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Widerspruch fondsgebundene Rürup-Rentenversicherung: BGH entscheidet zugunsten Versicherungsnehmerin
Veröffentlicht von Valentina Hemmerich am 04. September 2024
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine wegweisende Entscheidung zum Widerspruchsrecht bei einer fondsgebundenen Rürup-Rentenversicherung getroffen (Urteil vom 10. Juli 2024, Az. IV ZR 196/22). Der BGH hat entschieden, dass eine Versicherungsnehmerin Rückabwicklungsansprüche aus einem Rentenversicherungsvertrag geltend machen kann, da das Berufungsgericht keine besonders schwerwiegenden Umstände festgestellt hat, die einen sogenannten Rechtsmissbrauch begründen könnten. Dieses Urteil ist besonders für Verbraucher*innen relevant, die solche Versicherungen abgeschlossen haben und nun überlegen, ihren Vertrag ohne finanzielle Einbußen rückabzuwickeln.
Widerspruch fondsgebundene Rürup-Rentenversicherung: Darum ging es
Die Klägerin hatte im Jahr 2006 einen fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrag (Rürup-Rente) abgeschlossen. Rund 14 Jahre nach Vertragsbeginn im Jahr 2020 erklärte sie den Widerspruch und verlangte die Rückzahlung der eingezahlten Beiträge sowie der gezogenen Nutzungen. Zur Begründung machte sie geltend, dass die Widerspruchsbelehrung und die Verbraucherinformationen, die sie bei Vertragsabschluss erhalten habe, fehlerhaft und unvollständig gewesen seien.
Das Landgericht Traunstein und das Oberlandesgericht München hatten die Klage der Versicherungsnehmerin mit der Begründung abgewiesen, dass die Ausübung des Widerspruchsrechts nach so langer Zeit als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei. Die Gerichte gingen davon aus, dass die Klägerin den Vertrag über viele Jahre aktiv gestaltet habe, indem sie unter anderem Beitragserhöhungen, Vertragsanpassungen und Fondsumschichtungen widersprochen habe.
BGH: Ausübung des Widerspruchsrechts durch lange Vertragsdauer oder aktive Vertragsgestaltung nicht rechtsmissbräuchlich
Der BGH hob das Urteil des OLG München auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. In seiner Begründung stellte der BGH klar, dass die Ausübung des Widerspruchsrechts nicht allein wegen der langen Vertragslaufzeit oder der aktiven Vertragsgestaltung als rechtsmissbräuchlich angesehen werden könne. Auch die steuerliche Förderung der Rürup-Rente begründe kein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Vertrages. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die bloße Vertragsdurchführung einschließlich aller damit verbundenen Anpassungen als Teil der normalen Vertragsabwicklung anzusehen. Solche Handlungen stellten keine „besonders gravierenden Umstände“ dar, die einen Widerspruch unzulässig machen könnten.
Der BGH bestätigte damit die Position, dass Versicherungsnehmer*innen, die nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt wurden, dieses grundsätzlich auch noch nach vielen Jahren ausüben können. Für betroffene Verbraucher*innen bietet sich damit die Möglichkeit, sich von ungünstigen Verträgen zu lösen und finanzielle Nachteile zu vermeiden. Mit dem aktuellen Urteil hat der BGH klargestellt, dass die rechtlichen Hürden für den Vorwurf des rechtsmissbräuchlichen Widerspruchs bei Lebens- und Rentenversicherungen sehr hoch sind.
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Verbraucher*innen, die unsicher sind, ob sie ihren Versicherungsvertrag widerrufen können, sollten ihre Verträge genau prüfen lassen. Eine fehlerhafte oder unvollständige Widerspruchsbelehrung kann dazu führen, dass die Widerrufsfrist nie zu laufen begonnen hat und der Vertrag auch nach vielen Jahren noch rückabgewickelt werden kann.
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