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Lebensversicherungsfonds: Fondsanleger erleiden hohe Verluste
Veröffentlicht von Andreas Frank am 05. Juli 2012

Lange Zeit galten Beteiligungen in deutsche britische oder US-amerikanische Lebensversicherungsfonds unter deutschen Anlegern als eine hohe Rendite versprechende Anlageform. Angelockt von teilweise zweistelligen Renditeversprechen haben sich seit Beginn des neuen Jahrtausends bis zu 200.000 Anleger mit einem Investitionsvolumen von rund 5 Milliarden Euro an geschlossenen Lebensversicherungsfonds beteiligt. Inzwischen sind einige der auf den Ankauf von Lebensversicherungspolicen auf den jeweiligen Zweitmärkten spezialisierten geschlossenen Beteiligungsmodelle aufgrund von Fehlkalkulationen, hohen Verbindlichkeiten und Missmanagement in wirtschaftliche Schieflage geraten. Statt der prognostizierten Renditen im teilweise zweistelligen Prozentbereich droht den Anlegern vieler Lebensversicherungsfonds nun sogar der Totalverlust ihrer einst als sicher eingestuften Einlagen.
Lebensversicherungsfonds: Investition in Zweitmarkt Policen
Lebensversicherungsfonds investieren in „gebrauchte“, d.h. bereits abgeschlossene Lebens- oder Rentenversicherungen. Durch den Verkauf der Versicherungspolice auf dem Zweitmarkt soll dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit eröffnet werden, einen höheren Preis als den bei vorzeitiger Kündigung auszuzahlenden Rückkaufswert zu erzielen. Der Status des Versicherungsnehmers bleibt durch den Verkauf unberührt. Es gibt zwei Arten von Lebensversicherungsfonds: Kapitallebensversicherungsfonds und Risikolebensversicherungsfonds.
- Kapitallebensversicherungsfonds: Die in Deutschland am häufigsten anzutreffende Variante ist der Kapitallebensversicherungsfonds. Bei Kapitallebensversicherungsfonds erwirbt der Fonds die Kapitallebensversicherungspolicen über externe Anbieter (z.B. Cash Life und BC Net) und zahlt die Prämien bis zum Ablauf weiter. Der Kaufpreis liegt in der Regel über dem jeweiligen Rückkaufswert der Versicherungsgesellschaften.
- Risiko-Lebensversicherungsfonds: Bei der in den USA häufiger anzutreffenden Variante eines Risiko-Lebensversicherungsfonds erwirbt der Investor die Risiko-Lebensversicherungspolice eines Versicherten. Der Lebensversicherungsfonds zahlt in diesem Fall die Prämien an den Versicherten weiter und erhält im Gegenzug bei Fälligkeit der Police – in der Regel bei Tod des Versicherten – die auszuzahlende Versicherungsprämie.
Viele Lebensversicherungsfonds geraten in wirtschaftliche Schieflage
Die Gründe dafür, dass sich auch die zu Beginn des neuen Jahrtausends als vermeintlich renditestark gepriesenen LV-Fonds derzeit in einer wirtschaftlichen Talfahrt befinden, sind vielschichtig und können im Folgenden nur ansatzweise dargestellt werden.
- Lebensversicherungsfonds mit deutschen Zweitmarktpolicen: Neben einer in Deutschland gesetzlich festgelegten Garantieverzinsung, die sich aus dem Sparanteil der Prämie zusammensetzt, erhält der Anleger einer deutschen Kapitallebensversicherung in der Regel Überschussbeteiligungen, deren Höhe sich an der Entwicklung der Kapitalmärkte orientiert. Infolge der weltweiten Finanzmarktkrise mussten viele Anbieter deutscher Lebensversicherungsfonds ihre Prognosen und Renditeerwartungen deutlich nach unten korrigieren. Die Folge für die Fondsanleger: Sie erhalten deutlich geringere Ausschüttungen als ursprünglich prognostiziert.
- Lebensversicherungsfonds mit britischen Zweitmarktpolicen: Im Gegensatz zu einer deutschen Kapitallebensversicherung hat der Versicherungsnehmer einer britischen Kapitallebensversicherung keinen Anspruch auf eine Garantieverzinsung. Der Versicherungsnehmer hat am Ende der Vertragslaufzeit lediglich einen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme, deren Höhe sich im Wesentlichen an den von den Versicherungsgesellschaften jährlich berechneten gezahlten Prämienausschüttungen („Boni“) sowie einem bei Vertragsende zu zahlenden Schlussbonus orientiert. Anders als in Deutschland sind britische Versicherungsgesellschaften berechtigt, das eingezahlte Kapital vollständig in Aktien anzulegen. Damit sind insbesondere Lebensversicherungsfonds, die in britische Zweitmarktpolicen investieren, noch stärker von der Entwicklung der weltweiten Kapitalmärkte abhängig und bergen für den Anleger ein noch deutlich höheres Risikopotenzial.
