Artikel teilen:
Unzureichende Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung: BGH entscheidet zugunsten der Darlehensnehmer
Veröffentlicht von Ann-Kathrin Faszl am 10. Januar 2025
Der Bundesgerichtshof hat in einem Fall der Rückforderung einer bereits gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung entschieden, dass der Zahlungsanspruch der Bank wegen unzureichender Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen ist und die Bank den Klägern den vollen Betrag zurückzahlen muss (Urteil vom 03.12.2024, Az. XI ZR 75/23).
Bundesgerichtshof klärt Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
In einem wegweisenden Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei Immobiliendarlehen gestärkt. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob eine Volksbank korrekt über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung informiert hat. Mit der Entscheidung wurde ein früheres Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken (Az. 7 U 14/22) bestätigt und die Revision der Bank zurückgewiesen. Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für Kreditnehmer*innen, die ihre Darlehen vorzeitig zurückzahlen möchten und bestätigt: Hat die Bank oder Sparkasse in Immobiliendarlehensverträgen unzureichend über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung informiert, besteht kein Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.
Kostenfreie Ersteinschätzung für Ihren Fall
Ausgangspunkt des Verfahrens
In dem Verfahren ging es um zwei Immobiliendarlehen, die die Kläger in den Jahren 2018 und 2019 mit einer Volksbank abgeschlossen hatten. Beide Verträge enthielten Klauseln zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, darunter folgende Formulierung: „Der Zinsverschlechterungsschaden als der finanzielle Nachteil aus der vorzeitigen Darlehensablösung, das heißt, die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Hypothekenpfandbriefen mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht.“
Nach der vorzeitigen Rückzahlung verlangte die Bank für beide Darlehen Entschädigungsbeträge. Im Zuge der vorzeitigen Ablösung der Darlehen zahlten die Darlehensnehmer unter Vorbehalt Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von insgesamt 10.048,90 Euro. Später klagten sie auf Rückzahlung und bekamen vor dem Landgericht Frankenthal und dem Oberlandesgericht Zweibrücken Recht. Die Bank ging in Revision, scheiterte nun aber vor dem BGH.
Zwei zentrale Mängel der Vertragsklauseln und deren Konsequenzen
Das OLG Zweibrücken und der BGH stellten zwei entscheidende Mängel in den Vertragsklauseln fest:
- Fehlerhafte Angaben zur Restlaufzeit: Die Bank erweckte den Eindruck, die Vorfälligkeitsentschädigung könne für die gesamte Restlaufzeit des Vertrages berechnet werden. Tatsächlich ist dies jedoch nur bis zum Zeitpunkt der ersten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit zulässig. Nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB können Verbraucher Immobiliendarlehen nach zehn Jahren kündigen, so dass die Berechnung der Entschädigung auf diesen Zeitraum beschränkt ist.
- Missachtung von Sondertilgungsrechten: Die Bank hat es versäumt, darauf hinzuweisen, dass Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der Entschädigung so zu berücksichtigen sind, als ob sie optimal ausgeübt worden wären. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der rechtlich geschützten Zinserwartung. Wären die Sondertilgungen berücksichtigt worden, hätte sich die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung deutlich reduziert.
Die Formulierungen der Bank waren unzureichend und teilweise irreführend. Dies führt dazu, dass der Anspruch der Bank auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen ist und die Kläger einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Entschädigungen haben. Die Bank wurde zur Rückzahlung von 10.048,90 Euro nebst Zinsen verurteilt.
Unzureichende Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung – Wir prüfen Ihren Fall kostenfrei und unverbindlich
Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf unzählige Darlehensverträge von Genossenschaftsbanken und anderen Banken, die die Formulierung „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ oder ähnliche Formulierungen verwendet haben. Es stärkt die Rechte der Darlehensnehmer und setzt klare Maßstäbe für die Transparenz von Darlehensverträgen. Banken müssen sicherstellen, dass ihre Vertragsklauseln nicht irreführend sind und den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Für Verbraucher bedeutet das mehr Schutz und die Möglichkeit, fehlerhafte Berechnungen anzufechten. Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Vorfälligkeitsentschädigung rechtmäßig ist, sollten Sie sich rechtlich beraten lassen.
Unsere Kanzlei für Anleger- und Verbraucherschutz unterstützt Sie bei der Überprüfung Ihrer Verträge und der Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Ersteinschätzung.
Jetzt kostenfreie Ersteinschätzung anfordern
Haben Sie weitere Fragen oder wünschen Sie sich oder in anderer Hinsicht rechtliche Unterstützung? Nutzen Sie unser Kontaktformular oder rufen Sie uns unter 0711 9308110 an.