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BGH entscheidet zur Beweislast bei Beraterhaftung

Veröffentlicht von Georgios Aslanidis am 02. September 2008

Waage-Justitia

Mit Urteil vom 13. Juni 2008 (Az.: V ZR 114/07) hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 18. Juni 2007 aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Nach Auffassung des BGH trägt der Erwerber einer Steuersparimmobilie die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Verkäufer seine Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt hat. Daran ändere auch die Vorlage eines unvollständigen und fehlerhaften Berechnungsbeispiels zur Ermittlung einer monatlichen Eigenbelastung nichts.

Beweislast bei Beraterhaftung: Darum ging es

Die Klägerin erwarb 1993 zusammen mit ihrem früheren Ehemann eine Eigentumswohnung als Kapitalanlage. Dieser trat seine Ansprüche an die Klägerin ab. Bei den Beratungsgesprächen legte der Verkäufer eine sog. Musterwirtschaftlichkeitsberechnung über die mit dem Erwerb der Wohnung verbundenen Kosten vor. Die Klägerin verlangt von den Beklagten Ersatz des ihr entstandenen Vermögensschadens Zug um Zug gegen Rückübertragung der Wohnung. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

Das Oberlandesgericht hielt die Klage wegen Verletzung von Beratungspflichten für begründet. Nach Ansicht des V. Zivilsenats des BGH hat das Oberlandesgericht einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung bejaht, ohne die hierfür erforderlichen Feststellungen getroffen zu haben. Das Oberlandesgericht habe einen Beratungsvertrag bejaht.

Nach Ansicht des BGH hat die Beklagte die Eigenbelastung der Käufer zu Recht zu niedrig dargestellt. Die monatliche Belastung sei nur auf der Grundlage der in den ersten drei Jahren nach dem Erwerb zu tragenden Kosten berechnet worden. Zu Recht sei auch festgestellt worden, dass die Beklagte ihre Pflicht verletzt habe, die Käufer richtig und vollständig über die tatsächliche Belastung zu informieren. Zum Zeitpunkt der Beratung habe festgestanden, dass sich die Belastung durch die Tilgung des Vorausdarlehens über Bausparverträge in den Jahren nach dem Erwerb erhöhen werde.

Das Oberlandesgericht dürfe aber nicht von einer Verletzung des Beratungsvertrages ausgehen, weil seine Begründung auf einer unzutreffenden Umkehr der Darlegungs- und Beweislast beruhe. Diese trage, wie das Oberlandesgericht zutreffend festgestellt habe, zunächst der Käufer. Nach Ansicht des V. Zivilsenats ändere sich daran auch dann nichts, wenn der Verkäufer im Rahmen der Vertragsverhandlungen ein unvollständiges schriftliches Berechnungsbeispiel erstellt habe. Eine schriftliche Beratungsunterlage besage nicht, dass der Kaufinteressent im Beratungsgespräch keine weiteren Informationen erhalten habe. Eine Beweislastumkehr ergebe sich nach Ansicht des BGH auch nicht aus der Verletzung einer Dokumentationspflicht. Eine solche Pflicht des Verkäufers, den wesentlichen Inhalt der Beratung festzuhalten, bestehe nicht.

Die Beweiserleichterungen zum Schutz des Anlegers bei fehlerhaften Angaben in Prospekten, die für den Vertrieb von Kapitalanlagen herausgegeben werden, können nach Ansicht des BGH gerade nicht auf die Musterberechnung des Verkäufers übertragen werden. Denn dem Emissionsprospekt komme für die Aufklärung des Anlegers eine größere Bedeutung zu als einer Musterberechnung im Rahmen eines Beratungsgesprächs. Letztere sei nur ein Teil des Beratungsgesprächs. Der Emissionsprospekt hingegen sei häufig die einzige Informationsquelle für den Anleger und müsse daher alle wesentlichen Angaben enthalten.

Fazit zum Urteil

Das Oberlandesgericht wird nun erneut über die Sache zu entscheiden haben. Dabei wird es zum einen dem Vortrag der Beklagten nachzugehen haben, wonach die Käufer unmittelbar vor der notariellen Beurkundung nochmals umfassend über die Eigenbelastung der Finanzierung aufgeklärt worden seien. Zum anderen muss es noch dem Vortrag der Klägerin nachgehen, dass diese nicht über die Vermietungsrisiken durch den im Darlehensvertrag vorgesehenen Beitritt zu einer Vermietungsgemeinschaft aufgeklärt worden sei.