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Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Darlehenskündigung: BGH entscheidet zugunsten der Verbraucher

Veröffentlicht von Andreas Frank am 22. Januar 2016

Bislang stellte sich die vorzeitige Kündigung eines Immobiliendarlehens für die Verbraucher oftmals als kostspielige Angelegenheit heraus. Bei der Berechnung der im Falle der vorzeitigen Kündigung des Immobilienkredites anfallenden Vorfälligkeitsentschädigung wurden bislang geleistete Sondertilgungen seitens der Banken nicht anerkannt. Dieser für Kreditnehmer ungünstigen Vertragsklausel hat der Bundesgerichtshof  jetzt einen Riegel vorgeschoben: In seinem per Pressemitteilung vom 19.01.2016 vorab veröffentlichten Urteil  stellte der BGH jetzt fest,  dass Banken im Falle einer vorzeitigen Kündigung des Kreditvertrages bis dato geleistete Sondertilgungen bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung kostenmindernd berücksichtigen müssen (Az..: XI ZR 388/14).

Parteien streiten um Vertragsklausel

In dem seitens der Verbraucherzentrale Hamburg angestrengten Verfahren ging es um die Behandlung einer zugunsten der beklagten Sparkasse im Falle einer vorzeitigen Kündigung des Darlehensvertrages zu Lasten des Kreditnehmers greifenden Vertragsklausel. Laut dieser in den besonderen Vertragsbedingungen der beklagten Sparkasse hinterlegten Klausel sollten zukünftige Sondertilgungsrechte im Rahmen einer vorzeitigen Darlehensvollrückzahlung bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtig werden.

Vorinstanz wertet Klausel als unzulässige Bereicherung der beklagen Sparkasse

Bereits die angerufene Vorinstanz – das OLG Oldenburg – hatte in dessen Entscheidung die Unzulässigkeit der streitgegenständlichen und in dieser Form seitens einer Vielzahl von Banken und Sparkassen verwendeten Vertragsklausel gerügt. Laut der Auffassung des OLG Oldenburg habe die beklage Sparkasse aufgrund der streitgegenständlichen Klausel eine höhere Vorfälligkeitsentschädigung berechnen können. Dies – so die Argumentation der OLG Richter – stelle eine unzulässige Bereicherung der Sparkasse zu Lasten des kündigenden Kreditnehmers dar.

BGH: Nichtberücksichtigung der Sondertilgungsrechte führt zu Überkompensation der Bank

In dessen per Pressemitteilung vom 19.01.2016 vorab veröffentlichten Urteil hat sich der BGH nun dieser Rechtsansicht angeschlossen. Laut Auffassung der BGH Richter führe eine Klausel, die im Falle der vorzeitigen Darlehenskündigung bis dato geleistete Sondertilgungen bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unberücksichtigt lasse, zu einer „von der Schadensberechnung nicht gedeckten“ Überkompensation der Bank. Darüber hinaus – so der BGH in dessen Urteilsbegründung weiter – sei die streitgegenständliche Vertragsklausel nicht mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des die vorzeitige Kündigung des Kreditvertrages durch den Darlehensnehmer und die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung  regelnden § 490 BGB vereinbar. Damit stelle die Vertragsklausel nach BGH Ansicht „eine entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung des Kunden“ dar.

BGH: Vorzeitige Kündigung eines notleidenden Kredites durch Bank rechtfertigt keine höhere Vorfälligkeitsentschädigung

Auch in einem weiteren unlängst per Pressemitteilung veröffentlichten Verfahren – ebenfalls die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung betreffend – entschied der BGH gleichfalls zugunsten der Verbraucher. So stellte der BGH fest, dass eine Bank im Falle einer vorzeitigen Kündigung eines notleidenden Kredites anstelle des Verzugsschadens keine höhere Vorfälligkeitsentschädigung berechnen dürfe (Az. XI ZR 103/15).

Parteien streiten über Auslegung des § 497 BGB a.F.

In dem vom BGH entschiedenen Fall stritten die Parteien um die Auslegung des die Verzugszinsen regelnden § 497 BGH in dessen bis zum Juni 2010 geltenden Fassung. Nach Auffassung des BGH enthält die Vorschrift eine Sperrwirkung, die die Geltendmachung einer anderen Form des Schadensersatzes – hier in Form einer oftmals höher berechneten Vorfälligkeitsentschädigung ausschließe.
Der BGH beruft sich in seiner Entscheidung auf die Entstehungsgeschichte des § 497 BGG a.F., wonach der Gesetzgeber die Schadensberechnungsmöglichkeiten einer einfachen und praktikablen Neuregelung habe zuführen wollen. Die Verbraucher – so der BGH in dessen Begründung weiter – sollten in die Lage versetzt werden, im Verzugsfall selbst die Höhe der Mehraufwendungen berechnen zu können.

Trotz für ab dem 11.06.2010 geschlossene Verträge unklarer Rechtslage: Widerrufsjoker kann greifen

Wie die Zeitschrift „Immobilien Intern“ in dessen Ausgabe 2/2016 mitteilt, sei die  Rechtslage für nach dem 11.06.2010 geschlossene Verträge infolge der zwischenzeitlich eingetretenen Gesetzesänderung höchstrichterlich noch nicht abschließend entschieden. Allerdings kann auch in diesen Konstellationen seitens der Verbraucher der so genannte Widerrufsjoker gezogen werden, wenn keine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht erfolgt ist. Stellt sich im Rahmen einer – stets seitens eines Fachanwalts für Bank- und Kapitalmarktrecht vorzunehmenden – Prüfung fest, dass die seitens der Bank verwendete Widerrufsbelehrung falsch ist, kann die Bank nach erfolgtem Widerruf ihrerseits keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen.

Fazit

Die Entscheidungen des BGH stärken erneut die Rechte von Kreditnehmern gegenüber den Immobiliendarlehen gewährenden Banken und Sparkassen. Dank der laut des BGH vorzunehmenden Anrechnung geleisteter Sondertilgungen bleiben betroffene Darlehensnehmer, die vorzeitig aus dem Kredit aussteigen möchten, im Rahmen der zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung vor übermäßigen finanziellen Belastungen verschont.

Die Tatsache, dass der Kredit vor der Kündigung notleidend geworden ist, rechtfertig nach obiger BGH Rechtsprechung, zumindst für die bis zum 11.06.2000 abgeschlossenen Verträge gleichfalls keine höhere Vorfälligkeitsentschädigung.

Was können betroffene Darlehensnehmer jetzt tun?

Betroffenen Darlehensnehmern wird geraten, sich umfassend über deren bestehenden rechtlichen Möglichkeiten durch eine auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Kanzlei überprüfen zu lassen.

Über unser  Kontaktformular haben Darlehensnehmer die Möglichkeit, mit uns in Verbindung zu treten und sich umfassend über die in deren Fall bestehenden Optionen informieren zu lassen.

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Andreas Frank

Autor

Andreas Frank, Rechtsanwalt
Anwaltskanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann