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Urteil für geschädigten Anleger des Fonds Hanseatica Nr. 1

Veröffentlicht von Christopher Kress am 25. November 2013

Urteil-Paragraphenzeichen-Richterhammer

In einem von unserer Kanzlei erstrittenen Urteil vom 30.10.2013 hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe Außenstelle Freiburg die Bonnfinanz AG für Vermögensberatung und Vermittlung zum Schadensersatz und damit zur sogenannten Rückabwicklung der Beteiligung des Klägers an der Hanseatica Europa Immobilienfonds Fonds Nr. 1 GmbH & Co. KG verurteilt.

Fonds Hanseatica Nr. 1 – Urteil für geschädigten Anleger: Sachverhalt und Entscheidung

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt wurde dem Kläger von dem Anlageberater der  Bonnfinanz AG eine Beteiligung am Hanseatica Fonds Nr. 1 empfohlen. Im Rahmen der Beratung hat der Berater der Bonnfinanz AG den Kläger nicht über Risiken und Nachteile die mit einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds einhergehen aufgeklärt. Insbesondere fand keine Aufklärung über die fehlende bzw. stark eingeschränkte Übertragbarkeit von Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds statt.

In erster Instanz vor dem Landgericht Konstanz wurde die Klage gegen die Bonnfinanz AG wegen kenntnisabhängiger Verjährung abgewiesen. Das OLG Karlsruhe hat nun dem Kläger die Primärforderung in voller Höhe zugesprochen und festgestellt, dass eine Verjährung der Ansprüche des Klägers nicht eingetreten ist. Das OLG Karlsruhe ist der Auffassung, dass das Landgericht Konstanz die Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EGBGB nicht beachtet hat und deshalb zu Unrecht von einem Eintritt der Verjährung bereits im Jahr 2007 ausgegangen ist.

Auch aufgrund einer Beteiligung des Klägers an einem im Jahr 2005 in die Insolvenz gegangenen ITAG-Fonds konnte das OLG Karlsruhe nicht feststellen, dass der Kläger im Zusammenhang mit der Zeichnung der ITAG-Anlage und deren anschließendem Vermögensverfall die für die Erhebung einer Feststellungsklage erforderliche Kenntnis erlangt hat oder grob fahrlässig in Unkenntnis darüber war, dass er auch im Zusammenhang mit der Zeichnung der streitgegenständlichen Hanseatica-Beteiligung von dem Berater der Beklagten hinsichtlich der Veräußerbarkeit der Beteiligung fehlerhaft beraten worden war.

Der 13. Zivilsenat des OLG Karlsruhe geht davon aus, dass zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen ist, wobei sich die Beklagte das Handeln ihres Beraters über § 278 BGB zurechnen lassen muss.

Der Senat ist der Auffassung, dass der Berater der Beklagten den Kläger nach den für die Anlageberatung geltenden Maßstäben jedenfalls hinsichtlich der Fungibilität der beabsichtigten Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds fehlerhaft beraten hat, weil er den Kläger nicht darauf hingewiesen hat, dass eine Anteilsveräußerung nach dem Gesellschaftsvertrag der Zustimmung aller übrigen Anleger bedarf. Damit bestand neben den allgemeinen Risiken der Veräußerbarkeit eines solchen Immobilienfondsanteils auf einem ungeregelten Zweitmarkt das zusätzliche Risiko, dass eine Veräußerung des Anteils an der fehlenden Zustimmung aller übrigen Anleger scheitern könnte. Diesem Aspekt kam wegen der Kombination der Zeichnung des Fondsanteils mit der Aufnahme eines Darlehens besondere Bedeutung zu. Unabhängig davon, ob der Kläger seinerzeit aufgrund der ihm positiv dargestellten Renditeaussichten der Anlage davon ausging, das Darlehen mit den Ausschüttungen zurückführen zu können, musste er auf das Risiko hingewiesen werden, dass bei einer weniger positiven Entwicklung, wie sie tatsächlich eingetreten ist, die Gefahr bestand, dass das Darlehen nicht aus einem Veräußerungserlös der Beteiligung zurückgeführt werden konnte. Auf dieses gravierende Risiko, das sich tatsächlich verwirklicht hat, ist der Berater nicht eingegangen, als er nach seiner Aussage nur die Veräußerung auf einem noch nicht etablierten Zweitmarkt angesprochen hat.

IDas OLG Karlsruhe vertritt in seiner Entscheidung die Auffassung, dass eine Aufklärung des Klägers über dieses Risiko auch nicht durch die Übergabe des Fondsprospekts erfolgt sei. Der Senat verweist insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des OLG Düsseldorf (BGH Urteil vom 24.09.2012 – IV ZR 71/11 und BGH Urteil vom 12. Juli 2007 – III ZR 83/06). Danach kann auch bei zutreffenden und ausreichenden Prospektangaben über die Chancen und Risiken einer Anlage eine Pflichtverletzung des Beraters vorliegen, wenn dieser im Beratungsgespräch eine abweichende Risikodarstellung vornimmt und damit ein Bild zeichnet, das die Prospektangaben für die Entscheidungsbildung des Anlegers entwertet oder abschwächt oder tatsächlich bestehende Risiken unzulässig verharmlost und zutreffende schriftliche Warnhinweise zu Unrecht relativiert (OLG Düsseldorf VersR 2005, 62, 63).

Vorliegend hat der Berater der Beklagten dem Kläger erklärt, die Beteiligung sei über einen Zweitmarkt veräußerbar und damit dem Kläger den Eindruck vermittelt, er könne sich auch vor Ablauf der vorgesehenen langen Laufzeit von der Beteiligung trennen. Damit hat er den Risikohinweis im Prospekt entwertet.

Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.

Fazit zum Urteil

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe stärkt in besonderem Maße die Interessen der Anlegerinnen und Anleger gerade im Hinblick auf eine genaue Aufklärung, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen Beteiligungen an geschlossenen Fonds veräußerbar sind. Das Gericht hat sich im Rahmen seiner Entscheidung intensiv damit auseinandergesetzt, durch welche Umstände genau die Veräußerung einer Beteiligung an dem Hanseatica Fonds Nr. 1 erschwert wird und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der bloße Hinweis auf einen Zweitmarkt nicht ausreicht, um die Erschwerung der Veräußerbarkeit darzulegen.

Eine solche Aufklärung des Klägers konnte im konkreten Fall auch nicht durch Übergabe des Emissionsprospekts erfolgen, da der Berater der Beklagten den darin enthaltenen entsprechenden Hinweis durch mündliche Erklärungen entwertet und gegenüber dem Kläger den Eindruck erweckt hat, er könne sich auch vor Ablauf der vorgesehenen langen Laufzeit von der Beteiligung trennen. Der Senat geht insoweit vom Vorrang des gesprochenen Wortes aus.