Zivilrechtliche Streitigkeiten können für die Parteien mit einer nicht nur unerheblichen Belastung einhergehen. Dieser Umstand wird dadurch verstärkt, dass die Erlangung eines rechtskräftigen Urteils sehr langwierig ist. Das Zivilprozessrecht unterstützt deshalb die außergerichtliche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten. Genau hier setzt unsere staatlich anerkannte Gütestelle an. Sie ist eine maßgebliche Unterstützung bei der Rechtsdurchsetzung im Zivil- und Wirtschaftsrecht. Zu den besonderen Schwerpunkten zählen insbesondere das Bank- und Kapitalmarktrecht, geistiges Eigentum, das Handels- und Gesellschafts- sowie das Kartellrecht.
Aufgaben und Funktion einer staatlich anerkannten Gütestelle
Sinn und Zweck einer Gütestelle ist es, juristische Auseinandersetzungen außergerichtlich zu lösen. Die Parteien sollen durch eine außergerichtliche Streitbeilegung zu einer für alle Beteiligten zufriedenstellenden Lösung gelangen. Anders als bei einem Urteil gibt es also weder „Gewinner“ noch „Verlierer“. Das Verfahren endet nicht mit einem Richterspruch, sondern einer gütlichen Einigung.
Darüber hinaus kann die Gütestelle jederzeit angerufen werden. Es ist deshalb auch möglich, eine Mediation oder ein anderes Schlichtungsverfahren in Anspruch zu nehmen bevor eine Klage anhängig ist. In einigen Bundeländern ist die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens vor Klageeinreichung sogar verpflichtend (vgl. § 15a Abs. 2 Nr. 5 der Zivilprozessordnung). Diese obligatorischen Güteverfahren sind in Bayern, Hessen, Schleswig-Holstein, Brandenburg und dem Saarland für Verfahren mit einem Streitwert von weniger als 750 € vorgesehen.
Unsere staatlich anerkannte Gütestelle ist für zivilrechtliche Konflikte jeder Art zuständig. Ganz egal, ob es sich um eine Auseinandersetzung zwischen Mitarbeitern eines Teams oder einer Streitigkeit zwischen Verbrauchern und Unternehmern handelt.
Vorteile eines Güteverfahrens für Wirtschaftsunternehmen und Verbraucher
Das Güteverfahren unterscheidet sich grundlegend von einem Gerichtsprozess. Dieser Umstand bringt sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen zahlreiche Vorteile.
So ist zunächst ein finanzieller Aspekt hervorzuheben. Die Zivilgerichte verlangen bereits bei Klageeinreichung einen Gerichtskostenvorschuss, der mit der Höhe des Streitwertes ansteigt. Fehlt der Kostenvorschuss, wird die Klage gar nicht erst zugestellt, sodass das Verfahren nicht beginnt. Gütestellen arbeiten hingegen nach festen Stundensätzen und im Voraus vereinbarten Nebenkosten. Hierdurch entstehen im Vergleich zum klassischen Prozess erhebliche Einsparungen. Darüber hinaus ist bereits vor Beginn des Verfahrens absehbar, wie hoch die anfallenden Gebühren sind.
Außerdem arbeiten Gütestellen wesentlich schneller als Gerichte. Ein Prozess zieht sich aufgrund der langjährigen Überlastung der staatlichen Gerichte oft über mehrere Jahre. Allein bis zum Beginn der ersten mündlichen Verhandlung können einige Monate vergehen. Das Güteverfahren beginnt im Normalfall schon innerhalb von nur 14 Tagen. Im Rahmen einer Schlichtung können Streitigkeiten schon innerhalb von nur ein bis zwei Tagen beendet werden.
Daneben besteht ein weiterer Vorteil des Güteverfahrens in dem Ausschluss der Öffentlichkeit. Prozesse laufen nach dem Öffentlichkeitsgrundsatz ab. Streitigkeiten werden deshalb in einer für jedermann öffentlichen Verhandlung gelöst. Das Güteverfahren findet hingegen lediglich zwischen den Parteien und einem neutralen Vermittler statt. Die Beteiligten müssen sich damit nicht davor fürchten, dass Privat- oder Geschäftsgeheimnisse einem breiten Adressatenkreis offenbart werden.
Das Ergebnis der Schlichtung bzw. Mediation ist ein außergerichtlicher Vergleich. Da dieser von beiden Parteien getragen wird, ist – anders als bei einem Urteil – das Risiko einer weiteren Fortführung der Streitigkeit gering. Zudem steht rechtswirksamer Vergleich einem gerichtlich erworbenen Titel gleich. Er ist damit taugliche Grundlage einer Zwangsvollstreckung.
Ablauf eines Güteverfahrens
Das Güteverfahren beginnt mit der Einreichung eines entsprechenden Antrags. Um die Verjährung bestehender Ansprüche zu verhindern, sollte der Antrag schriftlich erfolgen. Denn die Rechtsprechung verlangt zur Verjährungshemmung, dass der Güteantrag hinreichend konkret formuliert ist. Der Antrag sollte diesen Anforderungen gerecht werden.
Nach erfolgter Antragstellung wird der Antragsgegner durch die Gütestelle kontaktiert. Stimmt dieser einer Schlichtung oder Mediation zu, kann das eigentliche Verfahren beginnen. Das geschieht durch die Anberaumung einer Güteverhandlung. Deren Ablauf richtet sich nach der jeweils im Einzelfall angewandten Methode. Am Ende der Verhandlung steht im Idealfall ein von beiden Parteien getragener außergerichtlicher Vergleich, mit dem das Verfahren beendet wird. Bei Erfolglosigkeit der Verhandlung erstellt die Gütestelle eine Erfolglosigkeitsbescheinigung. Vom Antrag bis zum Vergleich vergehen in der Regel lediglich wenige Wochen, weswegen eine staatlich anerkannte Gütestelle einen besonders effektiven Rechtsschutz bietet.
Praxisbeispiele
Das außergerichtliche Güteverfahren hat vor allem im Wirtschaftsrecht erheblich an Bedeutung gewonnen. Das wird nicht zuletzt durch die kontinuierlich ansteigenden Fallzahlen der außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle der Weltorganisation für geistiges Eigentum belegt. Auch das Bank- und Kapitalmarktrecht sorgt zunehmend für neue Sachverhalte.
In der Praxis setzt sich außerdem immer mehr die Erkenntnis durch, dass außergerichtliche Lösungen häufig effektiveren Rechtsschutz bieten. So rückt das Güteverfahren auch im Kartellrecht verstärkt in den Fokus. Die Kronzeugenregelung führte zu einem drastischen Anstieg an kartellrechtlichen Sanktionsverfahren, was die Aufdeckungswahrscheinlichkeit erhöht. Ein außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren bietet den Parteien die Möglichkeit, mithilfe eines neutralen Vermittlers eine Lösung für ihren Konflikt zu finden. Dabei ist im Kartellrecht gerade der Ausschluss der Öffentlichkeit zu betonen, da Unternehmen vor allem durch die öffentlichkeitswirksame Aufarbeitung derartiger Streitigkeiten zusätzliche wirtschaftliche Schäden befürchten müssen.
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