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Urteil zum Nordcapital Offshore Fonds 4: Vermittler zum Schadensersatz verurteilt

Veröffentlicht von Philipp Niederdellmann am 30. Dezember 2020

NORDCAPITAL Schiffsbeteiligung MS “E.R. Bristol”

Unsere Kanzlei hat erneut ein positives Urteil für einen geschädigten Anleger eines Offshore-Fonds erstritten. Mit Urteil vom 23.10.2020  (Az. 2 O 226/19) hat das Landgericht Darmstadt den Vermittler der Beteiligung Nordcapital Offshore Fonds 4 GmbH & Co. KG aufgrund einer fehlerhaften Beratung verpflichtet, dem Kläger Schadensersatz zu leisten und ihn von sämtlichen wirtschaftlichen Nachteilen aus und in Zusammenhang mit den Beteiligungen, Zug und Zug gegen die Übertragung der Beteiligung,  freizustellen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Urteil zum Nordcapital Offshore Fonds 4: Hintergrund und Sachverhalt

Im März 2009 nahm der Vermittler telefonisch Kontakt zur der Klägerin auf. Es bestand bereits eine Kundenbeziehung zum Ehemann der Klägerin. Vor der Beteiligung am Nordcapital Offshore 4 hatte die Klägerin ihr Geld noch nie in geschlossene Fonds investiert. Ihre Risikobereitschaft ist als niedrig einzustufen, da sie eine eher vorsichtige Anlegerin ist. Die Beteiligung sollte einem sicheren Vermögensaufbau im Sinne einer Altersvorsorge dienen. Zur Vorbereitung des zuvor vereinbarten Beratungsgespräches bei der Klägerin zu Hause erhielt sie vorab per Post, weniger als 14 Tage vor dem Beratungsgespräch, den Emissionsprospekt über die Beteiligung Nordcapital Offshore Fonds 4 GmbH & Co. KG. Den Prospekt hatte die Klägerin vorab nicht gelesen. Sie vertraute den mündlichen Angaben des Beraters. Im Vertrauen auf die Beratung und Empfehlung des Beraters zeichnete sie im Mai 2009 Anteile am Fonds Nordcapital Offshore Fonds 4 GmbH & Co. in Höhe von 15.000,00 EUR.

Beim Fonds Nordcapital Offshore 4 handelt es sich um einen geschlossenen Schiffsfonds in Form einer GmbH & Co. KG, welcher in das MS „E.R. Athina“ und das MS „E.R. Georgina“, zwei große Plattformversorgungsschiffe investierte, die im Markt der Öl- und Gasförderung die Zulieferdienste für Bohr- und Fördereinheiten auf See (Offshore) leisten. Die Anleger beteiligen sich an den beiden zuvor genannten Schiffen. Der Fonds investierte gemäß seinem  Dachfondskonzept in zwei Ein-Schiffsgesellschaften als Zielfonds. Der streitgegenständliche Fonds läuft auf unbestimmte Zeit –  gem. § 2 des Gesellschaftsvertrages ist eine Kündigung erstmals zum 31.12.2026 möglich.

Urteil zum Nordcapital Offshore Fonds 4 – Die Entscheidung des Landgerichts Darmstadt

Nach der Beweisaufnahme ist das LG Darmstadt der Überzeugung, dass der Vermittler die Klägerin über verschiedene Aspekte nicht ordnungsgemäß aufgeklärt hat.

Keine Aufklärung über fondsspezifische Risiken

Zunächst hat er nicht ausreichend über die schiffsfondspezifischen Risiken aufgeklärt. Im Falle von Schiffsbeteiligungen kommen Sonderpflichten aufgrund von Besonderheiten des Anlagegegenstands in Betracht:

