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Schadensfall(e) Medienfonds
Veröffentlicht von Georgios Aslanidis am 18. Januar 2008
Sachstand Medienfonds
Medienfonds im Visier der Staatsanwaltschaft: In letzter Zeit häufen sich die Negativmeldungen über Medienfonds. Die Finanzverwaltungen nehmen die Steuersparmodelle reihenweise unter die Lupe. Es besteht der Verdacht, dass dem Fiskus durch die Initiatoren und Verantwortlichen der Medienfonds auf trickreiche Weise Steuereinnahmen in Milliardenhöhe vorenthalten wurden.
Steuerrechtliche Beleuchtung
Neben Namen wie VIP Medienfonds und Victory ist zuletzt die Hannover Leasing in den Fokus der Medien geraten. Wie bereits am 06.12.2007 berichtet, wurden die Geschäftsräume der Fondsemittenten sowie der beteiligten Banken und Berater durchsucht. Der Vorwurf lautet nach wie vor auf Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Betrug in Millionenhöhe.
Sollten sich die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen die Fondsinitiatoren und Berater (Banken) wie im VIP-Verfahren bestätigen, drohen den Anlegern ähnlich wie im VIP-Verfahren erhebliche Steuernachzahlungen (bei VIP waren es insgesamt 270 Millionen Euro, die die Anleger zurückzahlen mussten) und der Verlust bereits sicher geglaubter Renditen. Letztlich musste sich der VIP-Gründer Andreas Schmid vor dem Landgericht München verantworten, weil er den Großteil der Fondsgelder nicht in Filme investiert, sondern auf sicheren Bankkonten geparkt hatte und damit die steuerlichen Verlustzuweisungen an die Anleger völlig falsch waren.
Besonders hart dürfte es die Anleger der leasing-ähnlichen Medienfonds treffen, denn die obersten Finanzbehörden ziehen die Daumenschrauben gleich doppelt an. So sollen laut Verfügung vom September 2007 die hohen Schlusszahlungen, die der Anleger am Ende der Vertragslaufzeit erhalten soll, auf die gesamte Laufzeit des Fonds angerechnet werden. Dies hat zur Folge, dass die Rendite des Fonds sinkt und der Anleger über die gesamte Laufzeit Steuern zahlen muss.
Hinzu kommt, dass die von den Initiatoren ausgewiesenen Anfangsverluste aus Sicht der Finanzbehörden viel zu hoch angesetzt waren. In einem bereits ergangenen Beschluss (AZ 8 V 1834/07) bestätigten die Richter die Aberkennung der Steuervorteile für die Fondsanleger, obwohl diese sich durch die Bescheide der Finanzämter bereits in Rechtssicherheit wähnten. Die Richter stellten klar, dass es grundsätzlich auf die vereinbarte Vertragslaufzeit ankommt, an deren Ende die Rechte an den Fonds zurückfallen. Ist der Film zu diesem Zeitpunkt für den Fonds bereits wertlos, handelt es sich nicht um Anlagevermögen, sondern um Umlaufvermögen. Bei Umlaufvermögen werden anders als bei Anlagevermögen grundsätzlich keine Anfangsverluste ausgewiesen, was für den Anleger die verheerende Folge hat, dass er seine Steuervorteile, die auf der Zuordnung von Anfangsverlusten beruhen, zurückzahlen muss.
Etwas befremdlich mutet an, dass die Finanzbehörden erst jetzt tätig werden, obwohl viele der betroffenen Unternehmen bereits Gegenstand von Betriebsprüfungen waren und Unregelmäßigkeiten längst hätten auffallen müssen.
Hintergrund zu Medienfonds
Grundsätzlich beteiligt sich ein Medienfonds unternehmerisch an der Produktion von Filmen und erwirbt damit gleichzeitig Verwertungsrechte an den Filmen für den Filmlizenzhandel. Der Fonds, der somit ein Mischprodukt zwischen Produktionsfonds und Rechteerwerbsfonds darstellt, wird auch als Leasingfonds bezeichnet. Die Laufzeiten der Fonds, an denen sich die Anleger in der Regel als Kommanditisten beteiligen, sind in den meisten Fällen – abhängig von der Verwertung der Rechte und Lizenzen – sehr unbestimmt.
In die seit 1997 aufgelegten Medienfonds sollen nach Angaben von Branchenbeobachtern mehr als 14 Milliarden Euro Eigenkapital und mindestens 5,5 Milliarden Euro über leasingähnliche Beteiligungen mit langfristigen Lizenzverträgen geflossen sein. Anleger von Medienfonds wurden in der Bewerbungsphase häufig mit dem Versprechen geworben, dass die Fonds das Risiko durch den Abschluss verschiedener Versicherungen abfedern.
