen der Unternehmensfinanzierung und des Insolvenzrechts haben. Häufig bemerken diese nicht einmal, dass sie es mit qualifizierten Nachrangklauseln zu tun haben. Den Betroffenen erschließt sich nur schwer, dass sie mit einer qualifizierten Nachrangklausel eine unternehmerische Finanzierungsverantwortung übernehmen.

Rechtsprechung zu Nachrangdarlehen

Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat in den Jahren 2018 und 2019 die Anforderungen an die Transparenz von qualifizierten Nachrangklauseln bei der Verwendung gegenüber Verbrauchern deutlich angehoben. Dies hat zur Folge, dass zahlreiche von den Anbietern verwendete  Nachrangklauseln einer Prüfung durch die Zivilgerichte nicht standhalten werden und damit unwirksam sind. Da die UDI-Gesellschaften ihre Vermögensanlagen Privatanlegern und Privatanlegerinnen angeboten haben, mussten diese nach der neuen BGH-Rechtsprechung ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen so gestalten, dass auch juristisch und kaufmännisch nicht vorgebildete Kunden und Kundinnen diese ohne besondere Erläuterung verstehen können. Gemessen an diesem Maßstab genügen die in den UDI Anlegerprospekten vorformulierten Klauseln zum Nachrang den Transparenzanforderungen des BGH nicht. Die mit der Verwendung der Rangrücktrittsklauseln verbundenen Risiken – insbesondere die weitreichenden Auswirkungen der insolvenzrechtlichen Durchsetzungssperre – werden nicht hinreichend deutlich erläutert.

Die Folgen sind:

  1. Die in den Prospekten verwendeten Nachrangklauseln sind unwirksam.
  2. Die Forderungen der Anleger im Insolvenzverfahren sind nicht nachrangig.

Die BaFin hatte die Anlegerprospekte verschiedener UDI-Gesellschaften der Prüfung unterzogen und im Hinblick auf die BGH-Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Nachrangklauseln unwirksam sind. Die BaFin hat dann gegenüber mehren die sofortige Einstellung des Einlagegeschäfts und die unverzügliche Abwicklung angeordnet. Daraufhin sah sich die Geschäftsführung der UDI-Gesellschaften zur Insolvenzantragstellung veranlasst.

Projekt „Matterhorn“

Zur Vermeidung der Insolvenz hatte die Geschäftsführung der UDI-Gesellschaften das Projekt „Matterhorn“ gestartet. Dies sah eine umfangreiche Abtretung der Anlegerforderungen an eine UDI-Firma sowie eine neue Nachrangklausel des Restanspruchs vor. Die im Insolvenzfall wirtschaftlich nachteiligen Folgen für die Anleger wurden an keiner Stelle dargestellt. Dies hat zur Folge, dass nach vorläufiger Auffassung des Insolvenzverwalters die Verträge des „Matterhorn“-Projekts insgesamt einer AGB-rechtlichen Kontrolle nicht standhalten.

Wenn die BaFin feststellt, dass eine Vertragskonstruktion mit qualifizierter Nachrangklausel lediglich der Umgehung der Erlaubnispflicht für Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen dient, schreitet sie gegen das unerlaubte Geschäft ein. Die BaFin hatte so mehreren UDI-Emittenten von Nachrangdarlehen unerlaubte Einlagengeschäfte untersagt. Die BaFin hatte mitgeteilt, dass es sich bei von Gesellschaften der UDI-Gruppe aufgenommenen Kapitalanlageangeboten, deren Abwicklung die BaFin angeordnet hat, um Darlehen mit Nachrangvereinbarung handelt. Vor diesem Hintergrund waren diese nach der geänderten Rechtsprechung deshalb von der BaFin als Einlagengeschäft zu qualifizieren.

Dafür ist eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG) erforderlich. Liegt diese nicht vor, kann die Behörde das Geschäft untersagen und die Rückabwicklung verlangen. Wer Nachrangdarlehen anbietet, begibt sich bewusst in den Grenzbereich zum Einlagengeschäft und damit zur Erlaubnispflicht, so die BaFin.

„Mit der Begebung einer solchen Kapitalanlage werden die Grenzen ausgereizt. Eine verantwortungsbewusste, kompetente Geschäftsführung beinhaltet auch die Berücksichtigung einer möglichen Verschärfung der Rechtsprechung. Es unterliegt dem Risiko des Anbieters, wenn sich seine anfängliche Einschätzung nachträglich als falsch erweist“, erklärte die BaFin. Nachrangdarlehen gelten unter bestimmten – sehr engen – Voraussetzungen nicht als Einlagengeschäft. Dazu zählt, dass sie nachrangig gegenüber anderen Verbindlichkeiten des Emittenten sein müssen (daher der Name) und die Ansprüche nicht geltend gemacht werden können, wenn das zur Insolvenz des Emittenten führen würde. Die BaFin schreitet im öffentlichen Interesse gegen unerlaubt betriebene Bankgeschäfte ein – auf gesetzlicher Grundlage von Paragraf 37 KWG. Diese Vorschrift ermächtigt die Behörde, die sofortige Einstellung des unerlaubten Geschäftsbetriebs und die unverzügliche Abwicklung dieser Geschäfte gegenüber dem Unternehmen anzuordnen.

Das unerlaubte Betreiben des Einlagengeschäfts ist strafbar (Paragraf 54 KWG) und die BaFin hat deshalb grundsätzlich gegen einen illegalen Bankbetrieb, den sie als solchen erkannt hat, vorzugehen. Das schließt die Abwicklung des unerlaubten Geschäftes ein. Nach Aussage der BaFin liefe jede andere Betrachtung darauf hinaus, einen illegalen Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten, in der fadenscheinigen Hoffnung, auf eine ‚Besserung‘ der wirtschaftlichen Lage des Betreibers in der Zukunft, die bei Hereinnahme neuer Gelder in der Regel ohnehin nur zu Lasten der Anleger ginge. Dies würde den Gesetzeszweck von Paragraf 37 KWG konterkarieren, die Durchsetzung des gesetzlichen Erlaubnisvorbehaltes gefährden und im Ergebnis auch das Interesse der Gesamtheit der Anleger vernachlässigen.

Verlieren Anleger*innen Teile ihres Investments, weil die BaFin gegen Unternehmen vorgeht, die keine Erlaubnis haben, dann sei das Einschreiten der BaFin nicht die Ursache für den Verlust – sondern vielmehr die Tatsache, dass ein Unternehmen ein Geschäft überhaupt erst illegal betreibe.

In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass die UDI-Firmengruppe seit Jahren in der Krise steckt. Das liegt daran, dass die meisten Projektgesellschaften keine oder nur geringe Gewinne erwirtschaftet haben und deshalb auch der Geschäftsbetrieb der UDI Energie Festzins-Gesellschaften deutlich defizitär verlief. Die den Anlegern versprochenen Zinsen blieben aus oder wurden gekürzt. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Nürnberg seit geraumer Zeit gegen Verantwortliche der UDI-Gruppe. Das unübersichtliche Firmengeflecht hatte zur Folge, dass Anleger*innen nicht erkennen konnten, wie die Gesellschaft wirtschaftlich dasteht, in die sie investiert hatten. Viele Betroffene wissen nicht, in welche Projekte ihre Darlehen geflossen sind. Sie erhielten keine nachvollziehbaren Informationen über die Geldflüsse und die Entwicklung der Projektgesellschaften. Stiftung Warentest hatte in den letzten Jahren mehrfach über Ungereimtheiten bei der UDI-Gruppe berichtet.

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