Deutsches Autokartell: Schadensersatz für Anleger und Käufer?
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Deutsches Autokartell: Nachdem zuerst der Spiegel in seiner Ausgabe vom 21. Juli 2017 erstmals über geheime Arbeitskreise der fünf großen deutschen Automobilhersteller, Volkswagen, Audi, Porsche, BMW und Daimler berichtete, gehen mehr und mehr Nachfragen von Aktionären als auch PKW Besitzern der fünf betroffenen Hersteller ein. Hier erhalten Sie einen ersten Überblick über den Hintergrund und erfahren alles zu Ihren möglichen rechtlichen Ansprüche als Betroffene.
Update 09.07.2021: Die EU-Kommission hat in einer Mittelung vom 08.07.2021 ihre Entscheidung über das Autokartell veröffentlicht. Sie hat festgestellt, dass die Automobilhersteller BMW, Daimler und der Volkswagen-Konzern unzulässige Kartellabsprachen über die technische Entwicklung im Bereich der Abgasreinigung getroffen haben. BMW und VW müssen Bußgelder in Höhe von 875 Mio. EUR zahlen. Für betroffene Verbraucher*innen stellt sich nun die Frage nach dem Kartellschadenersatz. Denn Personen und Unternehmen, die vom wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen.
Update Deutsches Autokartell 20.04.2021: Einem Bericht von Business Insider zufolge hat die EU-Kommission die Ermittlungen im Kartellverfahren gegen die führenden deutschen Autohersteller beendet. Nach jahrelangen Ermittlungen haben EU-Wettbewerbshüter einen Verstoß gegen das Kartellrecht zahlreicher deutscher Autohersteller festgestellt. Die illegalen Kartellabsprachen sollen die Entwicklung von emissionsmindernden Technologien betreffen. Ein besonders hohes Bußgeld soll BMW zahlen müssen. Das Unternehmen hatte die Vorwürfe im Gegensatz zu Daimler und VW stets bestritten.
Laut des Spiegelberichtes vom 21. Juli 2017 haben sich die großen deutschen Automobilhersteller bereits seit den 1990er Jahren in gemeinsamen, geheimen Arbeitskreisen abgesprochen. Insgesamt sollen über 1000 Treffen stattgefunden haben, wobei zu verschiedenen Thematiken Arbeitskreise gebildet wurden. Themen dieser Arbeitskreise sollen nicht nur die Fahrzeugentwicklung, Kosten, Zulieferer und Märkte gewesen sein, sondern brisanterweise auch die Dieselthematik, welche Volkswagen bereits Schadensersatzzahlungen im zweistelligen Milliardenbereich einbrachte und den Konzern bis ins Mark erschüttert hat. BMW spricht diesbezüglich von „Diskussionen“ der Teilnehmer, im Rahmen derer es auch um die Abgasreinigungssysteme bei Dieselmotoren und die Reinigungslösung AdBlue gegangen sei. So soll die Größe der Tanks für das Harnstoffgemisch AdBlue besprochen und größere Tanks als zu teuer angesehen worden sein.
Mittlerweile haben neben Daimler auch Volkswagen, Audi und Porsche gegenüber der EU-Kommission und dem Bundeskartellamt eingeräumt, dass diese Treffen stattfanden. Volkswagen hat mit Schriftsatz vom 04. Juli 2016 bereits die „Beteiligung an mutmaßlichen Kartellverstößen“ eingeräumt. Die Kartellanten versuchen vermutlich durch „Kronzeugenregelungen“ schweren Strafen zu entgehen. Daimler hat sich anscheinend, wohl im Zuge des Auffliegens des LKW-Kartells und den hohen Strafzahlungen von zusammen 3 Milliarden Euro, ab dem Jahr 2011 aus den „Arbeitskreisen“ zurückgezogen. Beim LKW-Kartell hatten sich von 1997 bis 2011 Daimler, Iveco, DAF, Volvo, Renault und die VW-Tochter MAN auf Kosten der Zulieferer abgesprochen.
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Die Absprachen der fünf führenden Automobilhersteller könnten zu kartellrechtlichen Maßnahmen gegen die Unternehmen führen. Gesetzesgrundlage hierfür ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB). Anspruchsgrundlage ist seit der 7. GWB Novelle vom 01. Juli 2005 der § 33 GWB. Hiernach kann jeder Betroffene Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche geltend machen, wenn jemand einen Verstoß gegen eine GWB Vorschrift oder gegen die Art. 81, 82 EG begangen hat. Nach Art. 81, 82 EG sind unvereinbar und verboten alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken.
Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, stünden neben den Fahrzeughaltern und PKW-Besitzer auch Investoren Schadensersatzforderungen gegen die Kartellanten Volkswagen, Audi, Porsche, BMW und Daimler zu.
Da der Gesetzgeber im Rahmen der aktuellen GWB-Novelle vom 01. Juni 2017 den Ansatz der privaten Kartellrechtsdurchsetzung stärken wollte, um ein größeres Abschreckungspotential durch breitere Sanktionierung zu erreichen, ist die rechtliche Handhabe gegen die Kartellanten nunmehr noch breiter aufgestellt. So besteht beispielsweise für die Frage ob infolge eines Kartellrechtsverstoßes überhaupt ein Schaden entstanden ist, als auch dessen Höhe, durch Art. 17 Abs. 2 S. 1 der Kartellschadensersatz-RL eine Beweiserleichterung.
Neben dieser kartellrechtlichen Problematik stellt sich zudem für Aktionäre, wie bereits im „Dieselskandal“ von Volkswagen, die Frage, ob und wann die fünf Kartellanten jeweils eine Ad-Hoc Mitteilung hätten veröffentlichen müssen, bzw. ob diese den Kapitalmarkt nicht, nicht ausreichend oder gar falsch informiert haben und daher Ansprüche aus § 37a WpHG bestehen. Zudem könnte eine Marktmanipulation gem. § 20a WpHG vorliegen.
Die nunmehr aufgeworfenen Fragen haben entsprechend auch Auswirkungen auf das laufende Kapitalanlegermusterverfahren gegen Volkswagen. Vor allem aufgrund der Bindungswirkung von behördlich festgestellten Verstößen gegen kartellrechtliche Normen.
Schadensersatzansprüche könnten vorliegend die Käufer von PKWs und LKWs von Volkswagen, Audi, Porsche, BMW und Daimler geltend machen. Hier kommen zum einen Schadensersatz aber auch Kaufpreisminderung in Betracht. Zudem stellt sich die Frage, ob ein Widerruf des Kaufvertrages möglich ist, was den „einfachsten“ Weg darstellen würde, sich von mangelhaften Fahrzeugen zu trennen.
Aber auch Wettbewerber und die durch die Absprachen geschädigten Zulieferbetriebe könnten Schadensersatzansprüche geltend machen.
Zudem könnten die Aktionäre, unabhängig ob Kleinanleger oder institutioneller Großanleger, Schadensersatzansprüche aufgrund der erlittenen Nachteile aufgrund der unterbliebenen, nicht ausreichenden oder falschen Information des Kapitalmarktes entstanden sind.
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Bezüglich der kartellrechtlichen Ansprüche droht zumindest aktuell keine Verjährung, zudem tritt gem. § 33h Abs. 6 GWB eine Verjährungshemmung unter anderem dann ein, wenn eine Kartellbehörde Maßnahmen im Hinblick auf eine Untersuchung oder auf ihr Verfahren wegen eines Verstoßes im Sinne des § 33 Abs. 1 GWB trifft. Hiermit ist zu rechnen. Insgesamt ist die Verjährung jedoch immer eine Frage der Einzelfallprüfung.
Aslanidis, Kress und Häcker-Hollmann ist bereits damit beauftragt, intensiv den Sachstand und die Rechtslage in Hinsicht auf etwaige Ansprüche von Anlegern, die Aktien, Derivate, Optionen oder sonstige Finanzinstrumente der fünf Fahrzeughersteller erworben haben, zu prüfen. Zeitgleich werden auch mögliche Ansprüche von Käufern von PKWs, LKWs und Nutzfahrzeugen geprüft.
Hierbei kann leider noch keine konkrete Empfehlung ausgesprochen werden, da zunächst abzuwarten bleibt, was die weitere Sachverhaltsaufklärung zu Tage fördert und ob es zur Einleitung eines Verfahrens durch eine Kartellbehörde kommt.
Sie haben weitere Fragen zum Thema deutsches Autokartell? Nutzen Sie unser Kontaktformular für Anfragen per E-Mail oder rufen Sie uns an unter 0711 – 9308110.
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