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Veröffentlicht von Annekatrin Schlipf am 16. April 2021
Die Finanzkrise hat bereits vor einigen Jahren bei vielen Anlegern zu einer Flucht in Sachwerte geführt. Wer sich selbst keine Immobilie leisten kann, dem werden häufig Anteile an Immobilienfonds angeboten. Die Anbieter solcher alternativen Investmentfonds – in der Praxis als geschlossene Immobilienfonds bekannt – werben häufig mit überdurchschnittlichen Renditen. Dass es sich dabei nur um prognostizierte, also nicht garantierte Renditen handelt, wird Anlegern mitunter erst bewusst, wenn Auszahlungen nach unten korrigiert werden oder ganz ausbleiben. Anleger*innen erhalten ihr investiertes Kapital erst am Ende mit Gewinn zurück, wenn der Fonds erfolgreich gewirtschaftet hat.
Was können Anleger*innen tun, wenn sich nach einigen Jahren eine wirtschaftliche Schieflage abzeichnet? Sie fragen sich, ob und wie Sie aussteigen können – und zu welchem Preis?
Eine Möglichkeit des Fondsausstiegs besteht, wenn der Anleger seine Beteiligung unter falschen Voraussetzungen erworben hat. Der Kommanditist einer Kommanditgesellschaft, der durch unrichtige Prospektangaben oder die Verletzung von Aufklärungspflichten veranlasst wurde, einer Kapitalanlagegesellschaft als Gesellschafter beizutreten, kann die Rückabwicklung der Beteiligung verlangen. Vorteilhaft ist insbesondere der Umfang des Schadensersatzanspruchs. Im Erfolgsfall wird der Anleger so gestellt, als hätte er die Beteiligung nie erworben. Der Gesellschafter erhält sein eingesetztes Kapital zurück und überträgt den Geschäftsanteil. Keine andere Ausstiegsmöglichkeit ermöglicht eine vollständige Rückabwicklung und Befreiung von allen mit der Kapitalanlage verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen.
Anleger*innen müssen von Anlagevermittlern oder Bankberatern über die allgemeinen und speziellen Risiken der Kapitalanlage und Provisionen aufgeklärt werden. Bei einer Beteiligung an einem geschlossenen Fonds sind dies das Totalverlustrisiko, die lange Laufzeit und die eingeschränkte Handelbarkeit sowie die Höhe der Nebenkosten, der so genannten Weichkosten.
Eine Beratungspflichtverletzung liegt vor, wenn das Prospektmaterial nicht rechtzeitig übergeben wurde oder der Berater die Risiken verharmlost hat. Für Anleger, die sich von einer Bank beraten lassen, ist das ganz einfach: Berater von Banken und Sparkassen müssen Anleger ungefragt über Provisionen, deren genaue Höhe und den Empfänger aufklären. Seit dem 1.1.2013 gilt dies auch für bankenunabhängige Anlagevermittler. Auch Prospektmängel setzen sich in der Regel als Beratungsmängel fort. Bei Prospektfehlern gilt: Der Verkaufsprospekt darf keine falschen Angaben enthalten. Ob diese Angaben wissentlich oder unwissentlich falsch sind, spielt für die Prospekthaftung keine Rolle. Der Emittent haftet im Rahmen der Prospekthaftung bei geschlossenen Fonds in vollem Umfang für die Richtigkeit der Angaben. Auch der Anlagevermittler bzw. die Bank haftet für einen fehlerhaften Emissionsprospekt, da sie bestimmte Prüfungspflichten haben und ihren Kunden ausdrücklich auf Prospektfehler hinweisen und diese korrigieren müssen. Gegebenenfalls muss ein Berater in einem solchen Fall sogar ausdrücklich vom Erwerb abraten. Das Vorliegen eines einzigen Beratungsfehlers stellt eine Verletzung des Beratungsvertrages dar und reicht aus, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Es genügt also ein einziger Beratungs- oder Prospektfehler, um eine Haftung und einen Rückabwicklungsanspruch auszulösen.
Schadensersatzansprüche wegen Prospekt- oder Beratungsfehlern können gegen Prospektverantwortliche, Initiatoren, Banken oder Anlagevermittler und -berater geltend gemacht werden.