Fehlerhafte Versprechungen – falsche Beratung
Leider mussten die Anleger der bekannten Cinerenta Gesellschaft für internationale Filmproduktion mbH die bittere Erfahrung machen dass es sich bei der Versicherungsgesellschaft um eine Briefkastenfirma in Panama handelte – wie bereits am 20.08.2007 von uns berichtet. Dennoch sind die Anleger nicht schutzlos gestellt und haben grundsätzlich die Möglichkeit Schadensersatzansprüche gegen die Fondsinitiatoren und den Vertrieb prüfen zu lassen.
Hier können die zahlreichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften helfen, wenn im Rahmen der Ermittlungen wegen Betrugsdelikten der Initiatoren und Vertriebsgesellschaften auch die Fondsprospekte auf Fehler überprüft werden. Wurden beispielsweise Verlustrisiken verharmlost oder Beteiligungen in den Prospekten falsch dargestellt, kann sich daraus ein Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung ergeben. So hat das OLG München am 18.12.2007 in einem Rechtsstreit einer VIP 4-Anlegerin gegen die Commerzbank darauf hingewiesen, dass Unrichtigkeiten im Verkaufsprospekt festzustellen waren und die Beklagte dies im Rahmen der ihr obliegenden Plausibilitätsprüfung hätte erkennen können. War – wie in den Fällen der Filmfonds VIP 3 und 4 – eine Bank in den Vertrieb der Beteiligung an dem Medienfonds eingeschaltet, so ist zu prüfen, ob die Bank im Rahmen ihres Beratungsvertrages die sich aus diesem Vertrag ergebenden Pflichten verletzt hat. Mit Beschluss vom 21.12.2007 hat das Landgericht Hannover das beklagte Kreditinstitut (Commerzbank) darauf hingewiesen, dass bereits durch das Gespräch zwischen der Mitarbeiterin der Bank und dem Anleger konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen sein kann, aus dem sich auch vertragliche Pflichten ergeben. So müssen Banken, wie am 07.05.2007 dargestellt, grundsätzlich auf die Höhe der ihnen zufließenden Provisionen (sog. Kickbacks) hinweisen, was nach unserer Einschätzung in der Regel nicht geschehen ist.
Hürden der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen – Beweis und Verjährung
Voraussetzung für die Geltendmachung einer Falschberatung ist allerdings, dass der Anleger die Falschberatung beweisen muss. Dabei helfen schriftliche Aussagen oder Zeugen, die bei dem Beratungsgespräch anwesend waren.
Für die Geltendmachung von Prospekthaftungsansprüchen gelten andere Verjährungsfristen als für die Geltendmachung von Beratungsfehlern. Da auch innerhalb der Prospekthaftungsansprüche zu unterscheiden ist, sollten Anleger, die solche Ansprüche geltend machen wollen, schnell handeln. Ansprüche aus fehlerhafter Beratung verjähren grundsätzlich innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis des Anlegers von der Beratungspflichtverletzung. Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil (AZ V ZR 25/07 vom 09.11.2007) entschieden, dass bei einem Schadensersatzanspruch, der auf mehrere Beratungsfehler gestützt wird, die kenntnisabhängige Verjährungsfrist für jeden Fehler gesondert zu laufen beginnt.
Dennoch ist Anlegern, die eine Falschberatung entdecken, zu raten, so schnell wie möglich zu handeln. Solange die Gesellschaften, Initiatoren und Vermittler noch zahlungsfähig sind, ist die Chance auf Rückzahlung umso größer.
Anwaltliche Beratung
Da die Materie des Kapitalanlagerechts durchaus ihre Tücken hat, empfiehlt es sich für geschädigte Anleger, anwaltlichen Rat einzuholen. So kann schnell geklärt werden, wer die richtigen Anspruchsgegner sind und welche Möglichkeiten der Geltendmachung bestehen. Im Vorfeld einer anwaltlichen Beratung kann der Anwalt die Deckungsanfrage bei der Rechtsschutzversicherung vornehmen und klären, inwieweit diese den Fall übernimmt. Aber auch für Anleger, die nicht über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, kann versucht werden, eine außergerichtliche Lösung herbeizuführen, um einen möglicherweise teureren und mit höheren Risiken behafteten Gerichtsprozess zu vermeiden.