- Lebensversicherungsfonds mit US-Zweitmarktpolicen: Die in den USA vorherrschende Art der Lebensversicherung ist die Risikolebens- oder Todesfallversicherung. Anders als in Deutschland dient die Lebensversicherung in den USA in erster Linie der Absicherung privater Risiken. Die Ablaufleistung wird in der Regel erst bei Tod des Versicherungsnehmers oder bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze (in der Regel 100 Jahre) fällig. Im Zusammenhang mit Lebensversicherungsfonds, die in US-Zweitmarktpolicen investieren, wird häufig von einer „Wette auf den Tod“ gesprochen. Hintergrund: Die Rentabilität bemisst sich hier am Todeszeitpunkt des Versicherungsnehmers: Denn nur bei einem möglichst frühen Ableben des Versicherungsnehmers profitiert die Fondsgesellschaft, die in diesem Fall keine weiteren Prämien mehr ausschüttet. Derzeit leiden Lebensversicherungsfonds, die in US-Policen investieren, unter bereits zum Zeitpunkt der Auflegung veralteten Sterblichkeitsannahmen. Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung müssen die Fondsgesellschaften nun länger als ursprünglich prognostiziert Prämien ausschütten. Neben der verlängerten Prämienzahlung leiden die in US-Policen investierenden Lebensversicherungsfonds zudem unter teilweise hohen Darlehensverbindlichkeiten. Die Folge für die Anleger: Auch hier müssen die Fondsanleger mit deutlich geringeren Ausschüttungen rechnen als ursprünglich prognostiziert.
Was können geschädigte Anleger jetzt tun?
Betroffene Anleger sollten sich mit ihrer Situation nicht abfinden, sondern umgehend den Rat eines auf Bank- und Kapitalanlagerechts spezialisierten Rechtsanwalts einholen. Sollten betroffene Lebensversicherungsfonds-Anleger von ihrem Anlageberater oder ihrer Bank nicht umfassend über die Risiken einer Beteiligung an einem geschlossenen Lebensversicherungsfonds aufgeklärt worden sein, bestehen möglicherweise Schadensersatzansprüche. Darüber hinaus kommen für Anleger geschlossener Lebensversicherungsfonds Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren der Fonds und gegen den Vertrieb in Betracht. Die Schadensersatzansprüche können sich zum einen aus Prospekthaftung und zum anderen aus Falschberatung ergeben.
Nach Recherchen unserer Kanzlei wurden zahlreiche Lebensversicherungsfonds über Banken vertrieben. Dabei wurden diese Beteiligungen häufig als besonders sichere – insbesondere auch zur Altersvorsorge geeignete – Anlageform empfohlen. Auf Risiken wie den Totalverlust wurde regelmäßig nicht hingewiesen. Insbesondere wurde in der Regel auch nicht über das so genannte Zweitmarktrisiko aufgeklärt. Mangels eines faktisch existierenden Zweitmarktes sind Anleger geschlossener Lebensversicherungsfonds langfristig an ihre Beteiligungen gebunden und haben kaum eine Chance, ihre Anteile kurzfristig – und wenn, dann nur mit sehr hohen Verlusten – zu veräußern.
Fondsanleger erleiden hohe Verluste – britische oder US-amerikanische Policen besonders risikobehaftet
Anleger, die ihr Geld in britische oder US-amerikanische Policen investierende Lebensversicherungsfonds angelegt haben, wurden zudem in der Regel nicht über die Besonderheiten sowie die damit verbundenen Risiken dieser Beteiligungsformen aufgeklärt. Typische Risiken von in britische und US-amerikanische Policen investierende Lebensversicherungsfonds sind zum Beispiel.:
- Währungs- und Wechselkursrisiko: Fonds mit britischen und US-Lebensversicherungspolicen investieren in Fremdwährungen und sind daher teilweise hohen Kursschwankungen ausgesetzt.
- Steuerrisiko: Gefahr einer rückwirkenden steuerlichen Einstufung der US-Policenfonds als gewerblich.
- Kapitalmarktrisiko: Hohe Aktienquote bei Lebensversicherungsfonds, die in britische Policen investieren.
- Langlebigkeitsrisiko bei Lebensversicherungsfonds, die in US-Policen investieren.
Bei Vertrieb über Bank: Neue Chancen dank Kick-Back Rechtsprechung des BGH
Hinzu kommt, dass die Höhe der weichen Kosten den Lebensversicherungsfonds-Anlegern von ihren Bankberatern in den Beratungsgesprächen in der Regel nicht oder nur unzureichend offengelegt wurde. Aufgrund der Kickback-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) bestehen daher gute Chancen für Lebensversicherungsfonds-Anleger, die ihre Beteiligung über eine Bank vermittelt bekommen haben, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Geschädigte Anleger problematischer Lebensversicherungsfonds sollten in jedem Fall ihre in Betracht kommenden Ansprüche zeitnah durch einen auf Anlegerschutz spezialisierten Rechtsanwalt prüfen lassen. Gerne können Sie sich über unser Kontaktformular mit uns in Verbindung setzen und sich umfassend über die in Ihrem konkreten Fall bestehenden Handlungsoptionen informieren.