Hinweis zur Verjährung: Die Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes ist zeitlich beschränkt. Schadensersatzansprüche können nur bis zum Eintritt der Verjährung durchgesetzt werden. Die absolute Verjährung tritt zehn Jahre nach dem Beitritt zum Fonds ein.
Tipp: Warnliste Geldanlage der Stiftung Warentest
Die Warnliste Geldanlage der Stiftung Warentest ist eine regelmäßig aktualisierte Liste, die vor unseriösen oder riskanten Finanzprodukten, Anbietern und Anlageformen warnt. Die Liste richtet sich vor allem an Privatanleger, die auf der Suche nach sicheren und vertrauenswürdigen Geldanlagen sind und dient als wichtige Informationsquelle. Sie enthält auch Hinweise auf besonders risikoreiche Fonds und unseriöse Fondsgesellschaften.
Die ordentlichen und außerordentlichen Kündigungsmöglichkeiten sind im Gesellschaftsvertrag geregelt. Während der Laufzeit ist eine ordentliche Kündigung in den meisten Fällen ausgeschlossen. Teilweise wird den Investoren ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt. Dieses sowie Härtefallklauseln – etwa bei Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit oder schwerer Pflegebedürftigkeit – sind im Einzelfall zu prüfen. Anlegerinnen und Anleger können aus wichtigem Grund außerordentlich kündigen, zum Beispiel wenn sie bei Zeichnung der Beteiligung falsch beraten wurden. Bei einer Falschberatung aufgrund von Beratungs- oder Prospektfehlern können Anleger alternativ Schadensersatzansprüche geltend machen. Damit haben Sie die Möglichkeit, nicht nur einen Teilbetrag, sondern das gesamte Kapital zurückzuerhalten. Ist eine Kündigung der Beteiligung möglich, stellt sich die Frage nach dem finanziellen Mehrwert. Im Falle der Kündigung haben Anleger lediglich Anspruch auf das sogenannte Abfindungsguthaben, auch Auseinandersetzungsguthaben genannt. Anlegerinnen und Anleger erhalten bei einer Kündigung nicht das gesamte eingezahlte Kapital zurück. Der Abfindungsanspruch liegt in der Regel deutlich unter der ursprünglichen Zeichnungssumme.
Der Ausstieg aus einem geschlossenen Immobilienfonds vor Ablauf der jahrzehntelangen Laufzeit ist für Anleger schwierig. Wartet der Anleger bis zum Ende der Laufzeit, sind andere Ausstiegsmöglichkeiten oft nicht mehr möglich. Eine Rückabwicklung über Schadensersatz ist maximal zehn Jahre nach Zeichnung des Fonds möglich. Nur in sehr seltenen Fällen ist eine Kündigung des geschlossenen Fonds möglich und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvoll.
Hinweis zur Nachschusspflicht: Im Falle einer Kündigung der eigenen Fondsbeteiligung sollten Anleger beachten, dass sie mit ihrer geleisteten Einlage auch für Verluste haften. Macht ein Gesellschafter nach erfolgter Kündigung einen Anspruch auf Rückzahlung der gesamten Einlage geltend und hat die Gesellschaft Verluste erwirtschaftet, ist es sogar denkbar, dass das Auseinandersetzungsguthaben negativ ausfällt. In diesem Fall müssten Anleger entsprechende Nachschüsse leisten, um ihre Beteiligung an der Gesellschaft zu beenden. Häufig ist diese Nachschusspflicht jedoch vertraglich ausgeschlossen.
Hinweis zu Ratensparmodellen: Für Anleger, die weiterhin zur Zahlung im Rahmen eines Ratensparmodells weiterhin zur Zahlung an bereits gescheiterte Fondsgesellschaften verpflichtet sind, kann es sinnvoll sein, die Beteiligung zu kündigen, wenn auch Schadensersatzansprüche wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar sind. Denn mit der Beendigung der Gesellschafterstellung endet auch die Verpflichtung zur weiteren Leistung der Einlage. Auf diese Weise können weitere Vermögensschäden vermieden werden. Allerdings müssen Anleger häufig erhebliche finanzielle Einbußen beim Abfindungsguthaben hinnehmen.
Aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen in den Verträgen besteht bei einigen geschlossenen Fonds die Möglichkeit, die Zeichnung zu widerrufen. Bei fehlerhaften Widerrufsbelehrungen können Anlegerinnen und Anleger den Beitritt zu ihrem geschlossenen Fonds widerrufen. Anders als der Anspruch auf Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes unterliegt der Anspruch auf Widerruf der Beitrittserklärung nicht der Verjährung. Ein Fehler in der Widerrufsbelehrung liegt zum Beispiel vor, wenn die Widerrufsbelehrung nicht aktuell ist und nicht die zum Zeitpunkt der Zeichnung geltende Rechtslage zum Widerrufsrecht wiedergibt. Auch irreführende Belehrungen, z.B. die gleichzeitige Erteilung mehrerer Belehrungen, bei denen der Gesellschafter selbst prüfen und entscheiden muss, welche Widerrufsbelehrung für ihn gilt, können dazu führen, dass ein Widerruf noch Jahre nach der Zeichnung möglich ist.
Aufgrund des Grundsatzes der „fehlerhaften Gesellschaft“ entsteht jedoch kein gesetzliches Rückabwicklungsverhältnis. Der Widerruf ermöglicht nicht die Rückabwicklung der Beteiligung, sondern befreit wie die Kündigung vor Zahlung der ausstehenden Raten. Die Anleger haben die gleichen Rechte wie bei einer Kündigung: Der Gesellschafter erhält nicht das gesamte eingezahlte Kapital zurück, sondern hat einen Abfindungsanspruch und damit einen Teilbetrag seiner ursprünglichen Zeichnungssumme.
Eine Ausnahme bildet der seltenere Fall, dass eine Beteiligung an einem geschlossenen Fonds zumindest teilweise durch ein Bankdarlehen finanziert wurde. Wie beim Widerruf von Autokrediten bilden Fondsbeteiligung und Darlehensvertrag ein sogenanntes verbundenes Geschäft. Für Anleger geschlossener Fonds hat ein solcher Widerruf des Darlehens den positiven Nebeneffekt, dass sie die geleisteten Zahlungen zurückfordern und die wertlose Beteiligung an dem geschlossenen Fonds an die Bank zurück übertragen können.
Eine weitere Möglichkeit des Fondsausstiegs ist der Verkauf Ihres Fonds auf dem Zweitmarkt. Marktführer ist die Handelsplattform www.zweitmarkt.de. Möchte ein Anleger seinen Anteil verkaufen, wird das Verkaufsangebot veröffentlicht. Ob sich ein Käufer findet, ist nicht garantiert. Voraussetzung für den Verkauf ist, dass der Fonds noch einen Wert hat. Diese Voraussetzung und damit ein gewinnbringender Verkauf ist immer dann nicht gegeben, wenn geschlossene Immobilienfonds bereits in Schieflage geraten sind und Anleger einen Ausweg suchen. Immerhin sind geschlossene Immobilienfonds nach Angaben der Handelsplattform Deutsche Zweitmarkt das umsatzstärkste Segment im Jahr 2020.
Für geschlossene Immobilienfonds gibt es keinen geregelten Zweitmarkt. Der Verkauf eines Anteils an einem geschlossenen Fonds auf dem Zweitmarkt ist sogar eher mit dem Verkauf eines Autos über eine Online-Autobörse vergleichbar als mit dem Verkauf von Aktien über eine regulierte Börse. Den genauen Ablauf eines Verkaufs auf dem Zweitmarkt finden Sie im Newsbeitrag:
Wir beraten und vertreten Fondsanleger bundesweit seit 25 Jahren. Als eine der größten Kanzleien für Bank- und Kapitalmarktrecht in Deutschland haben wir größte Erfahrung im außergerichtlichen und gerichtlichen Vorgehen auf diesem Gebiet. Wer eine Fondsbeteiligung gezeichnet hat und dabei falsch beraten wurde, hat Anspruch auf Schadenersatz. Nutzen Sie jetzt unser Angebot einer kostenfreien Ersteinschätzung für Ihre geschlossenen Fondsbeteiligungen. Füllen Sie unseren Online-Fragebogen aus und lassen Sie ihn uns mitsamt den erbetenen Unterlagen zukommen. Nach Auswertung Ihrer Unterlagen erhalten Sie dann umgehend eine fundierte Ersteinschätzung hinsichtlich der Erfolgsaussichten Ihres Falles.
Für Fragen oder weitere Informationen nutzen Sie bitte unser Kontaktformular oder rufen Sie uns unter 0711-9308110 an.
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