Zum einen gibt es kaum ein anderes Investitionsobjekt, das ebenso mobil wie ein Schiff ist. Als maritimes Transportmittel ist es für den internationalen Einsatz prädestiniert. Während im Falle einer Immobilie die mit ihr verbundenen Rechte und Pflichten durch eine bestimmte, von vornherein feststehende Rechtsordnung vorgegeben sind, ist dies bei Schiffen nicht der Fall.
Des Weiteren bedingt die Mobilität eines Schiffs, dass sich die Inanspruchnahme des Betreibers mangels Eintragung im Schiffsregister durchaus schwierig gestalten kann.
Darüber hinaus handelt es sich bei einem Schiff um eine besonders werthaltige bewegliche Sache. Das Schiff eignet sich deshalb besonders als Sicherungsgut. Gleichzeitig erschwert die Mobilität die Vollstreckung in das Schiff als Sicherungsgut nach den einschlägigen Regeln des nationalen Rechts.
Aufgrund ihrer globalen Einsatzmöglichkeit unterliegen Schiffe – anders als eine Immobilie – in verschiedener Hinsicht einem globalen Ordnungs- und Haftungsregime. Abweichend vom Verursacherprinzip wird durch zahlreiche Übereinkommen im internationalen Seerecht eine Gefährdungshaftung zulasten des Schiffseigentümers festgesetzt. Sie ordnen die Verantwortlichkeit des Schiffseigentümers unabhängig davon an, ob der Schiffseigner selbst oder ein von diesem verschiedenen Betreiber des Schiffes die jeweiligen haftungsbegründenden Tatbestände verursacht – etwa im Zusammenhang mit einer Bergung, Wrackbeseitigung oder einem Schwerölunfall.
Daneben sind auf den Anlagegenstand Schiff je nach geführter Flagge und – im Falle eines Schadens – je nach Schadensort ausländische Rechtsordnungen anzuwenden. Risikopotenzial hat der Umstand der Vielzahl anwendbarer ausländischer Rechtsordnungen insofern, als sich die einschlägigen Vorschriften negativ auf die Ertragsaussichten einer entsprechenden Kapitalanlage auswirken können. Daraus ergeben sich Haftungsquellen und Haftungsverschärfungen, ohne deren Benennung der Anleger über die Haftungsrisiken des Schiffs nicht anlagegerecht aufklärt wird.
Ein besonderes Risiko besteht überdies unter dem Aspekt der sogenannten Durchgriffshaftung. Die Frage einer Durchgriffshaftung, nämlich der direkten Inanspruchnahme der Anleger wegen Gläubigerforderungen gegen die Beteiligungsgesellschaft, stellt sich bei Havarien, die einen über das Fondsvermögen hinausgehenden Schaden verursachen.

Keine Aufklärung über personelle Verflechtungen

Des Weiteren hat der Berater nicht ausreichend über die personellen Verflechtungen aufgeklärt. Zu den Umständen, über die der Anleger zu unterrichten ist, gehört eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen der Beteiligungsgesellschaft, ihren Organen und beherrschenden Gesellschaftern einerseits sowie andererseits den Unternehmen, deren Organen und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat. Dem Anleger müssen hinreichende Informationen geboten werden, um selbst beurteilen zu können, ob faktisch eine Beeinflussung der Entscheidungen droht.

Fazit zum aktuellen Urteil

Insbesondere über die genannten Punkte wurde die Klägerin überhaupt nicht und mit dem Zeugen nur in der Weise, dass die Gefahr des sprichwörtlichen Untergangs des jeweiligen Schiffes besteht, gesprochen. Eine dezidierte Darstellung, auch nicht unter Darstellung der wesentlichen Parameter betreffend vorgenannte Risiken, erfolgte gerade nicht, hätte jedoch aufgrund der erheblichen Risiken und spezifischen Problemstellung betreffend Schiffsfondsbeteiligungen zwingend erfolgen müssen.
Im Ergebnis wurde die Beklagte zur Zahlung des geltend gemachten Schadensersatzes, zur Zahlung des entgangenen Gewinns, zur Zahlung der vorgerichtlichen Kosten der Klägerin, zur Freistellung der Klägerin über weitere wirtschaftliche Nachteile durch die Beteiligung, zur Zahlung der Kosten für die Übertragung der Beteiligung an die Beklagte und zur Zahlung der Kosten des Verfahrens verurteilt.

Offensichtlich ist, dass es möglich ist, eine Beteiligung aufgrund einer Falschberatung an den Vermittler zurückzugeben und von der Stellung als beteiligter Unternehmer frei zu werden.

Wir beraten und vertreten Fondsanleger bundesweit seit 25 Jahren. Als eine der größten Kanzleien für Bank- und Kapitalmarktrecht in Deutschland haben wir größte Erfahrung im außergerichtlichen und gerichtlichen Vorgehen auf diesem Gebiet. Wer eine Fondsbeteiligung gezeichnet hat und dabei falsch beraten wurde, hat Anspruch auf Schadenersatz. Unsere Rechts- und Fachanwälte prüfen Ihre Ansprüche auf Schadensersatz und Rückabwicklung kostenfrei. Nutzen Sie dafür unsere unverbindliche Online-Erstberatung.

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Philipp Niederdellmann

Autor

Philipp Niederdellmann, Rechtsanwalt
Anwaltskanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann