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Kreditvertrag widerrufen: Millionen Verbraucherkredite seit dem 11. Juni 2010 können nach EuGH-Urteil rückabgewickelt werden
Veröffentlicht von Christopher Kress am 27. März 2020
Das oberste europäische Gericht hat am 26.03.2020 ein für den Verbraucherschutz bahnbrechendes Urteil (Az. C-66/19) verkündet. Die vom EuGH für unzureichend empfundene Formulierung findet sich in nahezu sämtlichen seit dem 11.06.2010 abgeschlossenen Darlehensverträgen. In diesen Fällen wurden Kunden falsch über die Widerrufsfrist aufgeklärt und können ihren Kreditvertrag widerrufen. Damit hat das Gericht nicht nur dem deutschen Gesetzgeber, sondern auch dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe eine schallende Ohrfeige verpasst. Die Bankenbranche bereitet sich nun auf eine gewaltige Klagewelle vor.
Für alle Verbraucher heißt das ganz konkret: Jeder Kreditvertrag, ob Immobilienkredit, Autokredit oder ein Kredit für Möbel, Küchen, Notebook, Smartphone und TV ist widerrufbar. Verbraucher sollten jetzt diese einmalige wie lukrative Chance nutzen. Die Motivation für den Verbraucher hierbei kann sein, sich mit dem Widerrufsjoker Autokredit von seinem manipulierten Dieselfahrzeug zu trennen, einen besseren Zinssatz für den Immobilienkredit zu erhalten oder eine falsche Kaufentscheidung rückgängig zu machen und den Kaufpreis zurückzuerhalten. Der Widerrufsjoker kann auch in außergewöhnlichen Lebensumständen helfen, z.B. bei finanziellen Engpässen.
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Diese Klausel im Darlehensvertrag berechtigt zum Widerruf
Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Klauseln wie die folgende in Kreditverträgen unzulässig:
„Der Darlehnsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E‑Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“
Diese Textpassage findet sich in dieser oder ähnlicher Form in allen Verbraucherdarlehensverträgen, die ab dem 11.06.2010 geschlossen wurden. Den Banken droht jetzt eine neue Widerrufswelle, nicht nur bei Autokrediten und Baufinanzierungen, sondern bei jeglichen finanzierten Verbrauchsgüterkäufen.
Potenziell sind fast 20 Millionen Autokredit- und Leasing-Verträge betroffen. Das Gesamtvolumen diesbezüglich beträgt rund 340 Milliarden Euro. Bei Baukrediten für private Haushalte geht es sogar um Darlehenssummen von insgesamt rund 1,2 Billionen Euro. Ehemals teure Baukredite kosten heute aufgrund der Niedrigzinsphase nur noch ein Bruchteil. Das macht für Verbraucher über die Jahre einen Unterschied von etlichen tausend Euro Zinsen.
Der Hintergrund des Verfahrens
Im Jahr 2012 nahm ein Verbraucher bei der Kreissparkasse Saarlouis einen grundpfandrechtlich gesicherten Kredit über 100.000, -EUR mit einem bis zum 30. November 2021 gebundenen Sollzinssatz in Höhe von 3,61 % pro Jahr auf. Das Ziel des Verbrauchers war, die hohe Zinslast auf das aktuell marktübliche Niveau zu drücken. Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Bankkunde durch seine Anwälte den Kreditvertrag widerrufen lassen und ist vor Gericht gezogen.
Der Kreditvertrag des Kunden sieht vor, dass der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen kann. Diese Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags zu laufen – aber erst, nachdem der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben erhalten hat, die eine bestimmte Vorschrift des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs vorsieht. Diese für den Beginn der Widerrufsfrist maßgebliche Angaben führt der Vertrag selbst nicht auf, sondern verweist lediglich auf eine deutsche Rechtsvorschrift, die selbst auf weitere Vorschriften des deutschen Rechts verweist.
Im Fall einer solchen sogenannten Kaskadenverweisung kann der Verbraucher auf der Grundlage des Vertrags aber weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält. Erst recht kann er nicht prüfen, ob die Widerrufsfrist für ihn zu laufen begonnen hat.
Im vorliegenden Fall stellt der Europäische Gerichtshof fest, dass der im Vertrag enthaltene Verweis auf die deutschen Rechtsvorschriften nicht dem Erfordernis genügt, den Verbraucher in klarer und prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren. An diese Entscheidung des EuGH sind sämtliche Gerichte in Deutschland gebunden.
Zum Nachlesen:
Die Entscheidung des EuGH im Volltext
Kreditvertrag widerrufen: So funktioniert der Widerrufsjoker
Wenn Banken in ihren Verträgen Fehler machen, insbesondere bei Angaben zur Berechnung Widerrufsfrist, kann der Verbraucher mit dem Widerruf den Darlehensvertrag noch viele Jahre nach Vertragsschluss einen Kredit vorzeitig aufzulösen und ggf. den damit verbundenen Kauf vorzeitig rückabwickeln. Für einen erfolgreichen Widerruf von kommt es neben der falschen oder fehlenden Widerrufsinformation auch darauf an, wann der Vertrag geschlossen wurde. Es gilt: Alle Verbraucher, die einen Darlehensvertrag ab dem 11. Juni 2010 abgeschlossen haben, haben die Möglichkeit, die darin enthaltenen Widerrufsbelehrungen auf mögliche Fehler kostenfrei durch unsere Kanzlei überprüfen zu lassen.
Was sollten Darlehensnehmer jetzt tun?
Alle Verbraucher sollten ihre ab 11.06.2010 geschlossenen Kreditverträge von einer auf das Bankrecht spezialisierten Kanzlei prüfen lassen. Das gilt insbesondere für die Finanzierungen von Wohnimmobilien oder für Autokredite.
Kreditnehmer können, indem sie ihren Kreditvertrag widerrufen, viele tausend Euro sparen oder erstattet bekommen. Das gilt schon bei verhältnismäßig kleinen Darlehensbeträgen wie etwa bei der Autofinanzierung. Bei größeren Finanzierungen, wie etwa bei Immobilien, kann der wirtschaftliche Vorteil noch viel größer sein.
Für eine schnelle und kostenfreie Ersteinschätzung Ihres Falles nutzen Sie unser Online-Formular. Nachdem wir Ihren Vertrag geprüft und Ihnen das weitere Vorgehen erklärt haben, entscheiden Sie, ob Sie uns mit der Durchsetzung Ihrer Rechte beauftragen möchten. Das Vorgehen bis dahin ist für Sie völlig kostenfrei.
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Video zum EuGH-Urteil: