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IVG EuroSelect 17 Amstelveen: AKH-H erstreitet Urteil vor Landgericht Frankfurt
Veröffentlicht von Christopher Kress am 20. Oktober 2017

In einem von der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann erstrittenen Urteil vom 16. Oktober 2017 hat das Landgericht Frankfurt am Main die Commerzbank AG zum Schadensersatz und zur Rückabwicklung der Immobilienfondsbeteiligung am IVG EuroSelect 17 Amstelveen verurteilt. Es handelt sich um ein inhaltlich zutreffendes und rechtlich einwandfrei begründetes Urteil zugunsten einer geschädigten Anlegerin. Das Urteil setzt die verbraucherfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes um und macht allen geschädigten Anlegern Mut, ihren Schaden von der Bank zurückzufordern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
IVG EuroSelect 17: Der Sachverhalt zum Fall
Eine Beraterin der beklagten Commerzbank AG hatte der Klägerin, einer Kundin der Bank, den geschlossenen Immobilienfonds IVG EuroSelect 17 als sichere und risikolose Kapitalanlage empfohlen. Die Klägerin hatte bis zum Erwerb der Beteiligung keine Erfahrungen mit geschlossenen Fondsbeteiligungen. Im Rahmen ihres Vortrags berief sich die Bank unter anderem darauf, dass die empfohlene Anlage unter dem Gesichtspunkt der Risikostreuung dem Anlageprofil der Klägerin entsprochen habe. Dies hat sich in der Beweisaufnahme jedoch nicht bestätigt. Vielmehr hatte die Klägerin angegeben, ihr Geld konservativ anlegen zu wollen, was durch Zeugenaussagen und unter anderem durch ein Schriftstück bestätigt wurde.
Eine Besonderheit des Falles liegt darin, dass die Commerzbank AG sich von der Klägerin eine schriftliche Provisionsaufklärung über die von ihr erhaltenen Rückvergütungen („Kickbacks“) hat unterzeichnen lassen. Eine weitere Besonderheit des Falles liegt darin, dass die Beratung zum Erwerb des IVG EuroSelect 17 ca. zwei Monate vor der Zeichnung erfolgte. Die Zeichnungsunterlagen wurden der Klägerin teilweise per Fernkommunikationsmittel (E-Mail) und auch per Post von der Commerzbank zugesandt. Die Beitrittserklärung wurde ebenso wie die schriftliche Provisionsaufklärung per Post an die Beklagte zurückgesandt. Das Gericht hat insoweit nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin der umfangreiche Emissionsprospekt übersandt wurde, was von der Klägerin bestritten wurde. Unstreitig war jedenfalls im Sachverhalt, dass die Klägerin zumindest den Kurzprospekt erhielt, der allerdings auch (pauschale) Risikohinweise zum streitgegenständlichen Fonds enthielt.
Landgericht Frankfurt am Main urteilt zugunsten der Klägerin
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat der Klägerin Recht gegeben und die Commerzbank AG insoweit zur Zahlung von Schadensersatz Zug um Zug gegen Rückübertragung der Beteiligung an dem IVG EuroSelect 17 an die Commerzbank AG verurteilt.
Die Beklagte hat im Prozess vorgetragen, sie habe keine Beratungsfehler begangen und die Klägerin durch Unterzeichnung einer schriftlichen Provisionsaufklärung über Rückvergütungen aufgeklärt. Außerdem sei der IVG EuroSelect 17 bei dem zwei Monate zuvor stattgefundenen Gespräch nicht ausführlich besprochen worden, so dass die Klägerin nicht beraten worden sei. Der streitgegenständliche Fonds sei lediglich kurz „gestreift“ worden. Ein Einwand, der im Übrigen sehr häufig von Banken vorgebracht wird.
