Artikel teilen:
Falsche Beratung durch Immobilienkreditberater
Veröffentlicht von Christopher Kress am 27. Februar 2017

Der Kauf einer Immobilie ist für die meisten Privatpersonen eine der teuersten Anschaffungen ihres Lebens. Ist zur Finanzierung des Kaufpreises ein Kreditvertrag notwendig, geht der Kreditnehmer eine langfristige Verpflichtung gegenüber der finanzierenden Bank ein. Die Stiftung Warentest hat nun die Kreditberatung verschiedener Banken unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist erschreckend: Von 21 getesteten Instituten erhielten sieben Kreditgeber nur die Note „ausreichend“ oder schlechter. Falsch beraten Immobilienkredit: Worauf sollten Sie bei einer Kreditberatung achten und was tun, wenn Sie falsch beraten wurden?
Falschberatung beim Immobilienkredit: So schützen sich Verbraucher
Der Kaufpreis einer Immobilie wird in der Regel nicht vollständig aus vorhandenen Rücklagen bezahlt. Viele Käufer finanzieren mit einem Immobiliendarlehen den Kaufpreis und häufig auch erste Renovierungsmaßnahmen. Bis Darlehensnehmer das Darlehen vollständig getilgt haben und schuldenfrei sind, vergehen je nach Höhe der jährlichen Tilgung oft 20 bis 30 Jahre. Mit dem Darlehensvertrag binden Sie sich also für viele Jahre an Ihre Bank. Deshalb ist der Vertragsabschluss eine wichtige Angelegenheit, die Vertrauen zu Ihrem Bankberater voraussetzt.
Test der Stiftung Warentest zeigt Fälle falscher Beratung durch Baufinanzierungsberater
Im aktuellen Test der Stiftung Warentest wurde jetzt deutlich, welche Fehler die Kreditsachbearbeiter der Banken bei der Beratung zur Baufinanzierung machen. Die Ergebnisse hat Finanztest in seiner März-Ausgabe 2017 veröffentlicht. Sie zeigen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher den Empfehlungen der Banken nicht ungeprüft folgen sollten. Immerhin 30 Prozent der Banken konnten bei der Darlehensberatung nicht überzeugen und erhielten im Test die Note „ausreichend“ oder sogar „mangelhaft“. In einigen Fällen wurde der Kredit zu hoch angesetzt, weil vorhandenes Eigenkapital nicht berücksichtigt wurde. Bei anderen Kunden reichte die Kreditsumme nicht aus, um alle Kosten zu decken. Doch welche Fehler fanden die Analysten im Einzelnen?
Die Schwierigkeit mit der Darlehenssumme
Im aktuellen Test haben die Prüfer der Stiftung Warentest genaue Rahmenbedingungen vorgegeben. Ein kinderloses Ehepaar wollte eine Eigentumswohnung kaufen. Je nach Region wurde ein Kaufpreis von 250.000 Euro bis 450.000 Euro angenommen. Nach Abzug aller Kaufnebenkosten verblieben rund 25 Prozent des Kaufpreises als Eigenkapital. Als anfängliche jährliche Tilgung wurden drei Prozent angenommen.
Allein die Berechnung der korrekten Darlehenshöhe bereitete einigen Bankberatern Schwierigkeiten. In einem Fall ermittelte der Finanzexperte eine um ca. 33.000 Euro höhere Summe für den Immobilienkredit als ursprünglich benötigt. In mehreren Gesprächen wurde das Eigenkapital in Höhe von 40.000 Euro nicht korrekt berechnet. Für den Kreditnehmer ergeben sich aus solchen Fehlern monatliche Kreditraten, die ohne Einschränkung des gewohnten Lebensstandards nicht tragbar sind. In anderen Fällen wurde der Finanzierungsbedarf deutlich unterschätzt. In 20 Prozent der Fälle wurde die Finanzierungssumme um 10.000 Euro zu niedrig kalkuliert. In einigen Finanzierungsplänen klafften Lücken von mehreren tausend Euro, weil die Berater einen Sparbrief in die Finanzierung einbezogen hatten, der erst in zwei Jahren fällig wurde.
Die maximale Kreditrate als Herausforderung
Auch die Ermittlung der tragbaren monatlichen Kreditrate erwies sich für die Finanzfachleute als komplex. In mehreren Fällen wurde übersehen, dass zusätzlich zu den Kreditraten ein Hausgeld zu zahlen ist. Dieses lag je nach Test zwischen 200 Euro und 350 Euro pro Monat. Auch die monatlichen Lebenshaltungskosten wurden in einigen Fällen deutlich unterschätzt. Werden solche Ausgaben bei der Berechnung vergessen oder zu niedrig angesetzt, ergibt sich ein anderer Spielraum für die monatliche Kreditrate. In der Praxis führen solche Fehler zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten für die Kreditnehmer, wenn das Einkommen nicht ausreicht, um die Fixkosten zu decken. In einem Fall wurde den Testkunden ein Bausparvertrag zur Zinssicherung empfohlen. Das Budget war durch die Kreditrate bereits vollständig ausgeschöpft, so dass die Bausparrate nicht mehr tragbar gewesen wäre. Insgesamt wurden in 25 Prozent der Kundengespräche Kreditraten ermittelt, die Monat für Monat mehr als 100 Euro über der Leistungsfähigkeit des Kunden gelegen hätten.