Im Ergebnis stellte das Landgericht nach der Beweisaufnahme fest, dass die Anlageziele der Klägerin von der Commerzbank AG nicht beachtet worden waren, da der Klägerin trotz ihrer Angabe, konservativ anlegen zu wollen, eine hochriskante Beteiligung an einem geschlossenen Fonds mit Totalverlustrisiko empfohlen worden war. Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin im Beratungsgespräch nicht ordnungsgemäß über das Totalverlustrisiko aufgeklärt wurde bzw. die Empfehlung einer hochspekulativen Anlage an einen konservativen Anleger nicht anlegergerecht ist.
Keine Aufklärung durch Prospekt
Zwar kommt der Übergabe des Prospekts und anderer Unterlagen eine entscheidende Bedeutung zu. Denn es ist höchstrichterlich anerkannt, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung des Anlegers auch durch die Übergabe geeigneter und fehlerfreier Prospekte erfolgen kann. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Anlageberater abweichende Angaben macht oder nicht ernsthaft davon ausgehen kann, dass der Anleger die Prospektangaben im Beratungsgespräch nicht in ihrer vollen Tragweite und Bedeutung erfassen konnte. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Anleger unerfahren ist und auch schriftliche Informationen nicht geeignet sind, ihm ein vollständiges und zutreffendes Bild von der empfohlenen Anlage zu vermitteln. Dies war hier der Fall.
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt ist die konsequente Anwendung des höchstrichterlich anerkannten Grundsatzes des „Vorrangs des gesprochenen Wortes“ in Anlageberatungsfällen. Denn ein Anleger misst den Äußerungen und Erklärungen eines Anlageberaters in der Regel größeres Gewicht bei als schriftlichen Unterlagen. Dies gilt auch dann, wenn er die Unterlagen im Vertrauen auf die fachkundigen und regelmäßig überwiegend positiven Aussagen des Beraters über den empfohlenen Fonds ungelesen unterschreibt.
Beratungsprotokolle und schriftliche Dokumente sind nicht mehr das Maß aller Dinge
So konnte mithilfe der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann die genannte Pflichtverletzung der Bank nachgewiesen werden, was der Klägerin ausgereicht hat, um den vollen eingeforderten Schaden zu erhalten. Es hat sich damit wieder einmal herausgestellt, dass Anleger aufgrund der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gute Chancen haben, den Prozess zu gewinnen.
Damit setzt sich die erfreuliche Tendenz in der Rechtsprechung zugunsten geschädigter Anleger im Hinblick auf nachteilige Beratungsprotokolle fort. Der BGH geht zu Recht davon aus, dass Beratungsprotokolle für sich genommen nicht dazu führen können und dürfen, dass einem Anleger eine ordnungsgemäße Beratung unterstellt wird, wenn dies tatsächlich nicht der Fall war. Allzu oft verschanzen sich Banken und Finanzvertriebe hinter Dutzenden von Beratungsprotokollen, die den Anlegern mit den Bemerkungen „Das ist nur Formsache“, „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen“, „Beeilen Sie sich, die Zeit drängt, bevor die tolle Anlage weg ist“ usw. untergeschoben und von den Anlegern im Vertrauen, ohne sie im Einzelnen zu lesen, unterschrieben werden. Gleiches gilt für die Übergabe von schriftlichen Unterlagen: Die Übergabe eines Emissionsprospektes ändert nichts daran, dass einer nur bedingt risikobereiten Anlegerin eine solche Anlage nicht empfohlen werden darf.
Was können betroffene Fondsanleger jetzt tun?
Das Urteil stärkt erneut die Position wirtschaftlich geschädigter Fondsanleger, die ihre Beteiligung über eine Bank erworben haben. Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main reiht sich ein in eine Vielzahl von Urteilen im Zusammenhang mit geschlossenen Fondsbeteiligungen, die die Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann für ihre Mandanten bis hin zum Bundesgerichtshof erstritten hat und zeigt eine erfreuliche anlegerfreundliche Tendenz im Hinblick auf nachteilige Beratungsprotokolle für geschädigte Anleger.
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