Informationsbedarf bleibt ungedeckt
Lückenhafte Informationen sind ein weiteres Manko beim Thema Falschberatung bei Immobilienkrediten, das Warentest aufgedeckt hat. Viele Kreditgeber informieren nur vage über Zinsen und andere Darlehenskonditionen. In vielen Gesprächen wurde den Kunden nicht deutlich gemacht, wann sie wieder schuldenfrei sind. Auch die Möglichkeit von Sondertilgungen zur schnelleren Entschuldung wurde nicht immer angesprochen. Die Höhe der Restschuld zum Ende der Zinsbindungsfrist wurde nur in wenigen Fällen genannt. Bei rund 20 Prozent der Gespräche wurde den Kunden kein Tilgungsplan ausgehändigt. Wurde ein Kombikredit mit Bausparvertrag als Finanzierungslösung angeboten, fehlte die Angabe des gemeinsamen Effektivzinses, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist. In knapp 50 Prozent der Beratungen schlugen die Experten zwei oder mehr Kredite zur Finanzierung vor. Trotzdem hatten viele Experten keinen Überblick über die Gesamtfinanzierungssumme und die monatliche Gesamtbelastung.
Falsche Beratung Immobilienkredit: Darauf sollten Darlehensnehmer achten
Die Analysten von Stiftung Warentest informieren in der neuen Ausgabe von Finanztest auch darüber, wie sich Kunden vor einer Falschberatung schützen können.
- Eine gute Vorbereitung auf das Gespräch mit der Bank ist das A und O, um falsche Annahmen oder fehlerhafte Berechnungen zu identifizieren. Dazu gehört nicht nur der Überblick über die aktuelle Lage an den Zinsmärkten. Zu Ihrer eigenen Sicherheit sollten Sie Ihr Eigenkapital selbst vermitteln. Dazu erfassen Sie Ihre Vermögenswerte in Form von Sparbriefen, Tages- und Festgeldern mit dem Zeitpunkt der Verfügbarkeit. Außerdem stellen Sie die monatlichen Einnahmen und Ausgaben genau gegenüber. Im Internet gibt es dazu spezielle Darlehensrechner, sie helfen bei der detaillierten Planung.
- Bei der Festlegung der Tilgung gilt grundsätzlich, dass Sie die anfängliche Tilgungsleistung pro Jahr so hoch wie möglich ansetzen sollten. Damit können Sie das Darlehen schneller zurückführen. Durch das aktuell niedrige Zinsgefüge am Markt können Sie Ersparnisse bei den Zinsen gut für eine höhere Tilgung aufwenden. Außerdem empfehlen Experten die Wahl einer langen Zinsbindung. Eine Frist von zehn Jahren gilt als Minimum, aber auch über einen Zeitraum von 15 oder 20 Jahren lassen sich die geringen Darlehenskosten bei vielen Banken sichern.
- Um die Flexibilität der Finanzierung zu erhöhen, sollten Sie außerdem darauf achten, Sondertilgungen leisten zu können. Fünf Prozent der Darlehenssumme pro Jahr sind üblich, wenn Sie diesen Rahmen Jahr für Jahr ausschöpfen, sind Sie erheblich früher schuldenfrei. Auch eine Anpassung der Tilgungsrate pro Monat kann interessant sein. Mit einer Reduzierung können Sie bei finanziellen Schwierigkeiten leichter reagieren. Durch eine Erhöhung heben Sie die monatliche Tilgung an, sobald Ihr Budget es erlaubt.
- Ob Sie mit der Bank eine Absicherung des Darlehens durch eine Restschuldversicherung vereinbaren, bleibt Ihnen überlassen. Viele Kreditgeber fordern diese Versicherung, um einen hohen Immobilienkredit abzusichern, falls der Darlehensnehmer verstirbt. Bei einer Restschuldversicherung handelt es sich im Grunde um eine Risikolebensversicherung, die Versicherungssumme wird meist über die Höhe des Darlehens abgeschlossen und sinkt Jahr für Jahr. Der Kreditgeber ist berechtigt, eine solche Absicherung zu verlangen, er darf Ihnen aber nicht vorschreiben, bei welchem Versicherer Sie die Versicherung abschließen sollen.
Falsche Beratung durch Immobilienkreditberater: So wehren Sie sich
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie im Kundengespräch zu Ihrem Immobilienkredit falsch beraten wurden, bleibt Ihnen letztlich nur der Weg zum Anwalt. Ein spezialisierter Rechtsanwalt wird den Sachverhalt unter Berücksichtigung aller Aspekte professionell beurteilen. Er prüft den Darlehensvertrag auf fehlende Angaben und analysiert alle vorhandenen Unterlagen im Detail. Der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht ist auch Ihr Ansprechpartner, wenn Sie Ihr gutes Recht gegenüber der Bank durchsetzen wollen. Dazu stehen ihm verschiedene Instrumente zur Verfügung. Dabei muss es nicht zwangsläufig zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, denn diese ist immer das letzte Mittel, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, sich mit Ihrer Bank zu einigen.
Kontaktieren Sie uns zum Thema Falschberatung Immobilienkredit: Über unser Kontaktformular haben Sie die Möglichkeit, mit spezialisierten Rechtsanwälten in Verbindung zu treten.